Читать книгу Hitlers Double. Tatsachenroman - Walter Laufenberg - Страница 18

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„Und warum? Warum blieben die Bonzen in Berlin, in diesem engen Führerbunker, während die Stadt von den Russen erobert wurde? Es war doch klar, daß sie nicht mehr rauskommen würden, sobald der Ring der Eroberer um die Stadt geschlossen war. Dann saßen sie in der Falle. Warum das?“

„Das fragst du mich? Wie soll ich das wissen? Du mußt dir das mal vorstellen, Bill. Die kleine Schreibkraft, der niemand was erklärte. Die nur auf die Gerüchte angewiesen war, die stündlich wechselten. Von einer Götterdämmerung wurde auf einmal geflüstert. So was wollten Hitler, Doktor Goebbels und Bormann inszenieren. Ich konnte mir darunter nichts vorstellen.“

Schon eine witzige Situation. Mit der ehemaligen Schreibkraft aus der Berliner Reichskanzlei in deren Haus zusammenzusitzen. Tausende Meilen entfernt in Evergreen in den Rocky Mountains. Wir saßen in den beiden kleinen gelben Sesseln vor dem Kamin. Der aus unregelmäßig geformten Felssteinen geschichtete Kamin blieb kalt. Das künstliche Feuerchen flackerte wie immer vor sich hin, wenn der Stecker in der Steckdose war. Die wohlige Wärme im Raum kam von der Fußbodenheizung. Es war Anfang März und draußen weiß und bitterkalt, da brauchte man nicht nur die Flackergemütlichkeit, sondern auch die Wohnzimmertemperatur.

„Und sind denn nun noch Leute aus dem Bunker und aus der Stadt rausgekommen oder nicht?“

„Angeblich wurden immer neue Verstärkungen herangezogen, um die Stadt zu verteidigen, vor allem das Regierungsviertel, das sie den Befehlsbereich Zitadelle nannten. Große Namen hatten sie ja immer für alles. Aber davon wurde das Leben im Bunker auch nicht erträglicher. Weil unser Schreibbüro direkt neben den Vorratsräumen lag, kriegten wir mit, wie die Vorräte aufgefüllt wurden. Da wurden ungeheure Massen an Lebensmitteln herangeschleppt, das sah ganz nach monatelangem Eingesperrtbleiben aus. Dabei gehörten schon etliche Stadtteile wie Pankow und Köpenick, Adlershof und Karlshorst gar nicht mehr zu Deutschland. Die waren schon russisch. Die Leute dort haben es hinter sich, haben wir voller Neid gedacht. Zu sagen hat das aber keiner gewagt. Daß die es in Wirklichkeit nicht hinter sich hatten, das haben wir ja erst später erfahren. Für die ging mit der Eroberung das Unheil erst richtig los. Plünderungen und Vergewaltigungen überall und dann die kommunistischen Phantastereien, die Umerziehung, die Demontagen.“

„Aber das war erst später. Wie verliefen die letzten Tage im Führerbunker? Ich möchte das ganz genau wissen. - Entschuldige, Helga, jetzt habe ich mir eingeschenkt und dir nicht. Ich bin so bei der Sache, daß ich unaufmerksam werde. Übrigens ein guter Wein, euer Kalifornier. Ein Chardonnay, den werde ich mir merken. Ich liebe dieses leichte Vanillearoma. Und schön eiskalt ist er. Das schmeckt mir.“

Die hochstieligen Gläser, mit denen man so vorsichtig hantieren mußte. Ich hätte viel lieber Bier getrunken, und zwar aus den steins, aus einem der schönen Gefäße, die sie gesammelt hatte. Lauter deutsche Bierhumpen, meistens aus Bayern. Eine ganz schön wertvolle Sammlung, schätzte ich. Aber Bier wollte sie in dem Zustand nicht trinken. Nichts für Schwangere, meinte sie immer nur.

„Also, - die Bonzen hauten nicht ab. Die empfingen sogar immer noch Besuch. Der Rüstungsminister Albert Speer ist trotz der dauernden Bombardierungen und Beschießungen mit einem Fieseler-Storch auf der Ost-West-Achse gelandet. Das war so ein kleines einmotoriges Flugzeug, das nur eine kurze Landebahn und Startbahn brauchte, von dem Kunstflieger ...“

„Kenne ich. Weiter.“

„Der Speer ist nur gekommen, hieß es nachher, um dem Führer seinen Ungehorsam zu melden. Er hatte einen Befehl nicht ausgeführt, den Nerobefehl, eine Anweisung zum Zerstören, glaube ich, und hatte diesen Ungehorsam nun dem Führer gebeichtet. Und der soll das überraschend ruhig hingenommen haben. Das war nun wirklich nicht Hitlers Art. Noch am Tag zuvor, an dem Sonntag, war Hitler total ausgeflippt. Aber nur gegenüber seinen Vertrauten. Die soll er furchtbar zur Schnecke gemacht haben. ’So kann ich den Krieg nicht gewinnen‘, soll er geschrieen haben und daß er Selbstmord begehen will. Und jetzt, einen Tag später, völlig ruhig. Da konnten wir wieder hoffen, daß der Führer doch noch einen Trumpf in der Hand hält. Jedenfalls ist Speer noch am selben Abend wieder abgeflogen. Und auch Ribbentrop verschwand an diesem Abend. Angeblich zu seiner Geliebten in Hamburg. Das war alles am Montag. Das war der 23. April. Die Daten haben sich mir so gut eingeprägt, weil ich sie ja dauernd auf die Briefe und Fernschreiben setzen mußte, auf die Befehle, Protokolle und Aktennotizen.“

