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Die Orden und die Ordensstifter

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Orden sind gezähmte Sekten. Und Sekten? - Wildgewordene Orden. Beide sammeln Jünger: Der Sektenführer sammelt sie für sich. Der Ordensgründer sammelt sie für einen anderen.

Die Benediktiner haben am Schifflein Petri einen Anker angebracht. Sie erkannten, dass die Ruderer nicht so schnell ermüden, wenn sie von Zeit zu Zeit Kraft schöpfen.

Die Dominikaner rüsteten dieses Schifflein mit wichtigen Instrumenten aus: mit Seekarten, Fernrohr und Kompass, damit es Sandbänke, Strömungen und Klippen besser umschiffen kann.

Die Franziskaner warfen alles Überflüssige von Bord. Sie haben das Schifflein Petri von allem Ballast befreit und wieder beweglicher gemacht.

Die Jesuiten zogen die Segel auf, damit dieses Schiff nicht nur immer in Küstennähe manövriert und die Fahrt übers offene Meer wagen kann.

Ein fünfter Orden wird das Schifflein Petri auf eine neue Eiszeit vorbereiten müssen: wie es in arktischen Gewässern Erfrierende vor dem Kältetod bewahren kann.

Die Hierarchie der Kirche konnte sich Jahrhunderte hindurch von einem Misstrauen gegenüber neuen Ordensgründungen nicht befreien. Sie hielt neue Konzeptionen für überflüssig und versuchte, neue Ideen miteinander zu verschmelzen. Sie war bis ins 16. Jahrhundert hinein der Überzeugung, die für alle Zeiten gültigen Satzungen und Regeln seien gefunden.

Die Sorge, Schwarmgeister könnten, wenn sie sich zusammenschliessen, unter den Gläubigen Unruhe stiften, veranlasste das IV. Laterankonzil 1215 im Kanon 13 zu beschliessen:

"Damit nicht allzu große Verschiedenheit der Orden eine ernstliche Verwirrung in der Kirche Gottes veranlasse, verordnen wir, dass künftig niemand mehr einen neuen Orden ersinnen darf. Wer Mönch werden oder ein neues Kloster gründen will, muss in einen bereits approbierten Orden eintreten oder eine schon genehmigte Regel annehmen."

Das Konzil von Lyon erneuerte 1274 diesen Beschluss des IV. Lateranums, dass keine neuen Orden mehr gegründet werden dürfen. Die Bewegung von unten war jedoch so drängend, dass Neugründungen nicht verhindert werden konnten. Die Kirche kam nicht einmal dazu, ihr Verbot zu streichen. Sie wurde von der Entwicklung, die ein Beweis für das Wirken des Geistes Gottes in der Kirche ist, förmlich überrannt.

Was für die Technik gilt, dass Erfindungen gemacht werden, wenn die Zeit dafür reif geworden ist, gilt auch für die Kirche. Die grossen Ordensstifter traten auf, als weithin Ratlosigkeit herrschte und niemand weiterwusste. Dann zeigten sie mit einem einfachen und genialen Einfall den neuen Weg.

Benedikt hat mit dem ‘Ora et labora‘ gammelnde Wüstenväter sesshaft gemacht und sie gelehrt, die Zeit fürs Gebet abzukürzen, um Zeit fürs Arbeiten zu haben. ‘Ora et labora‘ bedeutet nicht nur: "Bete, damit dir nicht die Kraft zum Tun ausgeht", sondern auch: "Bete nicht nur, arbeite auch!"

Dominikus hat den ‘hippokratischen Eid‘ der Prediger und Katecheten formuliert: ‘Contemplata aliis tradere!‘ Mache niemals die eigenen Ideen zum Inhalt der Verkündigung, sondern allein das, was du vor Gott bedacht und mit Gott im Gebet besprochen hast!

Franziskus hat die Wirksamkeit der ‘stummen‘ Predigt entdeckt und den Einwand widerlegt, es sei unmöglich, die Forderungen der Bergpredigt zu leben.

Ignatius von Loyola hat mit dem Leitspruch ‘Contemplatius in actione‘ (‘Gott in allen Dingen finden‘) ein für allemal klargestellt, dass Beschauung und Tätigkeit, Gott und Welt keine Widersprüche sind.


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