Читать книгу Backen mit Pasta Madre - Vea Carpi - Страница 11
ОглавлениеDas Auffrischen geht ganz einfach:
Ihr wiegt eure Pasta Madre ab und mischt sie mit derselben Menge Mehl und Wasser (Beispiel: 120 g Pasta Madre wird vermengt mit 120 g Mehl und 120 g Wasser).
Zum Auffrischen nehme ich grundsätzlich immer die gleiche Sorte Mehl, nämlich steingemahlenes Weizenmehl Type 550 aus biodynamischem Anbau. Ich habe dieses Mehl vor allem deshalb gewählt, weil ich eine weiße Pasta Madre haben möchte, die ich auch für die traditionellen Süßspeisen wie Pandoro oder Panettone brauche. Ihr könnt aber jedes andere Mehl nehmen, wichtig ist nur, dass dieses glutenhaltig ist. Meiner Erfahrung nach ist es gut, immer die gleiche Sorte-Mehl zum Auffrischen zu verwenden, denn so bekommen die Bakterien- und Hefestämme immer dieselbe Nahrung und können sich stabilisieren.
Die Pasta Madre muss jedes Mal, bevor ihr Brot backt, aufgefrischt werden. Im Kühlschrank wird die Fermentation nicht vollständig gestoppt, sondern nur verlangsamt. Die Mikroorganismen „fressen“ also weiter. Sobald sie keine Nahrung mehr haben, verliert die Pasta Madre an Kraft und wird sauer. Das riecht ihr sofort, wenn ihr ein Glas mit mehrere Tage alter Pasta Madre öffnet. Aber seid unbesorgt, das ist ganz normal. Das bedeutet nur, dass die Pasta Madre aufgefrischt werden möchte.
Manchmal höre ich, dass jemand seine Pasta Madre wegschütten musste, weil sie „gestorben“ war. Doch normalerweise kann man sie gut „wiederbeleben“, indem man sie ein paar Mal hintereinander alle 12 Stunden auffrischt. Überreife Pasta Madre muss man nur wegschütten, wenn sie sich graubräunlich verfärbt und widerlich stinkt. Aber das kommt bestimmt selten vor, mir ist es in 10 Jahren NIE passiert.
Bei jedem Workshop werde ich gefragt, wie lange Pasta Madre im Kühlschrank überlebt, ohne aufgefrischt zu werden. „Tägliches Auffrischen! Die ganze Familie hysterisch! Schlaflose Nächte vor dem Pasta-Madre-Glas! Die Ferien ruiniert, weil das Pasta-Madre-Glas überall mit hinmuss!“ Dies und vieles mehr habe ich über die Jahre gehört. Doch nichts von alledem ist wahr. Die Pasta Madre ist ein sehr langlebiger und resistenter Organismus, der nicht jeden Tag aufgefrischt werden muss. Im Kühlschrank hält er sich wunderbar bis zu zwei Wochen.
Wenn ihr einmal in der Woche Brot (oder Pizza oder was auch immer) backt, bleibt eure Pasta Madre aktiv, behält ihren guten Geschmack und lässt euer Gebackenes immer gut aufgehen. Und wenn ihr mal in den Urlaub fahrt, lasst sie einfach im Kühlschrank. Bei eurer Rückkehr nach Hause genügen zwei Auffrischungen hintereinander im Abstand von 12 Stunden und sie ist wieder bereit, mit euch zu arbeiten.
Brot backen Schritt für Schritt
Eines muss ich vorausschicken: In diesem Buch erzähle ich euch, wie ICH mein Brot backe. Ich bin keine Bäckerin, sondern eine Bäuerin, die gern kocht und eine große Leidenschaft für das natürliche Backen hat. Ich habe mein Können über die Jahre entwickelt und dank vieler Profis und Nicht-Profis verfeinert. Und meine Methode funktioniert. Aber es gibt nicht „die“ Methode – wenn ihr zehn Bücher zu ein und demselben Thema habt, werden ihr in jedem Buch eine andere Vorgangsweise finden.
Die meisten Rezepte in diesem Buch folgen ziemlich genau dem Ablauf, den ich euch in diesem Kapitel aufzeige. Manche Rezepte sind etwas komplexer (wie die Colomba, der Panettone und der Pandoro), andere viel einfacher (wie die Schiacciata oder die Kukeler), aber im Prinzip bleiben es die hier beschriebenen Schritte. Wenn ihr diese nachvollziehen könnt, wird es einfach sein, jedes beliebige Rezept, das ihr in Blogs oder anderen Büchern findet, für das Backen mit Pasta Madre zu adaptieren.
Allerdings muss ich auch sagen, dass ein gutes Resultat Erfahrung braucht. Möglich, dass die ersten Versuche schiefgehen. Das Brotbacken im Allgemeinen und vor allem mit Pasta Madre braucht Praxis, so wie Yoga, das Anbauen von Gemüse, das Spinnen der Wolle (auch eine große Leidenschaft von mir). Es braucht Einsatz und Konstanz, einen positiven Geist, Leidenschaft und Enthusiasmus. Und vor allem: Zeit und Geduld.
Die einzelnen Schritte und die Mengenangaben in diesem Kapitel gelten für einen Brotlaib mit einem Gewicht von ca. 900 g. Wenn ihr mehr Brot machen möchtet, müsst ihr die Mengen entsprechend erhöhen. Ich mache normalerweise zwei Laibe zu je 900 g. So nutze ich die Energie des Backofens voll aus. Außerdem bleibt dieses Brot viel länger frisch als Brot mit normaler Hefe.
