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b) Der parasitus in den Menaechmi

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Peniculus wird nicht nur von anderen Figuren des Stücks wörtlich als Parasit bezeichnet (etwa in Vers 222f.), sondern er stellt sich auch selbst namentlich in dieser Rolle dar (etwa in 470; 505). Dabei führt er selbst schon am Anfang seiner Rhesis seinen Spitznamen „Peniculus“ etymologisch auf das Abwischen der Essensreste vom Tisch zurück (77–78).1 Auch zu seinem Beruf als „Parasit“ steht er, denn er erklärt, warum er auf seiner Stellung apud mensam (‚parasitär‘ also) beharrt und was ihn an Menaechmus bindet: die Großzügigkeit des Gönners, was Essen betrifft (Men. 87–103):PlautusMen. 87–103

quem tu asservare recte ne aufugiat voles
esca atque potione vinciri decet.
apud mensam plenam homini rostrum deliges;
dum tu illi quod edit et quod potet praebeas, 90
suo arbitratu, ad fatim, cottidie,
numquam edepol fugiet, tam etsi capital fecerit,
facile adservabis, dum eo vinclo vincies.
ita istaec nimis lenta vincla sunt escaria:
quam magis extendas tanto adstringunt artius. 95
nam ego ad Menaechmum hunc eo, quo iam diu
sum iudicatus; ultro eo ut me vinciat.
nam illic homo homines non alit, verum educat,
recreatque: nullus melius medicinam facit.
ita est adulescens ipsus; escae maxumae 100
Cerialis cenas dat, ita mensas exstruit,
tantas struices concinnat patinarias:
standum est in lecto si quid de summo petas.

Durch vincla escaria sieht er sich von seinem Herrn quasi fest- bzw. in Gefangenschaft genommen (adservare, vinciri).2 Als Gegenleistung bietet er Schmeichelei und Dienste, die in der Mithilfe für die Komödienintrige notwendig werden: So braucht Menaechmus schon in der ersten Szene diese Hilfe. Denn er hat seiner Ehefrau, mit der er gestritten hat, ein teures Kleid gestohlen, um sich damit bei seiner Geliebten einzuschmeicheln, von der er zum Trost gut empfangen werden will – offensichtlich eine für eine Verwechslungskomödie typische Handlung.

Der Parasit beobachtet mit Schrecken, dass Menaechmus im Streit schimpfend das Haus verlassen hat (110–134), denn das bedeutet für ihn, dass kein prandium im Haus stattfinden wird. Erst als Menaechmus ankündigt, bei seiner Geliebten Erotium ein anderes prandium abhalten zu wollen, wird Peniculus dienstfertig (141ff.). Vorher aber verweigert der Parasit das Verhalten, das er üblicherweise zeigt; und wir sehen, was Menaechmus von ihm besonders dann erwartet, wenn er diese Dienste explizit einfordern muss (Men. 139–154):PlautusMen. 139–154

MEN. non potuisti magis per tempus mi advenire quam advenis.
PEN. ita ego soleo: Commoditatis omnis articulos scio. 140
MEN. vin tu facinus luculentum inspicere? PEN. quis id coxit coquos?
iam sciam, si quid titubatum est, ubi reliquias videro.
MEN. dic mi, enumquam tu vidisti tabulam pictam in pariete,
ubi aquila Catamitum raperet aut ubi Venus Adoneum?
PEN. saepe. sed quid istae picturae ad me attinent? MEN. age me aspice 145
ecquid assimulo similiter? PEN. quis istest ornatus tuos?
MEN. dic hominem lepidissimum esse me. PEN. ubi essuri sumus?
MEN. dic modo hoc quod ego te iubeo. PEN. dico: homo lepidissime.
MEN. ecquid audes de tuo istuc addere? PEN. atque hilarissime.
MEN. perge ‹perge›. PEN. non pergo hercle, nisi scio qua gratia. 150
litigium tibi est cum uxore, eo mi ábs te caveo cautius.
MEN. clam uxorem est ubi pulchre habeamus, [atque] hunc comburamus diem.
PEN. age sane igitur, quando aequom oras, quam mox incendo rogum?
dies quidem iam ad umbilicum est dimidiatus mortuos.

Menaechmus ist höchst zufrieden, als er Peniculus sieht, denn er scheint ihm der perfekte Helfer zu sein (139). Peniculus deutet das auch entsprechend als seine professionelle Leistung (140), so dass Menaechmus ihm die Aufgabe ankündigt: eine glänzende Tat (facinus luculentum, 141) – damit meint er die List, mit der er seine Frau bestraft; Peniculus missversteht aber alles, weil er nur ans Essen denkt (daher seine Frage nach dem Koch in Vers 141). Daraufhin stellt Menaechmus sein Liebesabenteuer pathetisch wie ein Gemälde dar, das Jupiters Adler beim Raub des Ganymed oder Venus beim Anblick des schlafenden Adonis zeigt – Peniculus müsste jetzt als professioneller Schmeichler lobend darauf eingehen, doch er reagiert nur gelangweilt und demonstrativ begriffsstutzig (145). Menaechmus muss daher ausdrücklich die „normale“ Dienstleistung vom Parasiten verlangen, nämlich: ein schmeichlerisches Lob seines Aussehens. Er legt ihm sogar das erwartete Lob vorformuliert in den Mund (147). Peniculus erinnert aber an Menaechmus’ Verpflegungspflicht mit der Frage ubi essuri sumus? (147), bis er endlich dem Drängen nachgibt und seinem Herrn also schmeichelt, wie der es erwartet. Somit sind die charakteristischen Eigenschaften des Parasiten plakativ zur Schau gestellt: Gefräßigkeit und Schmeichelei. Der Gastgeber erwartet diese Eigenschaften als Dienstleistungen vom Schmeichler auch, indem er sie explizit einfordert. Umgekehrt darf der Parasit auf der Einhaltung der Leistung durch den Gastgeber bestehen.

