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STAUBSAUGER MIT SYMBOLWERT

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Gerade noch wollte sich der Staubsauger-Hersteller Dyson mit der EU anlegen, jetzt hat er ein zeitgemäß cleveres Produkt am Start.

Man sollte nie hochemotionalen Regungen nachgeben. Zumindest ohne nochmals drüber zu schlafen. Ich gestehe: Auch ich war unter denjenigen, die als zeitgenössische Wutbürger spontan ablehnend auf die neue Ökodesign-Richtlinie der EU reagierten. Man verdrängt ja bürokratische Regelungen, solange man kann. Aber irgendwann wird man förmlich mit der Nase drauf gestoßen, dass ab sofort etwas Gültigkeit besitzt, was zuvor anders oder gar nicht gültig war.

Bei mir war das wundersamerweise eine Mail, die ich heute Früh im Elektropostfach vorfand. Eine von unzähligen Werbedepeschen, PR-Botschaften und Informationsschreiben, die man kurz überfliegt und rasch wieder löscht. In diesem Fall aber hob ich mir die Mitteilung auf – sie stellte ein neues Produkt aus dem Hause Dyson vor. Diese Firma ist weltweit bekannt für einen notorischen Hang und Drang zu Innovation, die sich im technischen Konzept und im damit verbundenen Gebrauchswert, im Design und leider auch im Preis niederschlägt. Ich teste die Dyson-Novitäten gerne: Manchmal sind sie wunderlich und eher überflüssig, manchmal auch wirklich erstaunlich frisch gedacht. Beim brandneuen Cinetic Big Ball 2, einem Staubsauger – Dyson wurde mit beutellosen Staubsaugern groß –, war die überraschende Novität, dass er nur mit 600 oder wahlweise 700 Watt Leistung auskommt. Und somit der EU-Energielabel-Verordnung entspricht, die seit Anfang September gilt.

Diese – aufgesetzt auf die erwähnten Ökodesign-Richtlinie, die europaweit Mindestvorgaben für energieverbrauchende Geräte definiert – besagt, dass Staubsaugermotore nicht mehr als 900 Watt haben dürfen. Das löste entweder Achselzucken aus – keine Ahnung, wie viel Strom mein alter Staubsauger schluckt! – oder, vorrangig bei Katzenhaarallergikern, Sauberkeitsfetischisten und Power-Hausfrauen (wage ich mal zu behaupten), einen unüberhörbaren Aufschrei. Brüssel will unsere Saugkraft kontrollieren! Sie nehmen uns die guten Geräte weg! Nach der Vermessung der Gurkenkrümmung und dem Ende der Glühbirne ein weiteres EU-Desaster! Auch der britische Dyson-Konzern war alles andere als erfreut: Er klagte sogar beim Europäischen Gerichtshof. Die Energie-Effizienz von Staubsaugern wird nämlich mit leerem Beutel berechnet – schon bei halb vollem Beutel nimmt sie kräftig ab. Und für das Konstruktionsprinzip der beutellosen Zyklon-Sauger – erfunden von Dyson – sei das ein eklatanter Wettbewerbsnachteil. Man verlor. Und, siehe da!, hat dennoch rechtzeitig für die Ära der »schwachen« Geräte Passendes am Start. Es liest sich die Werbebotschaft recht eindeutig: Der Cinetic Big Ball 2 ist 25 Prozent leiser als sein Vorgänger und von der Leistung im Alltag her absolut vergleichbar. Bei deutlich geringerem Stromverbrauch. Kurzum: vorbildlich.

Jenen Wutbürgern aber, die sich in Leserbriefen und erregten Social-Media-Einträgen zur Ökodesign-EU-Verordnung auskotzen, weil ihre 3000-Watt-Boliden nun zum alten Eisen zählen (und wohl früher als später auf dem Schrottplatz landen), sei – so sie nicht gerade putzend Höllenlärm verursachen – sanft ins Ohr geflüstert: Man sollte nie hochemotionalen Regungen nachgeben. Zumindest ohne nochmals darüber zu schlafen.

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