Читать книгу Die O´Leary Saga: Engelsklinge - Werner Diefenthal - Страница 19
ОглавлениеPolly erwachte aus ihrem Rausch. Sie konnte immer noch nicht glauben, was geschehen war. Erst verprügelte sie ein Polizist, dann erhielt sie fünf Shilling! Und eine Flasche vom Feinsten! Das musste gefeiert werden. Aber erst musste sie den Whisky loswerden. Danach würde sie noch ein paar Freier bedienen. Vielleicht kam ja der feine Pinkel noch einmal. Fünf Pfund hatte er ihr damals gezahlt. Aber er wollte das volle Programm, eine Lehrstunde. Und die hatte er bekommen. Und eine kostenlose Zugabe obendrein.
Sarah blickte ihren Verlobten an. Die Hoffnung in seinem Blick berührte sie tief und sie ergriff seine Hände.
»Ich will ganz ehrlich zu dir sein, Francis – ich weiß es nicht. Bevor ich irgendetwas an dir ausprobiere, was vielleicht mehr schadet als nutzt, werde ich einige Dinge, die aus der neuen Welt kommen, an meinen Patienten in Whitechapel testen. Ich habe etliche Bücher in der Bibliothek der medizinischen Fakultät gefunden, in der sehr beeindruckende Berichte von Seefahrern stehen. Angeblich kennen die Ureinwohner von Amerika sich sehr gut mit der Behandlung dieser Seuche aus, aber ich bin nicht sicher, ob es sich dabei nur um Seemannsgarn handelt oder ob es einfach nur Zufall ist, dass die Methoden wirken. Es geht natürlich ausschließlich um Naturheilmittel.« Sie machte eine kurze Pause, fuhr fort. »Auch in Büchern über andere Länder, in denen diese Seuche nicht bekannt war, bevor die ›zivilisierten Menschen‹ dort ankamen, wurden solche Methoden erwähnt. Deshalb werde ich Zeit brauchen. Solange solltest du dich auf die Behandlung meines Vaters verlassen. Sie heilt zwar nicht, kann dich aber auf lange Zeit beschwerdefrei halten und vielleicht auch das Fortschreiten verzögern.«
Francis konnte die Leidenschaft für ihre Ideen in Sarahs Augen sehen. Er traute ihr durchaus zu, etwas bewegen zu können.
»Und du willst die Verlobung wirklich aufrechterhalten?«, forschte der junge Gordon nach. »Du könntest sicher schnell eine neue Liebe finden. Ich weiß, dass sich viele der Londoner Junggesellen aus besten Kreisen für dich interessieren. Du willst doch sicher immer noch heiraten und Kinder haben, oder?«
Sarah schüttelte energisch den Kopf.
»Bevor ich dich getroffen habe, hatte ich überhaupt kein Interesse daran, eine Familie zu gründen. Ich wollte Ärztin werden, Menschen helfen. Und wenn ich dich nicht heiraten kann, dann will ich gar keinen haben. Ein Mann und Kinder würden mich bei dem, was ich erreichen will, nur behindern.« Ihre Miene zeigte keine Wehmut, sondern nur Entschlossenheit. Francis drückte leicht ihre Hände.
»Du bist eine bemerkenswerte Frau, Sarah. Ich kann mich glücklich schätzen, dich meine Verlobte nennen zu dürfen.«
»Inspector!«
Der Ruf hallte durch die Büros und galt Inspector Abberline. Ein Officer in der typischen Uniform der Londoner Polizei polterte durch die Tür.
»Was ist denn los, um Himmels willen?«, brummte Abberline.
»Leichenteile, Sir!«, keuchte der junge Mann.
Abberline schoss aus seinem Stuhl hoch.
»Leichenteile?«
»Ja Sir. Man hat sie bei Rainham aus der Themse gefischt.«
Abberline ging zu dem großen Stadtplan, der an einer Wand seines Büros hing, und suchte mit dem Finger auf der Karte nach der Stelle.
»Seltsam.« Er wandte sich an den jungen Officer. »Sind die Teile schon in der Gerichtsmedizin?«
»Ja Sir. Dr. Galloway untersucht die Schenkel bereits.«
»Schenkel? Meine Güte, das klingt ja, als wenn jemand ein Huhn tranchiert hat«, brummte der Inspector, als ein weiterer Officer durch die Tür eilte.
»Und was wollen SIE?«, blaffte Abberline den blassen Mann an.
»Noch mehr Leichenteile, Sir!«, antwortete der Mann.
»Wo?«
»Battersea Park Pier.«
Wieder starrte der Inspector auf die Karte.
»Da gibt sich jemand verdammt viel Mühe, uns an der Nase herumzuführen.« Er wandte sich an die beiden Officer. »Ich gehe davon aus, dass der Kopf nicht dabei ist.«
»Richtig Sir.«
»Hab ich mir gedacht. Die Teile sofort zu Dr. Galloway. Ich muss wissen, ob sie zur gleichen Leiche gehören.«
Er kratzte sich am Kopf.
»Und ich will diejenigen sprechen, die diese Teile gefunden haben.«