Читать книгу Jesuiten-Spiegel - Walter Rupp - Страница 8

Der erste General des Ordens

Оглавление

Auch wenn Ignatius sich nicht bekehrt hätte, wäre er General geworden. Er hätte dann ein gut bewaffnete Armee geführt, aber mit ihr sehr viel weniger Eroberungen machen können.

Ignatius wurde gegen seinen Willen zum Ordensgeneral gewählt. Er hatte sich mit vielen Einwänden gewehrt: "Er habe mehr Bereitschaft, regiert zu werden als zu regieren ... Er sei nicht imstande, über sich zu herrschen, geschweige über andere ... Er besitze üble Gewohnheiten ... Sein Gesundheitszustand sei schlecht."

Als Ordensgeneral schickte er seine Leute in die entferntesten Teile der Welt. Er selbst verließ Rom nie und aß und schlief in seinem Arbeitszimmer. Er diktierte an wichtige Persönlichkeiten und an die versprengten Mitglieder seiner Gesellschaft täglich bis zu dreißig Briefe, die er bis zu zwanzigmal abschreiben ließ, weil er der Ansicht war: "Das geschriebene bleibt und gibt immer Zeugnis. Man kann es nicht so leicht verbessern oder kommentieren wie das gesprochene Wort, und es kann jederzeit als Zeugnis gegen sich selbst verwendet werden."

Von "langen Gebeten" hielt er nicht viel. "Einem wahrhaft abgetöteten Menschen", so meinte er, "genüge eine Viertelstunde, um sich mit Gott im Gebet zu vereinigen". Er konnte von sich sagen: "Ich finde die Andacht in allem und wo immer ich will." Nadal, sein Sekretär, berichtet über ihn: "Er fand den Aufschwung aus was immer für einer Sache, so etwa im Garten beim Anblick eines Orangenblattes, durch das er zu tiefsinnigen Erwägungen und Erhebungen angeregt wurde."

Er fürchtete nichts so sehr wie die ‘Illusionen‘, von denen die "langen Gebete" oft begleitet werden. So schrieb er dem Herzog von Gandia, Francisco de Borja: "Was die regelmässige Zeit für geistliche Übungen betrifft, so meine ich, Sie sollten die Hälfte davon fahren lassen ... Ich halte es für besser, wenn Sie die Hälfte der Gebetszeit für das Studium, auf die Staatsgeschäfte oder für geistliche Gespräche verwenden." Und einer Gruppe spanischer Jesuiten, die für längere Gebetszeiten kämpften, ließ er mitteilen: "Abgesehen vom pflichtmäßigen Breviergebet soll auf Gebet oder Betrachtung und auf die Gewissensprüfung nicht mehr als eine Stunde verwendet werden, damit mehr Zeit und Aufmerksamkeit für andere Dinge im Dienste Gottes übrigbleibt. Man kann sich ja mitten in der Arbeit Gott gegenwärtig halten und so beständig beten, indem man alles auf den größeren Dienst und die größere Verherrlichung Gottes hinlenkt."

Um das Wohl seiner Mitbrüder war er sehr besorgt. Am liebsten hätte er "in Erfahrung gebracht, von wie vielen Flöhen die fünfzig Novizen unter seinem Dach Nacht für Nacht gebissen werden"."Obwohl er wenig aß" - so schildert ihn ein Hausgenosse -, "war er doch niemals vor den Gefährten fertig. Er hatte die Gewohnheit, ein kleines Stück Brot zu nehmen und es sehr langsam in so kleinen Stücken zu essen und auch die Unterhaltung bei Tisch zu nutzen, dass er schließlich mit allen zusammen fertig war und die ganze Zeit gegessen zu haben schien."

Der Ordensgeneral war ein Mann der Disziplin. Er arbeitete fortwährend an der Beherrschung seiner Gefühle, seiner Gesten, seines äußeren Auftretens, seiner Redeweise und seiner Kenntnisse. Er führte über seine Gedanken und Wahrnehmungen ein genaues Protokoll. Oft dauerte es einen Monat, bis er zu einem Entschluss gelangt war.

"Man musste bei ihm, um etwas zu erreichen" - das stellten seine Untergebenen fest -, "nicht vorher den Puls fühlen oder nach dem Nordstern ausschauen oder sich leiten lassen von einer Seekarte, wie das bei den meisten zu sein pflegt, die eine Regierung ausüben. Er selbst war immer in sich gegründet und ragte zugleich über sich hinaus." Als er die Nachricht erhielt, Caraffa, der kein Freund der Gesellschaft Jesu war, sei zum Papst gewählt worden, sah er ganz erregt aus, und es zitterten ihm alle Knochen im Leib. Aber nach kurzer Zeit des Gebetes war er so fröhlich und zufrieden als sei die Wahl ganz nach seinem Wunsch ausgefallen.

