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Herz Jesu Fehrbelliner Berlin 1989

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Freitagabend war es, dunkel längst im November, als ich vor einem plötzlichen Regenguß Zuflucht suchte. Ich sah mich um, im matten Licht glänzten milchig die Fenster der Herz Jesu Kirche, schwach hörte ich Orgelklänge und Gesang, und als ich eintrat, mich leise dem Altar näherte, war ich einbezogen in die Messe. Der Pfarrer bemerkte mich gleich und seine Blicke blieben wohlwollend, auch als ich mich nicht bekreuzigte, nicht betend niederkniete, und es mochte sein, daß er meinetwegen Worte von der Güte und Gerechtigkeit des Herrn gegen jedermann in seine Predigt fügte. Was er noch sagte, drang nicht in mich ein. Zu beziehungslos schien es mir zu den Ereignissen, die das Land erschütterten. Als die Gebete gebetet, die Lieder gesungen waren und ich den Pfarrer den goldenen Kelch hoch emporheben sah und wie er den alten Frauen und Männern, die zur Heiligen Kommunion gekommen waren, vom Leibe Jesu gab, war er mir fremd und fern. Längst hatte er mir seine Anteilnahme entzogen und wie von weither nur berührte mich jetzt die Messe. Bald schon verebbten die Orgelklänge unter dem hohen, steinernen Gewölbe, und ehe noch der Kirchendiener die Kerzen gelöscht und den Kelch fortgetragen hatte, war die kleine Schar der Gläubigen gegangen.

Ich aber blieb. Gebannt vom Anblick einer jungen Frau, die noch immer inbrünstig betete, blieb ich halb verborgen von einem Pfeiler in der Kirche zurück. Sie war eine schöne Frau mit blondem, hochgestecktem Haar über wohlgeformter Stirn, ihr Mund war wohlgeformt, und ihre Augen, die jetzt sehr dunkel wirkten, blickten nach innen. Lange hielt sie die Augen mit den Händen verdeckt und senkte dabei den Kopf. Jetzt aber kniete sie aufrecht und mit erhobenem Kopf, die gefalteten Hände vor die Brust gepreßt. Und weil die Zeiten waren, wie sie waren, sah ich unter den Tausenden, die seit dem Sommer außer Landes geflohen waren, einen ihr nahestehenden Menschen, die Tochter, den Sohn, den Mann, glaubte zu ahnen, daß sie sich selbst mit dem Aufbruch ins Ungewisse trug.

Weit hinter uns waren die Schritte des Kirchendieners zu hören und daß eine Tür ins Schloß fiel, und weil ich fürchtete, sie würde aufblicken und mich sehen, ging ich schnell davon. Sie abzupassen und zu befragen, verbot sich, und doch ist mir, als wüßte ich, was sie so insbrünstig beten ließ.

Die Zeit berühren

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