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Das Skelett vor der Mauer

Bei ihren Recherchen fand Foster keine weiteren Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen den beiden Morden. Der DNA-Vergleich ergab nur eine mögliche, sehr schwache verwandtschaftliche Beziehung. Die Daten könnten auch in eine andere Richtung interpretiert werden, meinte Kincaid dazu. Die ermordeten Frauen, so schien es, hatten überhaupt nichts miteinander zu tun. Sie kamen zu keinem Ergebnis. In der Literatur waren keine ähnlichen Fälle zu finden. Brennan und Foster mussten einräumen, dass sie in einer Sackgasse steckten.

Fosters Vater feierte seinen sechzigsten Geburtstag und so fuhr sie für ein paar Tage zu ihren Eltern nach Edinburgh. Es sollte eine große Party mit neunzig Leuten werden. Sie half ihren Eltern beim Schmücken des Hauses und sonstigen Vorbereitungen. Immer wieder versuchte sie, ihrer Mutter bei deren Fragen nach ihrem Beruf auszuweichen. Sie las sehr gerne Kriminalromane und wollte immer wieder etwas von den Fällen ihrer Tochter wissen.

„Mutter, wir arbeiten nicht wie in deinen Büchern“, war dann eine von Fosters Antworten.

Auf der Party konnte sie sich allerdings nicht verstecken und vor Fragen retten, genoss aber auch das Ansehen, das ihr Beruf, Inspector, mit sich brachte. Immer wieder wurde sie nach spannenden Fällen gefragt. Schließlich erfand sie Geschichten, um der Neugierde der Gäste Genüge zu tun. Die Anwesenden, viele schon leicht betrunken, folgten ihr mit größtem Interesse. Roberta Foster schwelgte im „Kommissarslatein“.

Am nächsten Tag reichte ihre Mutter ihr beim Frühstück die Zeitung.

„Lies mal, hier. Bei Bauarbeiten nahe der alten Stadtmauer haben sie ein Skelett gefunden. Die Tote war wohl dort verscharrt worden. Bestimmt ein Mord!“, meinte ihre Mutter.

„Jetzt, wo ich bei der Kripo bin, siehst du wohl nur noch Morde.“ Roberta Foster schaute müde in ihre Kaffeetasse.

„Ich habe schon immer gern Krimis gelesen“, verteidigte sich ihre Mutter und schob die Zeitung über den Tisch. Widerwillig nahm Foster das Blatt und las den Artikel:

Bei Ausgrabungen entlang der alten Stadtmauer wurde vor drei Wochen ein Skelett gefunden, das auf das 17. Jahrhundert datiert wird. Den Untersuchungen zufolge soll es sich um eine junge Frau handeln. Sie war an dieser Stelle verscharrt worden. Auffallend ist, dass ihr ein Zeichen in die Stirn geritzt wurde.

Foster war sofort wach. Ein Zeichen? War das einmal allgemein üblich oder gibt es hier Verbindungen zu unseren Fällen? Ihr ging einiges durch den Kopf. Unauffällig telefonierte sie sich zur Archäologischen Abteilung der Universität durch. Ihre Mutter durfte nichts davon mitbekommen.

Sie suchte die Archäologen am nächsten Tag auf, bekundete ausschließlich ein privates Interesse an diesem Fund.

„Haben Sie schon etwas über diese Frau herausgefunden? Wer sie war, was sie machte?“

„Wir kennen die Geschichte dieser Frau noch nicht. Vieles können wir heute aus den Untersuchungsergebnissen herauslesen. Aber hier benötigen wir noch Zeit.“

Foster zeigte sich besonders an dem eingeritzten Zeichen interessiert.

„Darf ich mir das einmal genau ansehen?“

Als sie die Linien auf der Stirn betrachtete, war ihr sofort klar, dass es sich um das gleiche Zeichen handelte: ein Haus mit einem Stab.

„Könnte das ein Wappen sein? Aber wer macht so etwas? Haben Sie schon einmal so etwas gesehen?“

„Nein, noch nie“, antwortete die Archäologin.

