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Einleitung

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Ein Menschenaffe nimmt einen Knochen und schleudert ihn triumphierend in die Luft. Dort verwandelt er sich plötzlich in ein Raumschiff. Diese Filmszene ist die wohl kürzeste Zusammenfassung der gesamten menschlichen Technologiegeschichte.1 Sie entstammt dem Science-Fiction-Klassiker „2001: Odyssee im Weltraum“. Gedreht wurde er 1968. Der Fortschrittsglaube der westlichen Industriegesellschaften war noch ungebrochen, Wachstum, Vollbeschäftigung und immer neue Konsumgüter galten als selbstverständlich. Doch der Regisseur Stanley Kubrick spielt im Verlauf des Films schon mit unseren heutigen Ängsten. HAL, der Steuerungsroboter des Raumschiffs, schwingt sich zu dessen Herrscher auf und der letzte Astronaut muss mit ihm um sein Leben kämpfen.

Inzwischen haben wir das Jahr 2001 längst hinter uns gelassen, um unser Leben müssen wir noch immer nicht fürchten. Aber die Angst vor den Robotern und der künstlichen Intelligenz wächst. Täglich übernehmen sie mehr Funktionen auf dem Raumschiff Erde. Nicht unsere physische Existenz ist in Gefahr, aber unser soziales Leben. Die Digitalisierung verdrängt die menschliche Intelligenz, menschliche Entscheidungsbefugnis und, gesellschaftlich am brisantesten, die tägliche Arbeit. Wenn immer mehr Arbeitsplätze verloren gehen ohne das gute neue entstehen, zerbricht eine uralte Regel menschlicher Gesellschaften: der Zusammenhang zwischen Jagen und Teilen durch die Kooperation innerhalb der menschlichen Gemeinschaft. Schon heute findet die Mehrheit der Bevölkerung die Verteilung der wirtschaftlichen Gewinne ungerecht.2 Die Digitalisierung wird dieses Gefühl auf die Spitze treiben. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat 2018 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vor der versammelten globalen Elite die Themen Digitalisierung und Verteilung als die größte Herausforderung bezeichnet.3 Völlig zu Recht. Genau an diesem Punkt setzt das Buch an. Es handelt von Digitalisierung und Verteilung, vor allem von der Verteilung durch die Digitalisierung. Die Wirkung der neuen Technologien auf die Einkommensverteilung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die jetzt arbeitende Generation und ihre Kinder stehen in seinem Mittelpunkt. Es greift die aktuelle Zukunftsangst der westlichen Mittelschicht auf, die fürchtet, dass die Digitalisierung die wirtschaftliche Ungleichheit weiter verschärft, ihre Arbeit verschwinden lässt und ihren sozialen Abstieg zementiert.

Dabei geht es nicht um eine weitere Utopie oder Dystopie. Der schnelle technologische Fortschritt der vergangenen Jahre hat das Thema aus dem Bereich der Science-Fiction zu den Trendforschern, Philosophen und sogar zu futuristisch gewandelten Historikern gespült. In deren weit ausgreifenden Zukunftsszenarien sind wir irgendwann alle nachhaltig4 oder nutzlos, beherrscht von Algorithmen und biotechnologisch optimierten Übermenschen.5 Dazwischen liegt ein großer, allerdings bisher mit wenig futuristischer und sozialer Fantasie ausgefüllter Raum. Manche mögen dies für weitgehend irrelevant halten, da wir nach dem Anthropozän ohnehin von der Weltbühne abtreten. Doch die heutige Generation und ihre Kinder, die sich innerhalb der nächsten 50 Jahre mit der politischen Gestaltung der Digitalisierung auseinandersetzen müssen, werden mit weit praktischeren Fragen konfrontiert sein. Sie müssen in den Niederungen des Alltags um ihren Anteil am wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt kämpfen. Dieser Kampf, die Fortsetzung des uralten menschlichen Verteilungskampfs, wird sich in der kommenden digitalen Gesellschaft möglicherweise deutlich verschärfen. In den folgenden Kapiteln betrachten wir, mit welchen Mitteln er zukünftig ausgetragen wird. Doch vorher wollen wir einen Blick auf die heutige Ausgangssituation werfen, auf die die Digitalisierung trifft.

MITTELSCHICHT FÜR ALLE

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