Читать книгу Giftiges Blut - Uwe Trostmann - Страница 7
ОглавлениеHexentanz
Die langen Kleider bauschten sich, die Tanzenden drehten sich um das Feuer, die Flammen stiegen meterweit nach oben, schnell schlugen die Trommeln den Takt. Die gesamte Szene zeichnete ein gespenstisches Bild in dieser mondbeschienenen Nacht. Sie hatten sich mit dieser Salbe eingerieben, Margareth hatte es ihnen gezeigt. Ihre Haut kribbelte, brannte, sie drehten sich schneller und schneller. Margareth, sich wiegend zwischen den anderen, sprach Sätze in einer anderen Sprache, sagte, sie wäre mit den Ahnen verbunden, sie sprächen durch ihren Mund: „Viele aus der Familie der Donn mussten sterben, sie waren ein Opfer der Rache. Ihr Tod wird heute gerächt.“
Sie reichte den Kelch herum, jeder trank einen Schluck, sie tanzte jetzt neben Diane Glenn, reichte ihr den Kelch noch einmal und noch einmal. Diane drehte sich weiter, ihr Ausdruck war glücklich, ihr Geist schon weit weg, ihr Körper wirbelte wie rasend. Als Margareth merkte, dass Diane sich nicht mehr lange auf den Füßen halten konnte, führte sie sie ein wenig weg vom Platz, neben einen Busch, hielt sie nicht, als sie fiel, und bewegte sich selber im Takt der Trommeln zurück zu den anderen. Verzückte Gesichter, lachende sich Drehende, die sich jetzt mehr und mehr um den Hals fielen; nun legten sie sich auf den Boden oder setzten sich mit geschlossenen Augen, waren weit weg in ihren Gedanken, das Gift entfaltete seine Wirkung, den Rausch. Die züngelnden Flammen und der volle Mond taten ein Übriges. Diane Glenn war nicht mehr bei ihnen.
Die ersten Gäste der Hexennacht waren eingeschlafen, andere wiegten sich noch in Trance, die Flammen waren zur Glut geworden, als sich die ersten Wolken vor den Mond schoben. Margareth, den vollen Überblick behaltend, sah das Wetter kommen und packte im Schein des restlichen Feuers ihre Sachen, die Trommler taten dasselbe. Es begann zu regnen. Sie weckte die Schlafenden und der ganze Tross folgte ihr in ihr Haus nach Port Isaac. Auf dem Boden, andere auf einer Couch, schliefen sie ihren Rausch aus.
„Guten Morgen zusammen, oder sollte ich besser sagen Guten Tag?“ Constable Settler hatte an der Tür geklingelt.
Margareth hatte den Constable vom Fenster aus gesehen und war ihm schon entgegengegangen.
„Was kann ich für Sie tun? Falls wir heute Nacht etwas liegen gelassen haben, so räumen wir das noch heute weg.“
„Sie haben eine Person da oben liegen gelassen. Eine tote. Laut Papieren in ihrer Tasche heißt sie Diane Glenn. War die bei Ihrer Party gestern Nacht dabei?“
„Ja“, kam es zögerlich aus Margareths Mund. „Sie sagen tot? Das ist ja entsetzlich! Wie ist sie denn gestorben?“
„Das wissen wir noch nicht. Haben Sie nicht gemerkt, dass sie nicht dabei war, als sie zurückliefen?“
„Es gehen immer wieder Gäste weg, ohne sich zu verabschieden.“
„Sie kommen bitte alle auf die Wache mit.“
„Sind wir verhaftet?“
Constable Settler ging auf diese Frage nicht ein. Draußen wartete ein Polizei-Transporter, der die ganze Gesellschaft auf die Wache brachte.
Margareth Dunn wurde ein halbes Jahr später wegen unerlaubten Drogenbesitzes zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem wurde ihr verboten, ähnliche „Hexenfeste“ noch einmal durchzuführen. Sämtliche Beteiligten hatten ausgesagt, dass sie das Getränk mit dem Bilsenkraut freiwillig zu sich genommen hatten. Niemand hatte sie dazu gezwungen. Der Richter ging davon aus, dass Diane Glenn selber die tödliche Dosis eingenommen hatte.