„Gut. - Und wie ging es dann weiter?“

„An diesem Montag soll es auch schon Streit um die Nachfolge des Führers gegeben haben. Da war ein Telegramm vom Obersalzberg gekommen. Von Reichsmarschall Göring. Der hat den Führer gefragt, ob er die Sache in die Hand nehmen soll, weil er ja draußen war. Dann ging es noch um zwei Fernschreiben von Göring an Ribbentrop und an das Oberkommando der Wehrmacht. Die waren im Führerbunker abgefangen worden. Und die müssen wohl Verrat bedeutet haben. Da waren die Puppen am Tanzen.“

„Wieso?“

„Na ja, große Aufregung. Und am nächsten Tag, am Dienstag, hörten wir: Göring ist abgesetzt und verhaftet. Der war ja sowieso Morphinist. Mehr schöne Uniform als sonstwas. Der Führer setzte jetzt auf Großadmiral Dönitz. Der nächste Tag, der Mittwoch, begann mit einer gewaltigen Kanonade am frühen Morgen. Da wurde die Neue Reichskanzlei vollends zur Ruine. Und unser Bunker, der zitterte genauso wie wir alle. Dann kam die Meldung durch, daß die Amerikaner und die Russen bei Torgau an der Elbe aufeinandergestoßen sind und daß es dort zwischen ihnen zum Krach gekommen ist. Das war noch einmal ein Hoffnungsstrahl.“

„Habt ihr geglaubt, die gehen jetzt im Krach auseinander und ihr habt eure Ruhe?“

„Natürlich haben wir das geglaubt. Hitler soll wie elektrisiert gewesen sein von diesem Gedanken. Der hat das doch nie gewollt, daß er gegen die ganze Welt kämpfen muß. Daran waren nur die Engländer schuld, hieß es immer. Die haben uns reingelegt. Dabei hatten wir stellvertretend für den Westen den Kampf aufgenommen gegen den Bolschewismus.“

„Das war Hitlers Meinung?“

„Ja, so sah er das.“

„Das war verdammt weitsichtig. - Aber weiter. Jetzt hattet ihr im Bunker also wieder neue Hoffnung geschöpft. Und dann?“

„Dann hörten wir, daß russische Panzer über Zehlendorf bis nach Neukölln vorgedrungen waren. Die Innenstadtverteidigung, von der immer groß geredet wurde, erwies sich als ein bloßer Wunschtraum. Da war so gut wie nichts vorhanden. Artur Axmann, der Reichsjugendführer, befahl fünfhundert Hitlerjungen, also sechzehn- bis siebzehnjährigen Kindern, die Spandauer Havelbrücken gegen die vorrückende russische Panzerarmee zu verteidigen. Wie die Pimpfe das wohl schaffen sollten ohne Ausbildung und ohne schwere Waffen, nur mit Panzerfäusten in den Kinderhänden. Wenn so ein Ding losging, warf es den Jungen doch glatt um. Die armen Jungs, die waren bloßes Kanonenfutter. Am Abend dann große Aufregung, als die berühmte Flugpionierin Hanna Reitsch den Nachfolger Görings in Berlin einflog, den Generaloberst Ritter von Greim. Das muß ein Meisterstück gewesen sein. Aber der General wurde beim Beschuß der landenden Maschine schwer verwundet und kam sofort auf die Krankenstation des Bunkers. Da nützte er keinem. Drei Tage später hat die Reitsch ihn in einem zweiten tollkühnen Einsatz wieder ausgeflogen. Dabei lag der Bereich Zitadelle, in dem wir hausten, jetzt unter beinahe pausenlosem Trommelfeuer.“

„Und dann?“

„Und dann, und dann. Ich kann dir heute Abend nicht den ganzen Zweiten Weltkrieg erzählen. Ich bin hundemüde, Bill. Und du weißt, ich brauche jetzt besonders viel Schlaf.“

„Aber jetzt sind es doch nur noch vier Tage.“

„Vier Tage? - Vier Wochen meinst du. Ja, dann habe ich es hoffentlich schon hinter mir. Nächste Woche fliege ich rüber nach Berlin. Paul will bei der Geburt unbedingt dabei sein. Und ich finde das auch prima so. Du weißt ja inzwischen so gut Bescheid, zum Glück, daß du den Laden allein führen kannst. Ich kann den Pub doch nicht zwei Monate zumachen. Dann kommt hinterher kein Mensch mehr.“

„Ja, klar, Helga, das mit dem Pub geht in Ordnung. Aber mit den vier Tagen, - da meinte ich: im Führerbunker. Jetzt kommt doch der Höhepunkt. Den kannst du mir doch nicht vorenthalten.“

„Morgen, Bill, morgen Abend“, sagte Helga und stand recht schwerfällig auf. „Wenn du dann neuen Wein aus dem Keller raufgeholt hast.“

„Gute Nacht, Helga. Wird gemacht.“

„Gute Nacht, Bill.“

Hitlers Double. Tatsachenroman

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