Читать книгу Hüte dich vor den wilden Tieren - Valérian Vandyke - Страница 13
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ОглавлениеIm Vergleich zu dem Tag, an dem ich bei Carl Kramer in letzter Minute Zuflucht vor dem Unwetter fand, was nur der Auftakt zu einer beängstigenden Abfolge von Ereignissen war, erschien die darauf folgende Zeit geradezu langweilig. Keine merkwürdigen Zufälle, die mich verblüfften, niemand schoss auf mich und keine simulierten Welten, die am Ende in sich zusammenbrachen.
Es war mir übrigens immer noch nicht gelungen zu Patrick Kontakt aufzunehmen. Die Telefonnummer existierte zwar, aber es hob niemand ab und in seiner Firma wollte man ihn nicht kennen. In seine Wohnung habe ich mich nicht mehr getraut, schließlich bin ich nicht sonderlich scharf darauf mit einer Beule am Kopf aufzuwachen oder vielleicht gar nicht mehr. Als Erinnerung an diesen Tag ist mir lediglich der Metallzylinder geblieben, den ich trotz vieler Versuche nicht öffnen konnte, um ihm sein verborgenes Geheimnis zu entlocken. In der Mitte zeigt sich ganz schwach, aber eindeutig eine Naht, die darauf schließen lässt, dass er sich in zwei Hälften zerlegen lässt. Grobe Gewalt schien nicht die Lösung zu sein, denn ich habe versucht ihn mit einem Flaschenzug auseinander zu ziehen. Auch Aufschrauben war völlig unmöglich, weder im Uhrzeigersinn noch in Gegenrichtung. An der Nahtstelle war eine kleine Delle, die wohl beim Sturz aus dem Fenster entstanden sein muss. Vielleicht sorgte diese Verformung dafür, dass sich der Zylinder nicht mehr öffnen ließ. Es schien auch kein verborgener Mechanismus zu existieren, den man betätigen muss damit er sich öffnet. Ich habe jemanden am Flughafen dazu überreden können, dass ich mir den Zylinder mal unter dem Scanner der Gepäckkontrolle ansehen konnte, aber das hat mir auch nicht richtig weitergeholfen. Es waren zwar ein paar Details an einem Ende des Gehäuses zu erkennen, die auf etwas Elektronisches hinzudeuten schienen, aber ohne Fachkenntnis kam ich hier nicht weiter. Und Patrick, der mir möglicherweise als Einziger weiterhelfen konnte, war nicht erreichbar. So verstaute ich also den rätselhaften Zylinder in meinem Kleiderschrank und vergaß langsam, dass ich ihn besaß, nicht aber den regnerischen Tag, an dem er mir in die Hände fiel. Ich beschäftigte mich wieder mit dem Verfassen von Artikeln für die regionale Zeitung und natürlich mit dem Buch über Wahrnehmungsstörungen, das ich zu schreiben begonnen hatte. Meine Erlebnisse gaben mir reichlich Futter und beflügelten meine Fantasie. Nach einiger Zeit jedoch fing dieser Tag an seine akute Präsenz zu verlieren und schickte sich an in meinen Erinnerungen abzutauchen, als ich jäh aus meinem Schlaf des Vergessens gerissen wurde und sich die Ereignisse wieder förmlich überschlugen. Es war an einem Dienstagabend, ein Tag, der für gewöhnlich kaum Publikum ins Déjà-vu lockte und so war es auch an diesem Abend recht übersichtlich und die Gäste verursachten wenig Stress. Solche Tage sind immer willkommen, denn sie versprechen einen frühen Feierabend, da die meisten Menschen kein Beharrungsvermögen zeigen, wenn die Menge eine kritische Masse nicht überschritten hat. Ich nutzte die Gunst der ruhigen Stunde, um dem Arsenal an Gläsern eine Generalreinigung angedeihen zu lassen und polierte gerade mit pedantischer Hingabe die Bierkelche, als ich sie sah. Es war die Frau, die auf mich geschossen hatte und jetzt in schockierender Realität durch die Tür kam und sich nach einem Platz umschaute. Es hatte keinen Zweck sich noch schnell zu verstecken, denn wer das Déjà-vu kennt, der weiß dass es sehr übersichtlich gestaltet ist und eine hastige Flucht wäre sofort offenbar geworden. So verhielt ich mich ruhig, immer noch darum bangend, dass sie mich nicht erkennen würde, aber diese vage Hoffnung wurde in der Sekunde zerschlagen, in der sich unsere Blicke trafen. Sie hatte mich sofort wiedererkannt, änderte ihr Verhalten und kam geradewegs auf mich zu. Zu Eis erstarrt verharrte ich auf der Stelle, war aber bereit, beim leisesten Verdacht auf eine hervorgezogene Waffe in Deckung zu springen. Aber wie schon auf der Straße schien sie eher erfreut darüber zu sein, mich zu sehen, als dass sie mir an den Kragen wollte. »Können wir reden?