Doch zu dem angekündigten prandium kommt der Schmarotzer in dieser Zwillings- und Verwechslungskomödie nicht, denn der eben in der Stadt eingetroffene Zwillingsbruder Menaechmus II aus Syrakus wird unversehens von Erotium zu dem üppigen Mahl eingeladen (und zwar ohne den Parasiten), das sein Zwillingsbruder Menaechmus I aus Epidamnus angeordnet und finanziert hatte.

Das passiert nur, weil Menaechmus I auf dem Forum vor allem den oben erwähnten cliens quidam verteidigen musste. Der leer ausgegangene Schmarotzer versteht die Welt nicht mehr und will sich folglich an Menaechmus rächen (520f.). Denn der hat offensichtlich sein Versprechen und seine Leistung (das prandium) nicht eingehalten – also muss auch der Parasit seine Leistung (Treue, Hilfe beim Hintergehen der Ehefrau) nicht mehr einhalten.3 Somit hat er Menaechmus’ Ehefrau über die Affäre ihres Mannes informiert und beide wollen nun Menaechmus abpassen (570).4 Der kommt eben vom Forum und schimpft in dem oben gezeigten Selbstgespräch über seine Erfahrung mit dem cliens quidam.

Wie man sieht, ist es kaum gerechtfertigt, diesen cliens quidam mit dem Komödientypus des Parasiten gleichzusetzen, und den Parasiten umgekehrt mit einem Klienten. Für Gratwick gilt der cliens quidam als „a shadowy second Peniculus“5. Damon sieht „a connection of some sort between Peniculus and cliens quidam“,6 denn beide Figuren seien abhängig vom wohlhabenden Menaechmus. Dadurch sei die Nebeneinanderstellung beider Figuren „a useful indication of the variety of experience possible in relationships that would fit the definition of patronage.“7 Dass aber bei Plautus ausdrücklich zwischen parasiti und clientes unterschieden wird, sollte m.E. beachtet werden. Eine Gemeinsamkeit zwischen Parasit und cliens ist zwar vorhanden, wie auch Ganter 2015 betont: Das Verhältnis zu Menaechmus bestehe in einem Güteraustausch (Essen gegen Schmeichelei bzw. ‚Dienste‘ beim Parasiten, gerichtliche Unterstützung im Austausch mit ökonomischer Unterstützung beim Klienten).8 Doch die Differenz scheint mir im Text demonstrativ hervorgehoben: Mit der für die griechische Komödie typischen Figur des Parasiten, der von seinem Herrn hauptsächlich Essen bekommt (d.h. das prandium), hat hier der eigentlich römische cliens quidam, der eher rechtliche Hilfe benötigt, wenig gemeinsam. Im Unterschied zu Schmarotzer/Schmeichler und Gastgeber/Herr ist das Verhältnis zwischen cliens und patronus in der plautinischen Darstellung eine Geschäftsbeziehung, die ausdrücklich auf der ökonomischen Potenz des cliens und der gesellschaftlichen Autorität des patronus, die er vor Gericht für den Klienten einsetzt, beruht.

Zwar hat Damon Recht, wenn sie bezüglich schmarotzerischer Figuren in der römischen Literatur Folgendes bemerkt:

The plight of the parasite reflects a system in which the initiative for the relationship comes more from below than from above. Such a situation promotes parasitical behaviour: obsequiousness to the point of servility, toleration of insult and injury, and so on.9

Doch diese Bemerkung lässt sich meiner Ansicht nach mit Plautus’ Darstellung des cliens quidam in den Menaechmi kaum verbinden.10 Zwar kommt bei Juvenal das Wort parasitus in Szenen, in denen aber auch Essen eine wichtige Rolle spielt, in Verbindung zu den schmarotzerhaften clientes oft vor als wären diese eine grobe Karikatur des Komödientypus.11 Solche Figuren werden auch (wenn auch nicht namentlich) bei Martial eine bedeutende Rolle spielen,12 da Parasiten in der satirischen Dichtung der Kaiserzeit eine Denkfigur darstellen können, die dazu eingesetzt wird, die Störung des idealen Gleichgewichts in der römischen Institution der clientela zu signalisieren. Doch ein solches Element ist m.E. noch nicht bei Plautus (und vor allem nicht in den Menaechmi) festzustellen, wo auf der einen Seite der griechische Typus des parasitus erst in die römische Literaturwelt eingepasst wird und auf der anderen Seite die römischen Alltagselemente zum ersten Mal literarisch zum Ausdruck gebracht werden.13

Für die Komödie ist die genretypische Figur des parasitus strukturell wichtig: Die Intrigenhandlung und die Verwechslungskomödie wird durch sein Eingreifen vorangetrieben.14 Zur Charakterisierung der Person des Menaechmus wird der Parasit eingesetzt, weil er ein enger Vertrauter ist und Menaechmus ihm gegenüber alles, was er denkt und plant, offen und ohne Zurückhaltung ausspricht. Und dies hat mit dem Typus des cliens quidam kaum etwas zu tun, der eher dazu da ist, Alltagselemente der römischen Gesellschaft in die Adaption der griechischen Komödie einzubringen, um Nähe zum römischen Publikum herzustellen und den Humoreffekt zu steigern.15

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