Eine seiner herausragenden Eigenschaften war die Klugheit: War es ihm nicht möglich, etwas zuzuge-stehen, hielt er sich heraus, damit die Freundschaft gewahrt blieb. "Alles, was er über einen anderen wissen will und unschwer kann, erzählt Goncalves da Camara in seinen Erinnerungen, "weiß er durch einen Dritten. Und so gibt er die Ermahnung, die er geben will, auch durch einen Dritten, so dass er nicht in Gefahr läuft, dass der Getadelte die Liebe zu ihm verliert." Wurden schwierige Probleme an ihn herangetragen, pflegte er zu sagen: "Schlafen wir darüber", was bei ihm bedeutete, dass er darüber beten werde.

Klugheit ist bei ihm die Kunst, die Geister zu unterscheiden; zu erkennen, was von Gott gewollt oder nicht gewollt ist. „Alle Gedanken, die in unserem Herzen auftauchen, müssen, so empfiehlt er - "in einer scharfsinnigen Unterscheidung ihrer Ursachen geprüft werden, indem man ihren Ursprüngen und Urhebern von Anfang an nachgeht, damit wir nach dem Gebot des Herrn kundige Wechsler werden."

Bei der Aufnahme von Kandidaten war Ignatius für strenge Auswahl. Oft klagte er darüber, "dass man nicht genug Leute entlässt". Er selbst entließ von 1552 bis 1556 über zweihundert Personen aus seinem jungen Orden, weil sie seinen Anforderungen nicht genügten. Am Ende seines Lebens sagte er: "Wenn es etwas gäbe, was mir ein längeres Leben für wünschenswert erscheinen liesse, so wäre es die Aufgabe, die Zulassung zur Gesellschaft möglichst zu erschweren." Aber er legte großen Wert darauf, dass man in Frieden auseinandergehe. In den Konstitutionen schreibt er vor: Der Entlassende "soll sich bemühen, den Entlassenen in grosser Güte und so getröstet wie möglich fortzuschicken ... Er soll ihn anzuleiten suchen, dass er einen anderen guten Weg wähle." Dem einen oder anderen gestattete er sogar den Wiedereintritt.

Drei Gnaden, die der Ordensgeneral erbeten hatte, wurden ihm vor seinem Tod gewährt: Er konnte die Konstitutionen fertigstellen und für seine "Geistlichen Übungen" und für die Gesellschaft Jesu die kirchliche Bestätigung erhalten. Als es zum Sterben kam, bat er seinen Sekretär Polanco, den Papst zu verständigen, und sagte: "Ich bin am Ende, ich habe keine Hoffnung mehr, oder fast keine mehr auf ein Weiterleben. Ich bitte darum demütig Seine Heiligkeit um den Segen für mich." Auf den Einwand seines Sekretärs, ob es denn wirklich so schlecht um ihn stehe, antwortete er:

"Es wäre mir heute angenehmer als morgen, je schneller, desto besser - doch macht, wie es Euch gutdünkt, ich überlasse mich Euch gänzlich." Da der Sekretär die Sache für nicht so dringlich ansah, starb der Ordensgeneral ohne den Segen des Papstes. An seinem Grab brachte man die Inschrift an:

Nicht begrenzt werden vom Grössten und dennoch einbeschlossen sein vom Geringsten, das ist göttlich.

Der unbekannte Verfasser dieses Textes hat eine Eigenart des Ignatius erkannt: seine Fähigkeit, Gegensätze zu vereinen: Nüchternheit und Eifer, Weltferne und Weltnähe. Er hat es verstanden, in genialer Weise einen vorherrschenden Charakterzug dieses Mannes auszudrücken: sein Verlangen nach dem ‘Magis‘, sich immer nur mit dem je Besseren zufrieden zu geben und dabei sein Ich, das er nie wichtig nahm, von dem er wünschte, es möge ganz der Vergessenheit anheimfallen, ganz in den Dienst der Sache zu stellen.

Ignatius war zeitlebens nie bereit, sich malen zu lassen. Den vorhandenen Porträts kann man deshalb nur ungefähr entnehmen, wie er ausgesehen hat. Der heimliche Versuch, den der Maler Morga unternommen hatte, war gescheitert. Auch dem Maler Jacopin dei Conte gelang es nicht recht, den im Sterben liegenden Ordensgeneral im Bild festzuhalten. So fertigte der Hofmaler Sanchez Coello nach einem Wachsabguss von der Totenmaske ein Porträt an, das als das authentischste angesehen wird.

Der größte Jesuit, den es je gab, Ignatius von Loyola, war nur 1,58 Meter groß. Alle späteren Jesuiten wurden größer, aber keiner hat ihn. überragt. –

Jesuiten-Spiegel

Подняться наверх