«, fragte sie und ich erinnerte mich sofort wieder an ihre dunkle, rauchige Stimme. »O.K.«, brachte ich gerade noch hervor und deutete auf einen der Tische, die ein wenig abseits lagen, obwohl höchstens noch fünf oder sechs weitere Gäste anwesend und momentan mit sich selbst beschäftigt waren. »Haben Sie es noch?«, fragte sie, als wir uns gesetzt hatten. Ich hatte immer noch das Geschirrhandtuch in der Hand und faltete es nun unbewusst zusammen, um über den Tisch zu wischen. »Was meinen Sie?«, erwiderte ich, da ich zunächst ein wenig auf dem Schlauch stand. Aus irgendeinem Grund brachte ich auch jetzt den Metallzylinder nicht mit der Frau in Zusammenhang.
»Das Utsúwa natürlich.«
»Ach Sie meinen diesen merkwürdigen Metallzylinder«, sagte ich nun etwas scheinheilig. »Warum wollen Sie das wissen?« Sie zögerte nur eine Sekunde und erwiderte dann: »Weil es mir gehört. So einfach ist das. Ich hätte es gerne wieder, wenn Sie so freundlich wären?«
»Wie haben Sie mich eigentlich gefunden?«, wollte ich nun wissen.
»Ich bin nur rein zufällig hier vorbeigekommen. Dass ich Sie hier antreffen würde, hätte ich nicht im Geringsten erwartet. Aber nun zurück zu meiner Frage. Haben Sie das Utsúwa noch oder nicht? Denn wenn nicht, dann kann ich ja gleich wieder gehen.«
Sie hatte mich also doch gesucht, denn wenn sie aus einem anderen Grund ins Déjà-vu gekommen wäre, dann würde sie nicht zwangsläufig wieder verschwinden, falls ich das Ding nicht mehr hätte und das bedeutete, dass es sich hier wohl um einen sehr wertvollen, in jedem Fall aber wichtigen Gegenstand zu handeln schien. Ich konnte sie schlecht einschätzen, vielleicht würde sie versuchen mich aus dem Weg zu räumen, wie bei unserer ersten Begegnung. Es schien mir das Beste zu sein, mangelndes Interesse zu heucheln und wischte daher noch mal sorgfältig über Bank und Stühle, bis ich recht beiläufig meinte, dass ich das Utsu-Dingsda nicht mehr hätte: »Ich habe versucht es zu öffnen, aber leider ohne Erfolg. Da hab’ ich es einfach weggeworfen.«
Ihre Reaktion darauf war jedoch gänzlich unerwartet und schien meine Einschätzung der Situation Lügen zu strafen. Sie wurde sichtlich blass, während ihr das Kinn herabsank und meinte nur verzagt: »Verdammt! Das habe ich befürchtet. Das war’s dann wohl. Danke für die Auskunft.« Sie seufzte noch einmal tief und schickte sich an das Déjà-vu zu verlassen und wieder aus meinem Leben zu verschwinden. »Halt, warten Sie«, ergriff ich nun die Initiative. »Sie haben damals auf mich geschossen. Sie wollten mich wegen dieser Blechdose eiskalt ermorden, obwohl Sie mich noch nie vorher gesehen hatten. Ich denke, dass ich ein Recht darauf habe zu erfahren, warum Sie geschossen haben und ich will wissen, was es damit auf sich hat.«
»Es war ein Versehen, eine Verwechslung. Es tut mir wirklich leid. Ich wollte Sie nicht umbringen. Ich war sehr erleichtert, als ich sie damals im Bus gesehen habe. Bitte verzeihen sie mir. Aber über das Utsúwa darf ich ihnen nichts erzählen. Vergessen sie es einfach. O.K.?«
Offenbar war ich weniger in Gefahr erneut in den Lauf einer Waffe zu blicken, als ich zunächst erwartet hatte. Das gab mir wieder etwas Mut und auch meine Neugier war wieder vollends geweckt worden.
