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„Was hast du denn da gemacht?“ Maggy Fry entsetzt, während sie die gerade aus der Entwicklung gekommene Filmrolle das erstemal über ihren Schneidetisch fahren läßt. Zuerst interessiert, dann im Schnellgang. „Mein Gott, William.“

„Was heißt hier: Mein Gott, William. Das war mein Auftrag. Ich sollte einen Film über den Ogopogo machen. Nun, das ist der Film. Kann doch kein Mensch erwarten, daß ich das Seeungeheuer persönlich vor die Kamera kriege. Ich mußte mich mit dem Standbild des Ogopogo bescheiden, das leider nur am Wasser steht statt im Wasser, verrückterweise mitten im Park. Dazu diese weiten Blicke über den See, ein bißchen Wellengekräusel, ein paar verängstigt dreinschauende Kinder - war gerade mühsam genug, sie so bange zu machen.“

„Ja, auch noch ein paar einsame Segler, die ahnungslos vor dem Ungeheuer aufkreuzen. Unter dem harmlos blauen Himmel mit den weißen Sommerwölkchen. Und dann Naheinstellung. Den endlos langen widerlich naßgrünen Schwanz entlang, wie er in vielen Bögen aus dem Wasser hervorkommt, furchterregend gezackt, und dann zu den tückisch funkelnden Glubschaugen hinauf und zuletzt auf das unheildrohende Riesenmaul des Tieres.“

„Ja, ganz genau so.“

„Natürlich. Du machst das genau so.“

„Aber, - was sollte ich sonst machen? Daß noch nie einer das Ungeheuer des Okanagansees gesehen hat, das werde ich im Text sagen. Und auch, daß es mindestens zweimal im Jahr auftaucht, immer in der Saure-Gurken-Zeit. Genauso zuverlässig wie seine entfernte Verwandte, Nessie, drüben im schottischen Loch Ness.“

„Mensch, William, daß du so einen Scheiß-Bericht machst.“

„Scheiß-Bericht? Du weißt ja noch gar nicht, wie er wird. Mach mir erst mal eine flotte Montage.“

„Ach ja, das konntest du nicht wissen, William. Aber einen Film über den Ogopogo machen zu müssen, das ist eine Strafarbeit.“

„Wieso das?“

„Das ist seit Jahren so. Immer der, auf den Pineladder gerade einen Pick hat, muß den Ogopogo machen. Als Strafarbeit, wie gesagt. Zum dreißigsten Mal oder mehr. Es sei denn, er ist so clever und holt sich einen alten Bericht aus dem Filmarchiv, auf den er den Text neu spricht. Dann hat er einen freien Tag gewonnen.“

„Das heißt, Pineladder wollte mir mit diesem Auftrag zu einem freien Tag verhelfen?“

„Wer das glaubt, muß noch dümmer sein als Pineladder. Und mir scheint fast, du hast ihn übertroffen.“

Wer mich so anmacht, muß damit rechnen, daß ich zu einer Offensive des Charmes übergehe, die rücksichtslos alles beiseiteräumt, was mich daran hindern könnte, der Größte zu sein. Das hätte Maggy nicht gedacht, daß ich an dem Tag, an dem sie mich mit „Mein Gott, William“ abgetan hat, an dem sie mich für dümmer als Pineladder erklärt hat, das erste Mal mit ihr auf der Couch sitze. In ihrem Apartment, das sie mit ihren himmlisch schönen Händen auf wohnlich getrimmt hat. In dieser femininen Weise, die alles aufeinander abstimmt, die Vorhänge auf den Teppich, die Sofakissen auf die Tischdecke, die Bestecke auf das Geschirr, die Musik auf den Mann. Oh ja, sie läßt sich sogar dazu herbei, für mich etwas zu essen zu machen. Ein williges Opfer meiner Charmeoffensive. Sie zeigt es mir wieder, was es heißt, sich erobern zu lassen, nämlich es zu genießen, daß sich ein anderer für einen begeistert. Und wie ich mich begeistert zeigen kann. Ganz hingerissen von ihrer Wohnung, von ihrem Essen, von ihrem Wein, - von ihren Händen, das brauche ich ihr ja nicht mehr zu sagen. Das weiß sie längst. So halte ich mich nicht lange mit den Händen auf und gehe aufs Ganze. An diesem Abend schlafe ich das erste Mal mit Maggy. Mit der schönsten Cutterin, die wir haben. Welch ein Triumph. Ogopogo sei Dank.

Hinterher habe ich plötzlich ein ganz anderes Verhältnis zu Maggy. So vertraut, wie wir beieinanderliegen und uns unterhalten. Ihre himmlischen Hände streicheln meinen Arm hinauf und hinunter, meine Schulter. Es tut ihr leid, daß sie mich so aufgezogen hat mit dem Ogopogo-Bericht. Sie will mir helfen. Will herauskriegen, was Pineladder gegen mich hat. Was ich vielleicht falschgemacht habe. „Du mußt überlegen, was es sein könnte. Was ihn geärgert hat. Damit man das ganz schnell wieder in Ordnung bringt. Das mache ich dann schon.“ Ich brauche nichts zu sagen, weil sie weiter leise auf mich einspricht. Ich brauche ihr nicht zu gestehen, daß ich weiß, was Pineladder gegen mich hat. Daß es sich nur um meine Recherchen handeln kann. Maggy denkt doch längst nicht mehr an den Film mit dem Toten im Wald, der so ein kleines Loch im Hinterkopf hatte. Wie viele Filme sie seitdem schon montiert hat. Maggy weiß ja, daß Pineladder mir gesagt hat, ich solle die Finger davon lassen. Die Eigentümer unseres Senders wollten es so. Aber ich kann doch jetzt nicht mehr aufgeben. Wo ich einmal auf der Fährte bin, diesen Geruch einer Sensation in der Nase. Ich bin ein Terrier. Jetzt alles auf sich beruhen lassen? Dafür weiß ich schon zuviel. Daß der Tote ein Nazijäger war, ein Emissär von Simon Wiesenthal in Wien. Das steht fest. Und daß Jakob Wagner wie Hitler dasteht.

