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2.1.7. Über das spirituelle Leben der Mogollon
ОглавлениеMehr als andere Indianer der Formativen Periode des Südwestens hatten die Mogollon die vielfältigsten graphischen Aufzeichnungen ihrer spirituellen Überzeugungen hinterlassen. Abbildungen auf Stein und Keramik sprechen von einer tiefen, stark differenzierten Spiritualität.
Die Mogollon hinterließen für uns erstaunliche Bildgalerien auf den Oberflächen von Felsen in Form von aufgemalten oder eingemeißelten/eingeritzten/eingepickerten mysteriösen (sprich: den Archäologen unverständlichen) und eindrucksvollen Abbildungen. In rudimentären Observatorien und Bergklüften, die von den Strahlen der Sonne getroffen wurden, verfolgten sie den Jahresgang von Sonne und Mond sowie das Kommen und Gehen der Jahreszeiten. In zurückgezogenen Steinalkoven, Höhlen und Dorfzeremonialräumen bewahrten ihre zur Geister- oder Anderswelt Zugang erlangenden Heilpersonen sakrale Artefakte und magischen Instrumente auf. Auf den Oberflächen keramischer Gefäße reproduzierten die TöpferInnen anscheinend Visualisierungen von den religiösen Überzeugungen und von Legenden der Mogollon, einschließlich Geistern/Gottheiten, mythologischen Figuren, zeremoniellen Tänzern, Tieren, Vögeln und symbolischen geometrischen Mustern.
Die Felsbilder, die Standorte für die zeitenbestimmende Himmelsbeobachtung, die Aufbewahrungsorte von sakralen Objekten und die bildlichen Darstellungen auf den keramischen Gefäßen geben trotz ihrer Reichhaltigkeit dem heutigen Betrachter nur eine äußerst dürftige Vorstellung darüber, was ihre Gefühle und Vorstellungen, was ihre Seelen bewegte. Trotz eines sehr reichhaltigen bildlichen Materials sind ihren Entschlüsselungsversuchen und Interpretationen durch die Wissenschaft sehr enge Grenzen gesetzt, die auch kaum eine Chance haben, über hypothetische Versuche hinauszureichen, so dass letztendlich die nichtmateriellen Dimensionen der Mogollon-Kultur weitgehend im Verborgenen bleiben.
Ein Teil der Felszeichnungen im Süden und Osten der Mogollonzone belegt Einflüsse aus Mesoamerika, ihre Interpretation als „Regengott Tlaloc“ oder als „Federschlange Quetzalcoatl“ erscheint für diese Kulturen aber als deplatziert und gesellschaftlich unangemessen.
Die Bestattungen als ein Ausdruck spiritueller Aktivität wiesen unterschiedliche Praktiken auf. Meist erfolgten sie in flachen Grubengräbern innerhalb des Wohnhauses oder in verstreuten Hügeln um die Dörfer. Beisetzungen in fötaler Haltung in ungenutzten, erweiterten Vorratsgruben waren eine Erscheinung der Frühen Grubenhaus-Periode. Normalerweise wurde die Leiche flach auf dem Rücken liegend bestattet. Bei den Mimbres und den Menschen des Casas Grandes Gebietes gab es auch andere Positionen.
Der Eindruck, dass die Mogollon-Menschen mit einer kraftvollen und durchgehend spirituellen Sichtweise auf das Leben schauten, wird durch Hortfunde von Objekten verstärkt, die sakral zu sein scheinen. Diese spirituellen Objekte der Heil-Menschen umfassten zum Beispiel zeremonielle "Gebets"-Stöcke (Pahos), Zeremonialpfeifen, rituelle Bögen und Pfeile, Tierbildnisse, Bären- und Berglöwenfetische, Figurengefäße und Figurinen, Federn, Pflanzen, Kristalle und Minerale von Halbedelsteinen sowie aus ihnen gefertigte Schmuckstücke. Ganz sicher hatten die Objekte keinen sichtbaren praktikablen Nutzen.
Es wird angenommen, dass die Heil-Menschen Pahos für den Gebrauch bei Zeremonien hergestellt haben können. Beim Schneiden/Schnitzen eines Pahos spitzte ein Schamane/eine Schamanin das untere Ende eines Stabes an und dekorierte den Stiel mit kunstvollen geometrischen Mustern und schmückte das oberste Ende oft mit einer flaschenförmigen Scheibe, die als Grundlage für eine kleine pilzförmige Skulptur diente. In anderen Fällen wurde ein Paho mit einer maskierten menschlichen Figur gekrönt. Archäologen haben Pahos an verschiedenen Standorten, zum Beispiel auch in der Mogollon/Mimbres-Region, gefunden.
Die Belege zeigen auch, dass die Heil-Menschen der Mogollon psychoaktive Pflanzen benutzten, um Trancezustände herbeizuführen, bei denen sie in der Lage waren, leichter mit der Geisterwelt in Kontakt zu treten. Es wurden zum Beispiel Verstecke/Horte mit den Samen der sakralen Datura-Pflanze gefunden, die starke Halluzinationen hervorruft (und potentiell tödlich sein kann). Auch die pilzförmigen Skulpturen auf dem Paho-Oberteil deuten auf die Verwendung von psychoaktiven Pilzen hin, die aus dem Süden erworben worden sein könnten. Auch sakrale Wanderungen zu den Florida Mountains im südwestlichen New Mexico könnten durchgeführt worden sein, um dort den für psychoaktive Wirkungen bekannten Peyote-Kaktus einzusammeln. Erforscher von Mogollon-Standorten fanden Keramik und Steinpfeifen mit Resten von Tabak, einem Narkotikum, das beim speziellen Verbrennen Rauchwolken hervorbringt, die man u.a. möglicherweise magisch mit Regenwolken verband. Inwieweit Heil-Menschen mit den KünstlerInnen, die geometrische und figürliche Darstellungen auf Felswänden und auf Gefäßen malten, identisch waren, muss mangels konkreter Kenntnisse eine offene Frage bleiben. Auch die lokal und zeitlich sicher unterschiedlich ausgeprägte spirituelle Rolle von Papageienvögeln in dem Mythen und bei den Zeremonien der Mogollon im Casas Grandes und im Mimbres Gebiet ist hervorzuheben.