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RAUM, ZEIT, TEXT

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Schreiben über Technik? Selten im Radar des Literatur-Nobelpreis-Komitees. Leider.

Ich habe das ehrenwerte Angebot bekommen, eine Auswahl der hier erscheinenden Kolumnen als Buch zu veröffentlichen. Ob sie es wert sind, weiß ich nicht. Aber das soll das Publikum entscheiden, das ja im Kosmos der Konsumprodukte eine faktisch brutale, nicht selten finale Abstimmung vornimmt – an der Kassa des Buchladens, via »Buy«-Click im Internet. Oder auch nicht. Noch gilt das Prinzip Hoffnung: Die pure Existenz des Werks wird Ihnen nach diesem Vorab-Hinweis und seinem Erscheinen noch oft genug untergejubelt werden. Eventuell hilft es, die Absatzzahlen zu steigern, wenn ich nicht extra auf den Umstand verweise, dass sich die Mehrzahl der Texte online leicht auffinden und gratis studieren lässt.

Aber ein Buch macht halt deutlich mehr her! Erst recht für den Autor. Es ist ein Konzentrat jahrelanger flüchtiger Beobachtungen, launiger Anmerkungen, bisweilen auch dauerhafterer Gedanken und Erkenntnisse. Abseits profaner Tagesarbeit, die hilft, die Miete zu bezahlen, rückt allein das jahrtausendealte, auch im 21. Jahrhundert konkurrenzlos sinnliche Medium Papier jeden Beistrich in die Nähe ernsthafter Literatur, und man muss nicht von Tolstoi, Homer und Handke kommen, um sich geadelt zu fühlen. Eventuell reicht auch Hobby – das Magazin der Technik. Kennen Sie nicht? Im Feld des strikt linearen technologischen Fortschritts, der kein Zurück kennt und selten Nostalgie, freilich kein Mirakel. Entschuldigen Sie das Pathos! Mir ist gerade danach.

Ich habe Peter Glaser ein Mail geschickt, ob er ein kurzes Vorwort für das Büchlein verfassen möchte. Kennen Sie ebenfalls nicht? Der Mann ist der beste Technik-Kolumnist des deutschsprachigen Raums (auch wenn ihm Sascha Lobo hart auf den Fersen ist). »Geboren als Bleistift in Graz« in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrtausends, wie seine Web-Biografie festhält. Heute lebt Glaser in Berlin. Eigentlich aber im Cyberspace. Wie geht so einer, wage ich zu fragen, mit der Flüchtigkeit seiner schriftstellerischen Existenz um, der Rasanz der Zeit, der Explosion der im Idealfall vollständig und penibel zu kommentierenden Möglichkeiten, Perspektiven, Entwicklungen? Erst recht im Kontrast zur – vermeintlichen? tatsächlichen? – Gefangenheit des Menschen in sich selbst. Apropos: Peter Glaser sitzt, wenn er nicht seinen Intellekt um den Globus streifen lässt, im Rollstuhl. Nicht die übelste Erfindung in der Geschichte der Menschheit.

Ich halte gerade eines seiner Bücher in Händen. Der Autor – Bachmann-Preisträger! – ist mir weit voraus, was bedrucktes Papier betrifft. Das Werk (»24 Stunden im 21. Jahrhundert«, Erscheinungsjahr 1995) ist, oberflächlich betrachtet, vergilbt, aber es strotzt vor zeitlos aktueller Gedankenfülle. Und zutiefst humanem Humor. Ich empfehle dringend: googlen, abonnieren, lesen Sie Glaser! Technik und Alltag, Introspektion und Extrapolation, Poesie, Gegenwart und Zukunft so elegant zu verzahnen ist kein Lercherlschas. Zumal sich die ernste Literatur selten Alexa, Greta und das nimbusumflorte Nobelpreis-Komitee in den Elfenbeinturm einlädt; eine ihrer größten Schwächen. Jetzt bin ich mal gespannt, was mir vergleichsweise der Grazer Titan, Freund und Kolumnistenkollege zurückschreibt.

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