„Darf ich eine Aufnahme machen?“

Jetzt wurde die Archäologin hellhörig. „Sind Sie von einer anderen Uni oder von der Polizei?“

„Ähm ja“, begann Foster zu stottern. „Ich bin aber nicht offiziell hier.“

„Sie sind von der Polizei.“

„Ja. Ich arbeite gerade an einem ähnlichen Fall.“

„Und wieso interessiert Sie dieses Zeichen?“

„Ich bitte Sie um Stillschweigen. Wir haben Tote mit vielleicht demselben Zeichen gefunden.“

„Alte Fälle?“

„Nein, ganz neue.“

Die Archäologin war verdutzt.

„Ist das wirklich wahr? Ermordete mit diesem Zeichen?“

„Wir wissen es noch nicht. Ich bitte Sie noch einmal um Stillschweigen!“

„Und Sie sind wirklich von der Polizei?“

„Ja, schauen Sie“, sie kramte ihre Polizeimarke aus der Tasche. „Ich bin Inspector in Birmingham und dieser Tage privat in Edinburgh. Ich habe von Ihrem Fund in der Zeitung gelesen. Aber falls sich der Verdacht bestätigt, dass die Toten etwas miteinander zu tun haben, werden wir sicherlich offiziell auf Sie zukommen.“ Sie machte noch eine Aufnahme und verabschiedete sich.

Zurück bei ihrer Mutter nahm Foster ihren Laptop und begann nach Wappen zu recherchieren: ein Haus mit einem Stab. Aber es gab zu viele. Bald jede Familie, die entweder einen größeren Hof oder ein Anwesen hatte oder in der Stadt wohnte, hatte ihr eigenes Wappen. Sie brauchte einen Experten.

„Wenn ich das jetzt für mich behalte und weiter recherchiere, kann ich den Fall lösen. Der alte Brennan glaubt eh nicht an meine Theorie. Der hält sie für abwegig.“ Mit diesen Gedanken fuhr sie zwei Tage später wieder zurück.

„Und? Haben Sie neue Erkenntnisse?“ Brennan saß leicht grinsend an seinem Schreibtisch. Sein Gesichtsausdruck sagte: Sie wissen etwas, Ms Foster.

„Nein“, war ihre knappe Antwort. Nachdem niemand in der Nähe ihres Schreibtisches war, sah sie sich noch einmal die Aufnahmen von den Toten an und verglich das Muster auf der Stirn mit dem auf dem mittelalterlichen Skelett. Es konnte sich nur um das gleiche Zeichen handeln. Sie ließ das Foto des Skeletts, das sie in Edinburgh aufgenommen hatte, in der Schreibtischschublade verschwinden. Im Internet suchte sie sich ein paar Namen von Heraldikern. Einer saß nur wenige Kilometer entfernt von ihr.

„Ich würde sagen, dass es sich in der Tat um ein skizziertes Haus handelt. Der Stab ist allerdings etwas komplizierter. Es könnte ein Spaten oder auch ein kriegerisches Werkzeug sein. Das müsste ich recherchieren“, erklärte Peter Darren. „Geben Sie mir bitte ein paar Tage Zeit.“

„Haben Sie schon einmal davon gehört, dass man Ermordeten so ein Wappen in die Stirn geritzt hat?“

„Nein, so etwas noch nicht. Aber Brandzeichen, davon habe ich schon gehört.“

„So wie bei Tieren?“, entgegnete sie.

„Genau. Vereinfachte Bilder von Wappen als Brandzeichen für Tiere, um die Eigentumsrechte zu zeigen.“

„Wo machte man so etwas?“

„Zum Beispiel bei Sklaven.“

„Entsetzlich“, konnte Foster nur sagen. „Rufen Sie mich bitte an, sobald Sie Erkenntnisse haben.“

Zwei Tage später kam die Antwort vom Peter Darren: „Es ist ein skizziertes Haus mit einer Hellebarde. Ein sehr kriegerisches Wappen. Es gehörte zum Geschlecht der Dunn. Sie lebten bis 1753 am Loch Laxford und hatten dort ein größeres Landgut. 1753 verkauften sie es an ein Kloster. Wo die Nachkommen sind, weiß ich allerdings nicht.“

Inspector Roberta Foster stellte sämtliche Funde zu Hause zusammen. Vor allem beschäftigte sie sich mit der Frage, wie sie diesen Fall alleine lösen könnte, ohne diesen alten, von sich so überzeugten Chief Inspector.

Giftiges Blut

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