Читать книгу Lotte in London - Victoria Benner - Страница 14

11.

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„Rein in die gute Stube“, sagte Charlotte, doch da hatte Regan sich schon an ihr vorbei ins Haus gedrängt. Es knallte, als sie ihre Schuhe in die Flurecke schmiss.

„Darf ich Fernsehen?“, brüllte sie auf dem Weg ins Wohnzimmer.

„Ja, aber leise und ...“ Charlotte verstummte, als Thomas in der Tür seines Arbeitszimmers erschien und mit verschränkten Armen im Türrahmen stehen blieb.

„Hey.“

Thomas sah Charlotte abwartend an. „Was ist das im Wohnzimmer?“

Charlotte atmete tief durch. „Regan?“

„Ah ja. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber wolltet ihr nicht einen Ausflug machen?“

„Wollten wir.“

Er nickte. „Das scheint ein ziemlich kurzer Ausflug gewesen zu sein. Immerhin seid ihr vor gerade mal“, er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, „drei Stunden hier weggefahren?“

„Tom, es tut mir leid und ich weiß, wir sind viel zu früh wieder hier, aber es ging nicht mehr.“

„Wolltet ihr nicht ins Museum?“

„Waren wir auch, aber zum einen wollte Regan irgendwann nicht mehr und dann war da noch ein Paparazzo, der uns gefolgt ist und ständig Bilder von uns gemacht hat.“

„Und?“

„Und?“ Charlotte blinzelte. „Meinst du ich finde das toll, dass ungefragt Bilder von mir gemacht werden? Außerdem, der Typ war so nah, der hätte nur die Hand ausstrecken müssen und er hätte Regan berühren können! Ohne, dass ich etwas dagegen hätte tun können!“

„Verstehe. Ihr wart im Museum, seid von einem Fotografen, einem einzelnen Fotografen, entdeckt worden und du hast dann fluchtartig das Museum verlassen?“

„Ja! Stell dir vor!“ Als sie sah, wie ein höhnisches Lächeln über sein Gesicht huschte, fügte sie hinzu: „Thomas, wir haben sogar einen Umweg über den Hyde Park gemacht und sind da geblieben, bis es angefangen hat zu schütten. Was sollte ich denn machen?“

„Keine Ahnung? Dir was anderes einfallen lassen? London ist groß. Ich bin sicher, da hätte es eine Möglichkeit gegeben.“

„Bitte?“ Charlotte brauchte eine Weile das zu verdauen. „Was soll das denn heißen? Bin ich jetzt etwa schuld an dem Ganzen? Was kann ich denn für die Presse und das Wetter?“

Thomas winkte ab. „Weißt du, ist mir doch egal. Ich weiß, was ich jetzt tun muss. Ich werde meinen Kollegen und mir was anderes suchen, wo wir garantiert ungestört sind!“

Er wandte sich dem Arbeitszimmer zu und sagte etwas zu jemanden im Raum. Kurz darauf traten fünf Leute aus dem Zimmer. Unter ihnen eine Frau, die Charlotte kannte. Es war Renia Nowack, eine unkomplizierte, fröhliche Kollegin von Thomas, die Charlotte vor gut einem Jahr am Set in Berlin, zu ihrer Zeit als Thomas Visagistin, kennengelernt hatte.

„Renia!“

„Charlie! Du hier? Ich dachte, du seist heute unterwegs?“ Renia strich eine kupferrote Haarsträhne hinter ihr Ohr und strahlte Charlotte an. „Wie lang ist das her? Es ist schön dich zu sehen! Komm, lass dich drücken!“ Sie zog Charlotte in eine Umarmung und lachte. „Was hast du seit Berlin gemacht? Also, ich meine außer Thomas von Norah zu befreien und dich mit der Presse anzulegen?“

„Ach, nicht viel. Also außer umziehen.“

„Was ist aus deinem Job geworden?“

„Meinem Job? Ach, als Visagistin? Nein,“, Charlotte schüttelte den Kopf, „das war nie mein Job. Ich habe das nicht gelernt. Das war nur eine Notlösung.“

„Nicht? Du warst aber gut.“

„Ich weiß nicht“, sagte Charlotte zögernd. „Ich war bisher nur damit beschäftigt, mich auf irgendwelchen Veranstaltungen zu zeigen oder der Presse zu entkommen.“ Charlotte fuhr sich mit der Hand über die Stirn.

Renia lachte laut auf. „Das wird schon. Probier es!“

„Renia? Kommst du?“ Thomas berührte sie leicht an der Schulter.

„Wie bitte? Ach so ja. Ich komme gleich.“ Renia nahm den Mantel entgegen, den Thomas ihr hinhielt. „Danke.“ Sie schlüpfte in das Kleidungsstück. „Charlie“, seufzte sie dann und lächelte wieder. „War schön dich gesehen zu haben. Schade, dass ich jetzt weiter muss. Wenn ich gewusst hätte, dass du doch da bist, wäre ich schon früher gekommen, aber weißt du was, wir holen das nach. Wir treffen uns mal.“

Charlotte schluckte, als sie einen Blick aus der Tür warf und eine Kamera hinter dem Zaun sah, die auf das Haus gerichtet war. Sie glaubte den Blick durch den Sucher spüren zu können, wie Käfer, die über ihre Haut krabbelten. Schnell wich sie tiefer in den Flur zurück.

