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2. Schulausbildung in Mansfeld, Magdeburg und Eisenach

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Zunächst besuchte Martin die Schule von Mansfeld, wo er mit seiner Familie ansässig war. Vermutlich wurde er am 12. März41 1491, also mit sieben Jahren, dort eingeschult. Die Unterrichtssprache war Latein, und Hauptinhalt des Unterrichtes waren die sprachlichen Fertigkeiten; sie ordnete man im mittelalterlichen Bildungsgang dem Trivium zu, dem einen Teil der sieben freien Künste (artes liberales) neben dem stärker mathematisch orientierten Quadrivium. Daher spricht man im Blick auf die Schulen, die hierauf vorbereiteten, auch von der „Trivialschule“. Neben diesen vorwiegend grammatikalischen Kenntnissen waren auch elementare Glaubensinhalte – das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis – ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts.

Die begrenzten schulischen Möglichkeiten des kleinen Mansfeld waren den ehrgeizigen Eltern offenbar zu wenig. 1497 (oder vielleicht schon 1496) wechselte Martin Luder nach Magdeburg, ein Jahr später nach Eisenach.42 Für Magdeburg hatten wohl Empfehlungen gesprochen: Der junge, noch nicht einmal vierzehnjährige Luder stand dort im Kontakt mit Paul Moßhauer,43 der verwandtschaftlich mit Mansfelder Hüttenmeistern verbunden war. Gleichzeitig mit ihm war auch ein Mitschüler aus Mansfeld nach Magdeburg gewechselt.44

Der Schulbesuch in Magdeburg hat dem jungen Luder in vieler Hinsicht eine neue Welt eröffnet.45 Magdeburg gehörte seinerzeit zu den großen, prosperierenden Städten des Reiches – zum ersten Mal hat der Junge aus der Provinz eine bedeutende Stadt kennengelernt. Allerdings darf man diese Eindrücke nicht überschätzen, denn sein Leben war beschützt, fand innerhalb der Stadt in einem eigenen sozialen Sonderbezirk statt.

Darauf verweist insbesondere Luthers spätere Nachricht, er sei „zu den Nullbrüdern in die Schule“ gegangen.46 Das waren die Brüder vom gemeinsamen Leben, also ein Zweig der großen Bewegung der Devotio moderna, die sich im 14. und 15. Jahrhundert in den Niederlanden als geistliche Reformbewegung auf der Basis einer für den Alltag geöffneten spätmittelalterlichen Mystik entwickelt hatte. Ihr Hauptanliegen war eine Durchdringung des Alltags durch die Christus-Nachfolge in einfachem, demütigem Leben. Allerdings ist nicht ganz klar, was Luther mit seiner Nachricht meint, er sei bei diesen Brüdern in die Schule gegangen, da eine Schule der Brüder in Magdeburg nicht belegt ist. Am ehesten lässt sich vermuten, dass Luder bei ihnen Unterkunft gefunden hatte und entsprechend an ihrem Leben teilnahm, den Unterricht aber an der Domschule besuchte.47 Er hätte dann hier zum ersten Mal Erfahrungen mit einer quasi-monastischen Lebensweise gemacht, auch wenn die Brüder nicht als strikter Orden organisiert waren, wohl aber als eine religiöse Lebensgemeinschaft, die in ihrer Strukturierung in vielem dem mönchischen Leben entsprach. Was Luder kennenlernte, hatte also durchaus etwas spezifisch Städtisches, insofern die Devotio moderna eine im Kern städtisch-bürgerliche Bewegung gewesen war, aber prägender dürfte eben diese geistliche Durchdringung des Lebens gewesen sein, die er hier erstmals kennen lernte – und dies gleich in einer Form, die sich in Spannung zu den traditionellen Orden wusste. Mehr als diese etwas kargen Hinweise auf Domschule und Lebenssituation sind aber aus dieser Phase nicht zu gewinnen.

Ebenso wenig weiß man darüber, warum er schon so bald wieder Magdeburg verließ und nach Eisenach wechselte. Am ehesten ist wohl daran zu denken, dass er auf diese Weise wieder in die Nähe der Verwandtschaft kam – rein finanzielle Gründe dürften keine Rolle bei den Abwägungen gespielt haben, denn gerade aus Eisenach berichtet Luther später, dass er sich seinen Lebensunterhalt durch das Singen vor den Häusern der Bürger erworben habe.48 Wie und vor allem wo er in dieser Zeit gelebt hat, ist nicht ganz deutlich. Dass er einmal den Eisenacher Heinrich Schalbe als seinen „hospes“, Wirt, bezeichnet,49 ist nicht zwingend in dem Sinne zu verstehen, dass Luder bei diesem gewohnt habe,50 denkbar ist auch an einen Freitisch,51 also eine Art von Stipendium in Naturalien. Das würde zu der reichen Stiftungstätigkeit Schalbes passen, von der insbesondere die in Eisenach ansässigen Franziskaner profitierten.52 Hierdurch geriet Luder anscheinend erstmals in intensiveren Kontakt mit einem Orden, und wenn er auch später nicht bei den Franziskanern, sondern den Augustiner-Eremiten eintrat, so blieb er doch gewissermaßen in der Familie, denn beides waren Bettelorden. Um Schalbe53 und das Franziskanerkloster hatte sich offenbar ein Kreis von spirituell und geistig interessierten Männern gebildet, der den Namen „Schalbesches Collegium“ trug und mit dem Luder sich so eng verbunden fühlte, dass er erwog, diesen ganzen – vermutlich nicht besonders großen – Kreis 1507 zu seiner Primiz einzuladen.54

In Eisenach lassen sich auch erstmals geistige Einflüsse beobachten, die über das übliche Schulische, wie es ihm wohl durch seinen Lehrer Wigand Güldenapf vermittelt wurde,55 hinausgehen – den gängigen Unterricht erfuhr er in der Georgsschule, also an der zentralen Kirche der Stadt. Prägender war wohl der Kontakt mit Johannes Braun, dem Vikar am Marienstift, der den Eisenacher Schülern ein wenig humanistische Bildung nahe brachte.

Martin Luther

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