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2.4 Das Wort und die sprachlichen Ebenen

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graphematische und phonologische Wörter

Die oben geschilderten Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Wortbegriffs haben nicht zuletzt damit zu tun, dass man sich dem Gegenstand ‚Wort‘ von unterschiedlichen sprachlichen Beschreibungsebenen her nähern kann. Je nachdem, ob man von der geschriebenen Sprache oder von der gesprochenen Sprache, von der Morphologie oder der Syntax ausgeht, kann man zum Teil zu sehr unterschiedlichen Antworten auf die Frage gelangen, was die kleinste Einheit innerhalb der Äußerungskette sei. So kann das Wort, wenn man es (wie zu Beginn des Kapitels vorgeführt) aus dem Blickwinkel der Graphematik betrachtet, schlicht als Folge von Buchstaben verstanden werden, die durch ein Spatium von anderen Buchstaben getrennt ist. Auf dieser Ebene wären dann auch Abkürzungen wie Str., Hrsg. oder Akronyme wie Kfz, PS oder lol als Wörter zu beschreiben. Auf der Ebene der geschriebenen Sprache könnte die Worteinheit sogar schlicht mit dem Eintrag in einem Rechtschreibwörterbuch gleichgesetzt werden. Vom graphematischen bzw. orthographischen Wort wäre das phonologische Wort abzuheben. Dieses fiele dann im Deutschen mit der kleinsten Akzenteinheit zusammen: ‚auf derWiese wäre ebenso ein phonologisches Wort wie Donaudampfschifffahrtskapitän oder siehste.

morphologische Wörter

Versucht man die kleinste selbständige Einheit der Morphologie zu bestimmen, könnte man alle Morpheme und Morphemkombinationen, die frei auftreten können, als morphologische Wörter bezeichnen. Solche wären etwa gehen, Haus und Schreibtisch (ebenso geht, Hause und Schreibtische), während es sich bei den nur gebunden vorkommenden Morphemen -lich und -keit dann nicht um morphologische Wörter handelte. Voraussetzung für den Ansatz eines so bestimmten morphologischen Wortes ist freilich eine Klärung des Morphembegriffs (s. dazu Pittner 2013: 49f.).

syntaktische Wörter

Als syntaktische Wörter sind schließlich die lexikalischen Einheiten zu verstehen, die durch den Satzzusammenhang bestimmt sind: Gehen und geht stellen nicht nur unterschiedliche Morphemkombinationen und damit unterschiedliche morphologische Wörter dar, sondern auch unterschiedliche syntaktische Wörter, weil die jeweilige Wortform durch Numerus und Person des Subjekts determinert ist (wir gehen vs. sie geht).

Entscheidend für syntaktische Wörter ist allerdings, dass sie als reine Funktionseinheiten aufzufassen sind, die nicht notwendigerweise auch mit einer eigenen ausdruckseitigen Entsprechung einhergehen müssen (Linke/Nussbaumer/Portmann 2001: 57;anders Meibauer et al. 2007: 17). So stehen der Wortform gehen gleich drei syntaktische Wörter gegenüber, nämlich die 1. Person des Plurals (wir gehen), die 3. Person des Plurals (sie gehen) und der Infinitiv (zu gehen).

Wortformen und -funktionen

Sprachen wie das Deutsche sind besonders bei den Substantiven durch ein ausgeprägtes Missverhältnis zwischen Wortformen und Wortfunktionen gekennzeichnet: So drückt die Form Herzen gleich fünf unterschiedliche grammatische Wörter aus (den Dativ Singular sowie den Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ des Plurals). Dass diese sehr ungünstige Relation zwischen Form und Funktion unsere Kommunikation nicht behindert, mag auf den ersten Blick verwundern. Da das Deutsche syntaktische Funktionen aber gleichzeitig mit Hilfe eines Artikelsystems ausdrückt und da zudem die Stellung des Wortes im Satz Aufschlüsse über seinen syntaktischen Status erlaubt, ist diese Uneindeutigkeit gut zu verschmerzen – durch die Kombination mit einem Artikel dem, die, der, den Herzen wird diese Unklarheit behoben.

Einführung in die Lexikologie

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