„Sag mal, Maggy, könntest du dir vorstellen, daß Adolf Hitler noch lebt? Soviel ich weiß, war der 1889 geboren. Und jetzt haben wir das Jahr 1966. Wenn er noch lebte, müßte er jetzt siebenundsiebzig sein. Eigentlich doch kein Alter oder?“

„Auf was für Ideen du kommst.“

„Ging mir nur gerade so durch den Kopf.- Aber sag mal. Was meinst du?“

„Soviel ich weiß, hat der sich doch selbst erschossen, ganz zuletzt, das war 1945, und die Leiche hat man dann verbrannt.“

„Ja, so brachte es das Radio, so stand es in den Zeitungsberichten.“

„Willst du damit eventuell einen leisen Zweifel ausdrücken?“

„Gar nichts will ich. Wenn es so in den Berichten stand, dann wird es wohl so gewesen sein.“

„Na ja, wir beide, wir sind gerade die Richtigen, alles für bare Münze zu nehmen, was uns als Bericht vorgesetzt wird.“

„Wie meinst du das?“

„Ich sage nur: Ogopogo.“

Nicht nur eine schöne Frau, ausnahmsweise auch noch eine blitzgescheite. Und ich in ihrem Bett. So vertraut mit ihr. Und doch nicht ganz. Dafür sind es einfach zu viele, die mit ihr im Schneideraum sitzen. Im Schummerlicht ihres Arbeitsplatzes. Schulter an Schulter mit ihr, um besser sehen zu können, was auf dem Monitor ist. Oder man steht hinter ihr, hängt halb über ihr - und sieht in ihren Ausschnitt, sieht die beiden hellen Kuppen, zwischen denen man sich verstecken möchte, der Welt Ade sagen. Kuppen für jedermann. Wie soll man mit so einer Frau völlig vertraut werden? Mich vor ihr auszuziehen, dazu gehörte nicht viel. Auch mich nackt an sie zu pressen machte keine Schwierigkeiten. Ich konnte ihr ächzend und stöhnend, schwitzend und jubelnd meinen Samen spenden, dafür waren wir vertraut genug. Aber ihr zu sagen, was mein Geheimnis ist, wem ich auf der Spur bin, das ginge nicht. Dazu bedürfte es einer ganz anderen Art von Vertrautheit. Wenn unsere Geschlechtswerkzeuge zusammenfinden, das bedeutet noch wenig; erst wenn das eine Bewußtsein mit dem anderen Bewußtsein kann, wird es ernst.

Ich versuche es noch einmal, jetzt aber ein bißchen vorsichtiger. Nicht mehr die Frage nach seinem Tod ansprechen. Ich weiß ja, daß Hitlers Tod nie zweifelsfrei festgestellt worden ist. Aber ihre Meinung zu den Nazis, zum Dritten Reich wäre mir wichtig.

„Diese Deutschen, das waren ja keine dummen Leute. Was die alles erfunden haben.“

„Ja, zum Beispiel das Fernsehen. Und das war in der Hitlerzeit“, kommt von Maggy die kompetente Auskunft.

„Und künstliches Benzin haben sie hergestellt. Auch der Kunstdünger ist ihre Erfindung. Die mußten einfach erfinden auf Teufel komm raus, weil sie ja von allen Rohstoffquellen abgeschnitten waren.“

„Und den meistverkauften Wagen der Welt haben sie konstruiert, den Volkswagen.“

„Die Nazis haben auch die ersten Hubschrauber, die ersten Raketen und die ersten Düsenjets entwickelt. Und sie waren führend in der Atomforschung.“

„Ist das wahr?“

„Wenn ich’s dir sage.“

„Toll.“

Soweit kann ich das Thema mit Maggy besprechen. Aber dann heißt es: Bis hierher und nicht weiter. Was ich daraus für Konsequenzen ziehe, was das für meinen Zweifel am Selbstmord Hitlers bedeutet, das ist allein meine Sache. Und für mich steht fest: Wer so ein supertüchtiges Volk beherrscht hat, der muß auch in der Lage gewesen sein, einen verlorenen Krieg zu überleben.

„Aber, - was interessieren dich plötzlich diese Deutschen?“

„Ach, war doch nur so ein Gedanke. Das einzige, was mich jetzt interessiert, ist das Frühstück. Meine liebe, süße, kleine, großartige Maggy, es nützt alles nichts, ich habe Hunger.“

Und schon steht Maggy auf. „Ich gehe zuerst ins Bad und mache dann den Kaffee“, sagt sie.

Und ich kann nur staunen, zu was für Erfolgen mir meine Charmeoffensive verhilft. „Ach, eine Frage noch, Maggy“, rufe ich ihr hinterher. „Du nimmst doch hoffentlich die Pille oder?“

„Keine Sorge, mein großer Liebhaber, ich nehme die Pille.“

„Auch so eine geniale Erfindung“, versuche ich über die leichte Verstimmung hinwegzureden, die aus ihrer Antwort herausklang.

Aus dem Bad kommt es dumpf: „Aber ausnahmsweise mal keine deutsche Erfindung. Der gute Mann, der uns diesen Schutz vor euch Kerlen geschenkt hat, ist Amerikaner.“

Hitlers Double. Tatsachenroman

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