»Wissen Sie«, räumte ich nun ein, »ich habe es nicht so endgültig entsorgt, dass es keine Möglichkeit gäbe es wieder zu finden. Ich schlage Ihnen ein Geschäft vor. Ich helfe Ihnen das Gerät wiederzubeschaffen und Sie klären mich darüber auf, warum ich fast dafür gestorben wäre und um was es sich dabei eigentlich handelt. Ich verspreche Ihnen, dass ich danach alles wieder vergessen werde und Sie können das Ding mitnehmen. Einverstanden?« Ich streckte ihr die Hand entgegen, um unseren Handel zu besiegeln. Sie schaute mich verdutzt an und man konnte förmlich sehen, wie es in ihrem Schädel arbeitete, um herauszufinden, was sie davon halten sollte. Schließlich lenkte sie ein: »Einverstanden. Schieben Sie es rüber, und ich erzähle Ihnen was ich darüber sagen kann.«
»So schnell geht es nun auch wieder nicht«, bremste ich sie, »Ich muss es schließlich erst wieder beschaffen. Außerdem traue ich keinem, der schon einmal versucht hat mich zu erschießen. Daher bestimme ich die Reihenfolge der Übergabe. Wir treffen uns morgen um Punkt zweiundzwanzig Uhr dreißig an einem neutralen Ort, sagen wir in der Bahnhofsvorhalle. Dort suchen wir uns eine ruhige Ecke, wo wir reden können und wo ich Ihnen das Gerät übergeben kann. Geben Sie mir ihre Handynummer, damit ich Sie anrufen kann, falls etwas schief gegangen ist, was ich allerdings nicht glaube. Und kommen Sie alleine, denn ich habe keine Lust mir die Blechdose abnehmen zu lassen, ohne dass Sie Ihren Teil der Abmachung eingehalten haben.«
Sie seufzte laut und resignierend, nickte dann aber mit dem Kopf und meinte: »Ich sehe schon, Sie sind hartnäckig. Aber vielleicht haben Sie ja recht und ich schulde Ihnen wirklich eine Erklärung. Abgemacht! Wir sehen uns morgen zur vereinbarten Zeit in der Vorhalle des Bahnhofs.«
Ich gab ihr einen Bierdeckel und einen Kugelschreiber und sie notierte eine Nummer darauf und gab mir beides zurück. Dann stand sie auf, ging zur Tür und drehte sich noch einmal kurz um und sah mich eine Weile wortlos an. »Danke«, sagte sie schließlich, verschwand durch die Tür und ließ mich mit einem seltsamen Gefühl zurück.
*
Eigentlich war ich stolz auf mich, denn es sah so aus, als ob sie nicht besonders scharf darauf war mir die Wahrheit über den Metallzylinder zu erzählen und warum sie auf mich geschossen hatte. Leider hatte ich das Gerät nicht greifbar, denn im Déjà-vu war sie alleine und ich rechnete damit, dass sie bei unserem zweiten Treffen Verstärkung mitbringen würde, um mir das begehrte Stück einfach zu entwenden. Aber mit dem Schachzug sie zum Bahnhof zu bestellen hatte ich die Chance sie alleine anzutreffen. Um Punkt zweiundzwanzig Uhr dreißig rief ich von einer Telefonzelle aus die Nummer an, die sie auf dem Bierdeckel notiert hatte.
»Hallo?«, meldete sich ihre Stimme nach erstaunlich kurzer Zeit.
