Читать книгу Dialoge, Monologe, Interviews - Walter Rupp - Страница 7
ALBERT EINSTEIN
ОглавлениеPOSTMODERNER: Herr Einstein, man sagt von Ihnen, Sie hätten auch ein hervorragender Geiger werden können. Warum sind Sie es nicht geworden?
EINSTEIN: Das ist sehr einfach. Dann hätte ich vielleicht auf Konzertreisen die Zuhörer mit meinem Spiel erfreut, aber nicht die Zeit gehabt, die Relativitätstheorie zu begründen.
POSTMODERNER: An der Physik lag Ihnen mehr als an der Musik?
EINSTEIN: Manchmal muss man sich entscheiden, etwas, was man liebt aufzugeben, um wenigstens etwas zu erreichen.
POSTMODERNER: Leider haben nur wenige meine Theorie verstanden.
EINSTEIN: Das gilt für alle Entdeckungen. Ein Wissenschaftler sollte mit seinen Entdeckungen nicht warten, bis ihn auch die Minderbegabten verstehen.
POSTMODERNER: Aber könnte man die Relativitätstheorie nicht so erklären, dass jeder sie versteht?
EINSTEIN: Nun, für Begabungen bin ich nicht zuständig. Da sollte man mich nicht verantwortlich machen.
POSTMODERNER: Sollen sich die Leute damit abfinden, dass ihr Gehirn zu klein geraten ist?
EINSTEIN: Es muss nicht jeder wissen, was ein Wissenschaftler weiß. Es auch ein Wissenschaftler oft nicht, was ein anderer Wissenschaftler weiß.
POSTMODERNER: Aber die Leute werden sich mit ihrem Nichtwissen nie zufrieden geben.
EINSTEIN: Wenn ich die Sache einfach ausdrücken soll, heißt Relativität: die Zeit ist kein festes Maß wie beispielsweise ein Meterstab oder eine Waage; ein Maß, das für alle Bedingungen gilt.
POSTMODERNER: Ach so. Aber das wusste man schon immer, dass eine Stunde dem einen wie ein kurzer Augenblick, und einem anderen wie eine Ewigkeit vorkommt.
EINSTEIN: Ich sehe, auch Sie haben nichts verstanden. Es geht nicht um einen subjektiven Eindruck.
POSTMODERNER: sondern…
EINSTEIN: Der Ablauf der Zeit ist nicht überall im Weltall gleich, sondern unter anderen Bedingungen länger oder kürzer. In anderen Räumen gelten andere Zeiten.
POSTMODERNER: Dann ist die Sache also doch nicht einfach.
EINSTEIN: Auch das ist relativ: je nach dem Intelligenzquotienten, der einem mitgegeben wurde. Was der eine für einfach hält, mag einem anderen kompliziert erscheinen.
POSTMODERNER: Könnten Sie versuchen, es einfach zu erklären?
EINSTEIN: Ich will es versuchen. Stellen Sie sich einen Astronauten vor, der eine Reise in den Weltraum unternimmt und nach einiger Zeit zurückkehrt. Es könnte sein, dass für ihn nur sieben Jahre vergangen sind, für die Erdbewohner aber fünfzig.
POSTMODERNER: Um Himmels willen, wie ist das möglich?
EINSTEIN: Diesen Nachweis habe ich mit meiner Relativitätstheorie erbracht.
POSTMODERNER: Das ist ja schrecklich. Das bedeutet, dass Astronauten bei ihrer Rückkehr auf einmal jünger sind als ihre Kinder.
EINSTEIN: Oder so alt wie ihre Enkelkinder. Das muss man aus meiner Theorie schlussfolgern.
POSTMODERNER: Wenn das nicht schrecklich ist, dass Großväter jünger sein können als ihre Enkel.
EINSTEIN: Was ist daran schrecklich? Wie Vater, Sohn und Enkel damit zurechtkommen, ist kein physikalisches, sondern ein psychologisches Problem. Weltraumfahrer könnten sogar nach ihrer Rückkehr erleben, dass ihre Generation, mit der sie aufgewachsen sind, nicht mehr lebt.
POSTMODERNER: Die Sache wird ja immer unverständlicher. Das bedeutet ja, dass Weltraumfahrer damit rechnen müssen, dass sie in ein ganz neues Zeitalter zurückkehren.
EINSTEIN: So ist es: Ich habe nur bewiesen, dass das, was wir nicht für möglich halten, nicht unmöglich ist.