„Ich weiß nicht. Ich glaube nicht“, sagte sie zu Renia. „Du weißt doch, dass mich die Presse im Visier hat und der Rest der Welt gerade nicht gut auf mich zu sprechen ist. Ich will dir keinen Ärger machen.“

„Ärger machen?“ Renia schüttelte den Kopf. „Was denkst du, wen du vor dir hast? Glaubst du ich weiß nicht, was da draußen los ist? Ich bitte dich, da mussten wir alle durch. Warte noch ein paar Monate und dann gibt es wieder einen neuen, interessanteren Skandal.“ Sie wickelte ihren Schal um ihren Hals und umarmte Charlotte noch mal.„Also, lass den Kopf nicht hängen. Und mach was aus dem da draußen.“ Sie stand schon auf der Schwelle, winkte, dann waren sowohl sie, als auch ihre Kollegen und Thomas verschwunden.

„Moment!“ Charlotte riss die Tür auf, stolperte aus dem Haus. „Tom!“ Sie sah den dunklen Wagen gerade langsam aus der Auffahrt fahren. „Tom!“

„Was?“ Tom lehnte sich aus dem Fenster.

„Wann kommst du wieder?“

Er zuckte die Schultern. „Zum Abendessen?“, fragte er, zog den Kopf zurück und startete das Auto wieder.

❄❄❄

„Wann gibt es Essen?“ Regan malte Muster auf die glatte Oberfläche des Küchentischs.

„Wenn Tom da ist, fang ich an.“

„Bis dahin bin ich verhungert!“

Charlotte warf einen Blick auf die Uhr über dem Backofen. Halb acht. „Wenn du willst, mach ich dir jetzt was zu essen“, sagte sie. Und koche später noch mal für Monsieur, fügte sie in Gedanken hinzu. Als hätte sie den lieben langen Tag nichts anderes zu tun, als irgendjemand zu bedienen. Erst Regan, dann Tom, dann die Paparazzi!

Sie warf den Spüllappen, mit dem sie die Küchenschränke bearbeitet hatte, in das Waschbecken und ging zum Kühlschrank.

„Bacon, Sahne, Eier.“ Charlotte schloss die Kühlschranktür wieder und durchsuchte die Küchenschränke. „Nudeln. Ich mach dir einen Bacon Nudelauflauf“, schlug sie Regan vor. „Ist das o. k.?“

Regan nickte.

„Gut. Aber bevor ich anfange, ruf ich noch mal bei Tom durch.“ Sie stellte die Zutaten auf die Arbeitsfläche und lief dann in den Flur, um vom Festnetz Tom anzurufen.

„Hier ist der Anschluss von Thomas Donoghue. Ich bin gerade nicht da. Hinterlassen Sie mir bitte eine Nachricht und ich rufe zurück.“

„Na toll“ Charlotte stellte das Telefon zurück auf die Flurkommode.

Sie ging in die Küche zurück und setzte einen Topf mit Wasser für die Nudeln auf und stellte die Pfanne auf den Herd, gab den Bacon hinein, als sie warm genug war und bald verbreitete sich der würzige Geruch von gebratenem Speck durch das Haus.

„Wie lange noch?“, fragte Regan.

„Nicht mehr lang“, sagte Charlotte. „Das Wasser für die Nudeln kocht gleich und dann kann ich das ganze in eine Auflaufform geben und es im Ofen überbacken.“

Regan stöhnte.

„Geh doch spielen oder etwas lesen“, schlug Charlotte vor.

„O. k.“, sagte Regan und rutschte vom Stuhl. „Hat Tom gesagt, wann er kommt?“

„Nein, er ist nicht mal ans Telefon gegangen“, flüsterte Charlotte mehr zu sich selbst, als zu Regan und lief unruhig durch die Küche, während sie darauf wartete, dass das Nudelwasser zu kochen begann.

Viertel vor Acht, stellte Charlotte fest, als die Nudeln gekocht waren und sie die Mischung aus Ei, Sahne, Käse und Nudeln in die Auflaufform gab.

„Regan?“, rief sie durch den Flur. „Tisch decken.“

„Schon wieder?“ Regan kam mit schweren Schritten die Treppe hinunter.

„Du kannst auch mal was machen, Fräulein! Ich bin nicht deine Sklavin, sondern nur deine Mutter!“, sagte Charlotte, als ihre Tochter in die Küche geschlurft kam, während sie die richtige Temperatur am Ofen einstellte.

„Da gibt es einen Unterschied?“

„Ja. Mütter haben nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte. Wie zum Beispiel Fernsehverbote und Ähnliches zu erteilen! Also, pass bloß auf!“, warnte Charlotte, als sie Regan Teller und Besteck in die Hand drückte.

„Kann ich jetzt wieder gehen?“

„Von mir aus, aber in zehn Minuten gibt es Essen“, sagte sie und warf einen Blick auf die Uhr.

Noch zehn Minuten dann ist es Viertel Neun. Wenn er jetzt nicht bald anruft oder nach Hause kommt, dann weiß ich auch nicht, überlegte sie, während sie die verloren wirkenden Teller auf dem Tisch ansah und darauf lauschte, ob nicht doch noch ein Auto käme. Fehlanzeige. Da draußen war niemand. Abgesehen vielleicht von einigen zurückgebliebenen Fotografen.

Sie griff nach dem Telefon. „Hör zu Rotlöckchen, du hast jetzt noch eine Viertelstunde, dann essen wir, egal ob du da bist oder nicht!“

Sie legte auf. Das war der letzte Versuch gewesen, schwor sie sich. Wenn er darauf nicht reagierte, dann wusste sie auch nicht mehr.

Lotte in London

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