»Sind Sie wie vereinbart in der Bahnhofsvorhalle?«
»Ja natürlich«, erwiderte sie. »Wo sind Sie denn?«
»Wir werden uns in Kürze sehen. Ziehen Sie sich bitte ein Ticket und gehen Sie zum Bahnsteig Nummer vier. Dort steigen Sie in die U-Bahn, die um zweiundzwanzig Uhr dreiundvierzig abfährt. Haben Sie das verstanden?«
»Ja«, sagte sie, »Bahnsteig Nummer vier um zweiundzwanzig Uhr dreiundvierzig.«
»Sehr gut. Ich rufe Sie um zweiundzwanzig Uhr fünfundvierzig wieder an, um Ihnen zu sagen, wo Sie aussteigen sollen. Falls der Anruf misslingt, steigen Sie an der nächsten Station wieder aus und wir wiederholen das Spiel. Um diese Zeit wird die Bahn kaum frequentiert. Setzen Sie sich in einen leeren Wagen. Ich werde Sie beim Aussteigen beobachten. Sollten Sie nicht alleine aussteigen, dann brechen wir die Aktion einfach ab und ich werfe das Ding tatsächlich weg, denn dann wird mir die Sache zu heiß.« Dann legte ich einfach auf.
Fünfzehn Minuten später wählte ich die Nummer erneut. Diesmal war die Verbindung wesentlich schlechter und von Störgeräuschen überlagert, aber wir konnten uns noch ausreichend verstehen.
»Sind Sie alleine?«, fragte ich als erstes.
»Ja das bin ich«, bestätigte sie.
»O.K. Dann machen sie jetzt Folgendes. Sie schalten sofort nach unserem Anruf das Handy aus. Ich werde das kontrollieren. Dann steigen Sie genau sieben Stationen weiter wieder aus. Das wird etwa fünfzehn Minuten dauern. Wenn Sie ausgestiegen sind, kann ich Sie sehen. Dann schalten Sie das Handy wieder ein und bekommen weitere Instruktionen.«
Mein Testanruf erbrachte, dass sie das Telefon tatsächlich ausgeschaltet hatte. Die Mailbox verriet mir aber leider nur die Nummer, die ich ohnehin schon kannte.
Ich hatte mir diese Station herausgesucht, da sie einen wichtigen Vorteil gegenüber allen anderen hatte. Sie konnte ausgesprochen gut von allen Seiten eingesehen werden und das Beste daran war das Hotel direkt gegenüber, das zwar unglaublich schäbig und heruntergekommen war, aber vom dritten Stock konnte ich den ganzen Bahnsteig überblicken. Die U-Bahn lief ein, und es öffnete sich tatsächlich nur eine Tür. Eine Frau stieg aus und blieb auf dem Bahnsteig stehen, griff in ihre Tasche und holte etwas heraus an dem sie sogleich herum knipste. Ich rief die Nummer wieder an.
»Sehen Sie das große Gebäude geradeaus vor Ihnen?«
»Ja, natürlich. Es ist ja wohl kaum zu übersehen.«
»Gehen Sie dorthin. Wir werden uns dort treffen. Und schalten Sie das Handy sofort wieder aus.« Auch der zweite Kontrollanruf ergab, dass sie gehorchte. Ich konnte zwar nicht wissen, ob sie noch ein zweites Mobiltelefon dabei hatte, aber ich hielt es für eher unwahrscheinlich. Die Chance jemanden über unseren Standort zu informieren, waren jedenfalls ausgesprochen gering. Ich lief hinunter in die Lobby des Hotels, und erwartete sie aus einer sicheren Position heraus, die es erlaubte sofort ungesehen zu verschwinden, falls sie wider Erwarten nicht alleine sein sollte.
Aber sie war alleine. Als ich mich dessen noch einmal vergewissert hatte, verließ ich mein Versteck und ging auf sie zu. Auch dieses Mal schenkte sie mir ein Lächeln, obwohl sie sich sicherlich über mein kleines Versteckspiel geärgert hatte.
»Gehen wir in die Hotelbar«, schlug ich vor. »Wir sind zurzeit die einzigen Gäste und können uns ganz ungestört unterhalten.«
Wir ließen uns in den roten Plüsch-Sesseln nieder, die ihre besten Zeiten schon hinter sich hatten und an einigen Stellen bereits die Füllung verloren. Das Lächeln meines Gegenübers ging nun langsam in ein Stirnrunzeln über.
