Читать книгу tali dignus amico - Vicente Flores Militello - Страница 11
Оглавлениеd) Theoretische Anmerkungen
i) Das Begriffsfeld ‚Humor‘
Plautus, Horaz, Martial und Juvenal haben gemeinsam, dass sie Texte verfassen, die etwas einkalkulieren, was der heutige Leser generell als „Humor“ identifizieren würde,1 d.h. sie zielen durch verschiedene rhetorische Mittel wie etwa durch Parodie oder ironische Brechung auf einen gewissen Lacheffekt. Gleichzeitig aber richten sie sich – wie zu zeigen ist – in höherem oder geringerem Maße durch sozialkritische Elemente auf eine moralische Reflexion beim Leser bzw. dem Publikum. Dies kann man unter den Begriff des ‚Satirischen‘ fassen, ohne damit bereits in die Diskussion einzugreifen, wie (römische) Satire als Gattung (neu) zu definieren und zu begrenzen sei.2
In jedem Fall lassen sich die hier präsentierten Textpassagen durch Aspekte des ‚Komischen‘ charakterisieren. Bei der vorliegenden Untersuchung stehen Texte im Mittelpunkt, in denen der Leser eine belustigende – ja humorvolle – Ebene leicht erkennt (etwa Komödie-Szenen bei Plautus; Passagen der Satiren und Episteln des Horaz, Epigramme Martials und die Satiren Juvenals). Dazu setzen sie verschiedene Mittel ein, etwa Ironie, Sarkasmus, Parodie oder Witz. Als ‚humorvoll‘ bezeichne ich im Folgenden Passagen oder Ausdrücke, die beim Leser so wirken, dass er das Nicht-Ernste, Lachen erregende der Formulierung erkennt;3 als ‚witzig‘ Texte oder Ausdrücke, die in ihrer Kürze und ihrem „scherzhafte[n] Doppelsinn“ den Leser zum Lachen bringen;4 als ‚sarkastisch‘ dagegen konkretere Ausdrücke, an denen man „den bitteren Spott aus Verzweiflung“5 gut versteht. Darüber hinaus kennzeichnen natürlich auch gattungsspezifische Begriffen wie ‚satirisch‘ und ‚ironisch‘ genau das, was sie kennzeichnen sollten, und als solche werden sie auch besprochen.6
Eine anspruchsvolle Aufgabe ist es, die Tendenz auszudeuten, die der Autor verfolgt, bzw. die Wirkung, die beim Leser erreicht wird, wenn eine literarische Darstellung ernste Probleme auf dieser humorvollen Ebene abhandelt. Horaz selbst hat das Problem zu einem Hauptthema in den gattungstheoretischen und selbstreflexiven Passagen seiner Satiren gemacht: Er betont die psychologische Wirkung und didaktische Intention seiner Haltung des ridentem dicere verum (sat. 1,1,24)Horazsat. 1,1,24 und verzichtet dezidiert auf Skoptik, die sich nicht auf moralisches Fehlverhalten richtet, sondern etwa auf physische Defekte. Martials und Juvenals Kritik an Sozial- und Standesverhalten arbeitet dagegen stärker mit Hyperbolik, Sarkasmus und Ironie. Hier muss austariert werden, bis zu welchem Grad die ironische Distanzierung geht, die der Autor damit markiert, und wie weit er diese dem Leser auch als Haltung empfiehlt.
ii) Aspekte von Intertextualität
Ein damit verbundenes Element bildet die (intertextuelle) Anspielung auf andere Texte, oft als Parodie.1 Diese geht, wenn man Broich und Pfister folgt,2 von einer Gattungskompetenz beim Leser aus, und geschieht bei den untersuchten Autoren auf mindestens zwei Ebenen: Einerseits als Einzeltextreferenz (wenn z.B. bestimmte Formulierungen, Personen oder Namen Erwartungen an Prätexte, etwa die Aeneis, evozieren), andererseits als System- bzw. Gattungsreferenz (wenn etwa Stilsignale oder Personenkonstellationen ein Epos, eine Elegie oder eine Tragödie erwarten lassen), die sich manchmal überschneiden. Broich und Pfister sprechen von „Intertextualitätssignalen“ (Broich/Pfister 1986, 31), die dem Leser die entsprechenden Schlussfolgerungen ermöglichen. Solche Signale können aber auch fehlen, wenn der Text „auf Texte verweist, die einem breiteren Leserpublikum bekannt sind“ (32), was für das hier untersuchte Korpus etwa für Prätexte von Vergil oder Ovid gilt.3
Intertextuelle Referenzen tragen zu dem genannten Humoreffekt bei,4 der für die Darstellung der patronus-cliens-Problematik von wesentlicher Bedeutung ist – schon bei Horaz, vor allem aber bei Martial und Juvenal. Um einen weiten Rahmen möglicher Referenzen einbeziehen zu können, beziehe ich mich meistens auf ‚literarische Anspielungen‘, die beim Leser verschiedene Auswirkungen haben können.
Die Unterscheidung von System- und Einzeltextreferenz hilft, bei der Interpretation von intertextuellen Referenzen zu kurz greifende Schlussfolgerungen zu vermeiden. Nicht immer bedeuten Ähnlichkeiten zweier Autoren, dass der spätere Autor einen direkten Bezug (mit affirmativer oder oppositioneller Intention) zu dem vorausgehenden Werk und Autor herstellen wollte. Vielmehr muss man in Betracht ziehen, dass sich der nachfolgende Autor damit (auch) in eine Gattungstradition einreihen wollte. Daher gilt es, die Beziehung zwischen Martial und Juvenal auf jeweils beiden Ebenen zu berücksichtigen. So sind etwa motivische Fortführungen, die für die römische Satire seit Horaz auch die Gattungstradition der Komödie und bei Juvenal auch die Skoptik von Martials Epigrammatik integrieren, i.d.R. eher als Systemreferenzen zu anzusehen.