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1) Einleitung a) Soziologischer und literarischer Rahmen

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Das Verhältnis zwischen patroni und clientes, das man in der Forschung unter den Termini Patronat1 (Lat. patronatus, Gr. πατρωνεία) bzw. Klientelwesen2 (clientela) vorfindet, stellt für die römische Weltanschauung einen der Kernpunkte des sozialen sowie politischen Lebens dar.3 Diese Institution wurde sogar auf Romulus selbst zurückgeführt (Cic. rep. 2,16Cicerorep. 2,16, Dion. Hal. ant.Dionysios von Halikarnassant. 2,9,1–3 2,9,1–3; Plut. Rom.PlutarchRom. 13,7 13,7), d.h. auf Roms Ursprung.

Es handelt sich um eine hierarchische Ordnung der römischen Gesellschaft, ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen politisch bzw. sozial einflussreichen (patroni) und weniger einflussreichen (clientes) freien Bürgern,4 welches allerdings auf dem Prinzip der Gleichwertigkeit und Gegenseitigkeit basieren und die sozialen Unterschiede zu einem moralischen Gleichgewicht5 bringen sollte. Schon in der Antike wurde auf die Analogie zur hierarchischen Ordnung innerhalb der römischen Familie verwiesen,6 indem etymologisch argumentiert wurde: Der Patron vertritt gewissermaßen die Figur des Vaters (pater), der für seine Kinder sorgen muss.7 Das Verhältnis intendiert ein gegenseitiges Sich-Schützen, aus dem beide Seiten Gewinn ziehen, nämlich eine politische, juristische, finanzielle und persönliche Unterstützung mit einer wichtigen gesellschaftlichen Aufwertung beider Seiten. Es entsteht so ein auf fides8 basierendes Verhältnis, das gegenseitige Treue und Schutz garantiert.9 Als Patron dagegen zu verstoßen, galt selbstverständlich nicht nur als eine große Schande, sondern auch als eine Straftat. In den Zwölftafelgesetzen führt der Verstoß eines Patrons gegen den Klienten sogar zur sog. ‚Sazertät‘, d.h. er wird für vogelfrei erklärt Lex XII tab8,21(Lex XII tab. 8,21: patronus si clienti fraudem fecerit, sacer esto).10 Für Cato den Älteren ist die Beziehung zwischen patroni und clientes ‚heilig‘ und die wichtigste nach der Vater-Sohn-Beziehung: patrem primum, postea patronum proximum nomen habuere [sc. maiores] (bei Gell. 5,13,4)Aulus Gellius5,13,4. Die clientes hätten sogar den Vorrang vor der eigenen direkten Verwandtschaft: adversus cognatos pro cliente testatur, testimonium adversus clientem nemo dicit (ebd.).11

Wie man sehen kann, handelt es sich beim Verhältnis zwischen patroni und clientes um eine moralisch wichtige und Ansehen bringende Beziehung, die außerdem, wie Saller 1982 argumentiert,12 durch 1) eine gegenseitige Dienstleistung, 2) einen kontinuierlichen Charakter sowie 3) die soziale Asymmetrie der Mitglieder gekennzeichnet ist.13

Da aber ein solches Verhältnis sowohl auf moralischen Werten als auch auf sakralen Elementen basiert, wie mos und fides, wird es in der Wissenschaft manchmal als ein außerjuristisches Verhältnis betrachtet:14 Zwar haben „enttäuschte Patrone“ sowie „undankbare Klienten“ keinen rechtlichen Anspruch, wie Nicols 2014 bemerkt,15 die Beziehung zwischen Patronen und Klienten stellt trotzdem einen wichtigen Teil der juristischen Welt16 dar, denn sie wird Gegenstand juristischer Forschung bei den antiken Autoren und vom Gesetz sanktioniert. Für diese Arbeit ist dennoch folgende Beobachtung von Bedeutung: Die Enttäuschung der Patrone und die Undankbarkeit der Klienten (oder auch umgekehrt, wie gezeigt werden wird) finden in der literarischen Darstellung reichlich Niederschlag – vor allem in der (satirischen) Dichtung und vor allem in der Kaiserzeit: Dies zu untersuchen, stellt das Ziel der vorliegenden Arbeit dar. Daher werden von einer kleinen Passage bei Plautus ausgehend verschiedene Stellen bei Horaz, aber vor allem zahlreiche Epigramme Martials und verschiedene Satiren Juvenals untersucht, um die Darstellungsstrategien der verschiedenen dort vorkommenden Sprecher sowie die daraus entstandenen Situationen zu eruieren.

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