»Sie haben wohl zu viele Kriminalfilme gesehen«, eröffnete sie unser Gespräch. »Sie verkennen die Situation vollständig. Ich bin weder kriminell, noch gibt es irgendjemand anderen, den Sie zu fürchten hätten. Aber das werde ich Ihnen gleich erklären. Zunächst bitte ich Sie darum mir das Utsúwa zu zeigen, damit ich weiß, dass Sie es ehrlich meinen.«
Natürlich hatte ich auch diese Frage erwartet und gewisse Vorkehrungen getroffen. »Frank!«, rief ich. »Kannst du bitte mal den Karton holen, den ich dir zur Aufbewahrung gegeben habe?«
Frank war der Barkeeper dieses Etablissements und ein alter Freund von mir. Er legte den Karton auf den Tresen und wir wechselten die Positionen. So konnte ich sicher gehen, dass sie mir den Zylinder nicht einfach aus der Hand riss und verschwand. Ich öffnete den Karton, griff nach dem Corpus delicti und hielt es hoch, damit sie es deutlich sehen konnte. Wiederum überraschte mich ihre Reaktion. Sie schrie auf.
»Oh, nein. Das darf nicht sein. Legen Sie es sofort in die Schachtel zurück und machen Sie den Deckel zu.«
Erschrocken über diesen unerwarteten Gefühlsausbruch legte ich das Metallteil hastig wieder in den Karton, schloss den Deckel und verstaute es wieder im Schließfach unter dem Tresen. Frank zuckte mit den Schultern, rollte die Augen und wedelte mit der Hand vor dem Gesicht, um zum Ausdruck zu bringen, dass er sie für ziemlich verrückt hielt und verschwand wieder in seiner Küche, wo er sich seine Zeit wahrscheinlich vor dem Fernseher vertrieb.
»Jetzt verblüffen Sie mich aber«, sagte ich. »Erst wollen Sie es unbedingt haben und dann soll ich es gleich wieder verschwinden lassen. Können Sie sich mal darüber klar werden, was Sie eigentlich wollen?«
»Das ändert einiges«, flüsterte sie vor sich hin, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. »Seit wann hat es diese Verformung im Zentralbereich? Haben Sie es durch ihre Öffnungsversuche zerstört?«
»Nein«, sagte ich nun überzeugt. »Diese Beschädigung muss wohl durch den Sturz aus dem Gebäude entstanden sein. Das waren locker acht oder zehn Meter. Da würde ich mich nicht wundern, dass es eine Delle bekommt. Was war denn da drin; war es vielleicht Giftgas?«
»Nein, es ist kein Gas. Nichts, was einen Menschen umbringen könnte, aber trotzdem etwas sehr gefährliches.« Sie rückte ihren Sessel näher an mich heran.
»Die Situation hat sich durch die Beschädigung des Utsúwas dramatisch verändert«, sagte sie und ergriff meine Hand.
»Wir sind jetzt Verbündete«, meinte sie geheimnisvoll. »Ich heiße Nuria.«
»Gerald«, erwiderte ich kurz, erstaunt über die plötzliche Vertraulichkeit.
»Ich weiß. Ich gebe zu, dass mein Auftauchen im Déjà-vu kein Zufall war. Aber es war enorm wichtig das Utsúwa wieder zu finden und deshalb musste ich dich unbedingt ausfindig machen.«
»Ich glaube, dass ich jetzt endlich erfahren sollte, was in dieser Blechdose drin war. Schließlich hatten wir eine Abmachung, oder?«
Sie beugte den Kopf und blickte eine Weile zu Boden, während sie immer noch meine Hand mit sanftem Druck festhielt. Dann setzte sie sich kerzengerade auf und blickte mir durchdringend in die Augen. Ich hatte plötzlich ein Gefühl seltsamer Vertrautheit, als ob ich sie schon jahrelang, ja schon immer kannte. Sie schien mir plötzlich so nahe, als wären wir zwei alte Freunde, die sich wiedergefunden hatten. Bevor ich mich jedoch zu dieser Empfindung äußern konnte, ergriff sie das Wort.