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ALBERT POLLAK 1833–1921 Salzburgs erster Jude

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Das Porträt Albert Pollaks mit dem grünen Wams und dem Gamsbart auf dem Hut lässt vermuten, dass es sich um einen Jäger aus einem der Salzburger Gebirgsgaue handelt. Wenn da nicht der gelbe Judenstern auf der Joppe zu sehen wäre. Tatsächlich handelt es sich bei dem Abgebildeten um den ersten Juden im Bundesland Salzburg. Denn im Jahr 1498 waren unter dem Fürsterzbischof Leonhard von Keutschach im Erzstift Salzburg alle Juden mit einem Aufenthaltsverbot belegt worden. Als Salzburg nach mehrfachem Besitzwechsel 1816 endgültig zu Österreich kommt, bleiben die bayerischen Judengesetze jedoch weiterhin in Kraft. Juden dürfen Salzburg nur unter Aufsicht eines Polizisten betreten und müssen die Landeshauptstadt spätestens nach einer Stunde verlassen. Erst mit dem Staatsgrundgesetz von 1867 werden alle konfessionell begründeten Aufenthaltsverbote beseitigt.

Pollak entstammt einer jüdischen Familie in Mattersburg, das damals Mattersdorf heißt und zum Königreich Ungarn gehört. Im Zuge seines Militärdienstes beim k.u.k. Infanterieregiment Erzherzog Rainer ist er zehn Jahre in Salzburg stationiert. Es gelingt ihm 1862, die Gewerbeberechtigung für Gold- und Silberwaren sowie Preziosen aller Art zu erlangen, und etabliert sich sehr rasch als gefragter Antiquitätenhändler. Salzburgs Bürgermeister Heinrich Ritter von Mertens soll ihm jedoch erklärt haben, dass er der „erste und letzte Jude sein werde“, der sich in Salzburg niederlasse, und legt ihm nahe, die Stadt zu verlassen (ein dokumentarischer Beleg für diese Aussage fehlt jedoch). Die Aufnahme in den Gemeindeverband der Stadt wird ihm verwehrt.

Im ländlichen Raum des erst seit einem halben Jahrhundert zum Habsburgerreich gehörenden Bundeslandes Salzburg herrscht noch immer eine konservativ-christliche Judenfeindschaft. Die Juden gelten als verdächtige Modernisierer und Sittenverderber. Pollak lässt sich aber nicht beirren, und nach dem Staatsgrundgesetz von 1867, das eine liberale Phase einläutet, holt er Verwandte aus seiner früheren Heimat nach. Diese kommen alle aus dem burgenländisch-westungarischen Grenzsaum der Monarchie. In der Amtszeit des Bürgermeisters Dr. Ignaz Harrer wird er mit 13 zu 8 Stimmen im Gemeinderat als Bürger der Stadt akzeptiert und k.u.k. Hoflieferant, auch für die Königshäuser Belgiens und der Niederlande. So beschafft er für den Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand die Einrichtung für das Schloss Blühnbach. Im Jahr 1873 heiratet Pollak die aus Wiener Neustadt stammende Karoline Breuer. Aus der Ehe gehen acht Kinder hervor.

Die Familie wohnt zunächst am Makartplatz im Überacker-Palais. Die 20 Zimmer umfassende Wohnung dient nicht nur für die Unterbringung der Familie, sondern ist gleichzeitig Museum und Verkaufsraum. Als Graf Überacker die Wohnung aufkündigt, weil er keine Juden mehr im Haus haben will, zieht die Familie in eines der Faberhäuser in die Westbahnstraße (heute: Schwarzstraße). Die „Faberhäuser“ und die „Hellerhäuser“ werden nach ihren Wiener Bauherren und deren wohlhabenden Mietern so benannt und gelten damals als „Judenhäuser“. Im stark antisemitischen Salzburg bevorzugen die jüdischen Familien das Andräviertel in der Neustadt. Das Haus Schwarzstraße verkauft Pollak später an das jüdische Ehepaar Kölbl.