Ihr könnt den Teig mit der Hand kneten oder mit Hilfe einer Küchenmaschine. Mit der Hand zu kneten, ist natürlich viel schöner und man spürt die Eigenschaften der verschiedenen Teige besser. Aber das ist kein Muss! Tut euch hier bitte keinen Zwang an! Wenn ihr euch für die technische Unterstützung entscheidet – sei es für einen Mixer mit Knethaken, eine Küchenmaschine mit Planetenrührwerk oder einen Küchenroboter –, dann kann ich das durchaus verstehen.
Wenn ihr zum ersten Mal auf diese Weise Brot macht, dann befolgt die einzelnen Schritte möglichst genau. Wenn ihr schon einige Erfahrung habt, könnt ihr euch auch einfach inspirieren lassen und die Rezepte in diesem Buch an eure Art des Brotbackens anpassen. Oder aber versucht, von euren Gewohnheiten abzuweichen und neue Wege und Möglichkeiten auszuprobieren. Ich habe bei solchen Experimenten schon wunderbare Überraschungen erlebt.
1. Auffrischen:
Wie schon erwähnt lagert ihr euer Glas mit Pasta Madre am besten im Kühlschrank. Ich rate euch, immer einen kleinen Vorrat von 100–200 g parat zu haben.
Sobald ihr euch entscheidet, ein Brot zu backen, nehmt ihr die Pasta Madre aus dem Kühlschrank, gebt 50 g davon in eine saubere Schüssel und bereitet damit eine aufgefrischte Pasta Madre (siehe S. 19).
Die im Glas verbleibende Pasta Madre kommt zurück in den Kühlschrank.
Bedeckt die Schüssel mit einem feuchten Tuch oder einem Teller und lasst den Teig 10–12 Stunden bei Raumtemperatur ruhen.
2. Der Vorteig:
Diesen Schritt lassen viele weg. Ich habe ihn vor einigen Jahren – inspiriert durch Vanessa Kimbells Buch „The Sourdough School“ – in meine Praxis aufgenommen. Es ist ein einfacher Schritt mit großer Wirkung!
Nach Ablauf der 10–12 Stunden nehmt ihr 20 g aufgefrischte Pasta Madre, 45 g Wasser und 50 g Weizenmehl Type 550 und mischt alles gut zu einem glatten Teig zusammen. Lasst diesen Vorteig bei Zimmertemperatur 10–12 Stunden ruhen.
Die restliche Pasta Madre gebt ihr in das Glas im Kühlschrank zurück (oder ihr probiert ein anderes Rezept aus diesem Buch, wo es keinen Vorteig braucht).
Es ist kein Problem, die aufgefrischte Pasta Madre mit der reifen zu vermengen: Dadurch erhält die reife Pasta Madre wieder Nahrung, außerdem verhindert ihr auf diese Weise, dass sich im Kühlschrank die Pasta-Madre-Gläser türmen.
3. Der erste Teig und die Autolyse:
Nach 10–12 Stunden hat der Vorteig an Volumen zugenommen und kleine Bläschen auf der Oberfläche gebildet. Er ist nun bereit, weiterverarbeitet zu werden.
Gebt zum gesamten Vorteig 350 g Wasser und 500 g Weizenmehl Type 550 und vermischt alles.
Knetet diesen ersten Teig nur so lange, bis keine Klümpchen mehr vorhanden sind, gebt noch KEIN SALZ dazu. Auf diese Weise hat der Teig Zeit, auf bestmögliche Art Gluten zu bilden. Das Salz würde diesen Prozess bremsen und kommt deshalb erst in einem zweiten Moment dazu. Man nennt die Bildung des Glutens ohne Salz „Autolyse“.
Lasst nun den Teig in der mit einem feuchten Tuch bedeckten Schüssel mindestens 30 Minuten ruhen (oder auch länger).
4. Salz:
Nach 30 Minuten könnt ihr das Salz dazugeben.
Verteilt 7 g Salz auf der Oberfläche des Teiges. Befeuchtet den Teig mit 2 EL Wasser und beginnt zu kneten. Diesmal knetet ihr gründlich und gut, bis der Teig glatt wird. Mit der Hand dauert dies sicher 10 Minuten, mit einer Küchenmaschine vielleicht nur 5 Minuten.
Diese Phase ist enorm wichtig für ein gutes Gelingen des Brotes. Vermeidet es, mehr Mehl auf den Teig zu geben, wenn er an euren Fingern klebt. Denn je trockener und fester euer Teig ist, umso schwerer und fester wird auch das Endprodukt.
Allerdings wird das Wasser von jedem Mehl anders aufgenommen. Das bedeutet, dass euer Teig nie ganz wie meiner sein wird und dass ihr je nach Mehlsorte die Wassermenge anpassen müsst. Je größer der Anteil an Vollkorn, desto mehr Wasser absorbiert das Mehl. Berührt euren Teig, fühlt ihn und lernt aus euren Erfahrungen. Deshalb ist es vielleicht gerade am Anfang wichtig, dass ihr mit den Händen anstatt mit einer Küchenmaschine knetet. Irgendwann werden ihr an der Konsistenz des Teiges erkennen, was für ein Brot daraus wird.