Die Pollaks leben gutbürgerlich, mit Dienstboten und französischen Gouvernanten für die Kinder. Albert Pollak ist begeisterter Jäger und unterscheidet sich in nichts von den nichtjüdischen Großbürgern der Provinzstadt. Die Pollaks sind auch mit der Familie Trakl befreundet, die Kinder spielen mit dem späteren Dichter Georg Trakl. Der Sohn Ignaz heiratet in zweiter Ehe die Salzburgerin Witti Junger. Wie völlig integriert die Familie in der Salzburger Gesellschaft ist, beweist die Tatsache, dass die Taufpatin von deren ältester Tochter Marie Antoinette die Autorin Friderike Maria Zweig ist, die erste Frau Stefan Zweigs.

Albert Pollak legt die Basis für den Zuzug weiterer Familienmitglieder aus dem zu Ungarn gehörenden Mattersdorf und damit zum Anwachsen der jüdischen Gemeinde in Salzburg. Rund 50 jüdische Familien erhalten so das Heimatrecht der Stadt Salzburg. Von der Sozialstruktur gehören diese vorwiegend der Berufsgruppe der Trödler an. Nur Ignaz Glaser übernimmt 1881 die Konkursmasse der Bürmooser Glasfabrik, wodurch der Flachgauer Ort wirtschaftlich aufblüht. So wird Albert Pollak der Begründer der jüdischen Gemeinde in Salzburg. 1893 erhalten die Juden einen eigenen Friedhof und 1901 eine Synagoge in der Lasserstraße. In der k. u. k. Habsburgermonarchie erhält Pollak sogar den Titel „Kaiserlicher Rat“ verliehen.

Der politische Antisemitismus erreicht, von Wien ausgehend, in zwei Wellen das Bundesland Salzburg. Zunächst verfestigt er sich im großbäuerlichen Bereich. Im Jahr 1886 durchdringt er auch die kleinbürgerlichen Schichten der Bevölkerung. Beide Wellen entspringen der antisemitischen Bewegung des niederösterreichischen Reichsratsabgeordneten Georg Ritter von Schönerer. Dieser erhält in Salzburg vor allem Unterstützung durch den Juristen Dr. Julius Sylvester und den Verein der „Salzburger Studenten in Wien“.

Albert Pollak stirbt 87-jährig am 5. Jänner 1921. Im Trauerzug bei der Beisetzung befinden sich Landeshauptmann Oskar Meyer und seine beiden Stellvertreter Dr. Franz Rehrl und Max Ott. Der Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer hat festgestellt, dass die jüdische Gemeinde am Beginn des 20. Jahrhunderts in Salzburg zwar eine Minderheit darstellt, aber aus wirtschafts- und kulturpolitischer Hinsicht durch die Gründung von Kaufhäusern am Ludwig-Viktorplatz (heute: Alter Markt), Residenzplatz, Universitätsplatz, in der Getreidegasse und Sigmund-Haffner-Gasse wesentlich zum Aufblühen der Provinzstadt beigetragen hat. Die Zeit ist schon überschattet von einem radikalisierten Antisemitismus, denn in der Zeitung „Der eiserne Besen“ werden Juden bereits als „Ungeziefer“ bezeichnet, das „ausgerottet“ werden müsse.

Als Hitler 1938 Österreich annektiert, können die meisten Kinder und Enkelkinder Pollaks dem Holocaust noch rechtzeitig entkommen, indem sie nach Argentinien, Brasilien oder in die USA emigrieren. Seine Tochter Irma Herz kommt allerdings im KZ Theresienstadt ums Leben, seine Enkeltochter Mimi Herz überlebt Auschwitz und andere Konzentrationslager. Der Arzt Bela Alexander Herz, Sohn der ältesten Tochter Irma, der als Direktor des Versorgungshauses Lainz tätig ist, nimmt sich am 12. März 1938, am Tag von Hitlers Einmarsch in Österreich, das Leben, weil er angesichts des antisemitischen Terrors keinen Ausweg sieht. Albert Pollaks Frau Karoline stirbt 1942 in Wien. Als einziges der Pollak-Kinder kehrt der im belgischen Exil überlebende Theophil nach Österreich zurück, wo er 1977 stirbt.

Die Geschichte der Salzburger Juden ist vor allem vom langjährigen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Marko Feingold, und von den Salzburger Historiker*innen Hanns Haas, Gert Kerschbaumer, Monika Koller, Daniela Ellmauer, Helga Embacher und Albert Lichtblau aufgearbeitet und dokumentiert worden.

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