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2.2.2.4. Die Kulturveränderungen in der Endphase der Klassischen Periode

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Ressourcenstress war im Leben der Menschen immer ein mehr oder minder vertrauter Begleiter. Es wurde versucht, diesen Mangel durch vielfältigste wirtschaftliche Aktivitäten weitestgehend einzuschränken. Soziale und gesellschaftliche Mechanismen hatten die Folgen von Mängeln gesellschaftserhaltend auszubalancieren.

Auf wirtschaftlichem Gebiet ist als Reaktion auf den Ressourcenstress die Ausdehnung der Bewässerungsanlagen, die Nutzung weniger produktiver Bodenflächen in höheren, trockneren und entfernteren Lagen und die Durchführung von Holzbeschaffungsaktionen/-zügen zu nennen. Auf spirituellem Gebiet sind Veränderungen an den Kivas wie zum Beispiel die Gestaltung der Sipapus (nicht einfach eine Ideenübernahme von den Anasazi, sondern eine Stärkung fruchtbarkeitsorientierter weiblicher Spiritualität) und später offensichtlich eine Verlagerung ritueller Aktivitäten auf die Plaza mit zumindest teilweiser Aufgabe von räumlich nicht mehr ausreichend großen und/oder funktionell/spirituell nicht mehr genügenden Kivas zu registrieren. Der zumindest teilweise Wechsel der Zeremonialorte von der rechteckigen Kiva mit der Sipapu zur rechteckigen Plaza konnte qualitative Ursachen (eventuell Stärkung männlicher Spiritualität) oder auch quantitative Gründe haben (Teilnahme aller Dorfbewohner an den maßgeblichen Zeremonien und Reduzierung der Aktivitäten kleinerer Personengruppen = Dezentralisierung des Zeremonialismus). Darüber lässt sich frei spekulieren. In einigen Quellen wird ausgesagt, dass dieser lokale Wechsel des Zeremonialortes von der Kiva zur Plaza mit einer rituellen Tötung der Kivabauwerke durch eine zeremonielle Verbrennung verbunden war. Andere legten die Brandnachweise von Kivas als „Religionskrieg“ aus. In der Black Mountain Phase (1140 bis 1300 u.Z.) der Mimbres Postklassik erlischt praktisch die zeremonielle Nutzung und der Bau von Kivas.

Grundsätzlich wurden die Gemeinschafträume aber nie völlig aufgegeben, aber als Kiva traten sie in den Hintergrund. Im Grasshopper Pueblo wurde sogar eine kleine Plaza zu einer Großkiva umgebaut. Auch in Kinishba gab es große Plazas und kleine rechteckige Kivas im Pueblo. Diese Kivas treten in ihrer viereckigen Grundrissform im System der rechteckigen Raumumrisse des Dorfes natürlich nie so deutlich hervor wie die runden Kivas der Anasazi. Auch die Entwicklung der Klassischen Black-on-White-Begräbniskeramik widerspiegelt spirituell und auch in der praktischen Ausführung die Stärke und die Fähigkeit der Weiblichkeit bei den Mimbres, wobei aber bestimmte eindeutig männliche Darstellungsthemen durchaus auch von Männern gemalt worden sein können. Als die in der Töpferkunst demonstrierte weiblich geprägte Spiritualität den verschärften Ressourcen-Stress nicht mehr austarieren konnte, war die klassische Periode und auch die sie kennzeichnende künstlerisch hochentwickelte Keramik am Ende. Die für uns heute sichtbare weibliche Spiritualität war in diesem Stress nicht mehr (allein?) tragfähig. Spekulativ(!) kann man Hinweise auf katchina-ähnliche Darstellungen als Ausdruck des Versuches der männlichen Spiritualität sehen, die Stress-Situation von ihrer Seite mit auszuregulieren. Ein Gegeneinander von männlicher und weiblicher Spiritualität ist in dieser egalitären Gesellschaft nicht zu erwarten. Beide dienten dem gleichen Ziel: Überleben! Die allmähliche Stärkung einer möglichen „Katchina“-Spiritualität wäre aber noch eine Möglichkeit, den Übergang von der weiblich-dunklen Kiva zu licht- und sonnenbezogenen Plaza-Aktivitäten zu begründen – aber auch das ist nur eine Hypothese. Es könnte auf der Plaza auch nächtliche mondbezogene und von den Weibern getragene Zeremonien gegebenen haben. Noch eine Hypothese!

Die Mimbres-Gesellschaft wird im Allgemeinen als egalitär bezeichnet. Einige Wissenschaftler meinen aber, dass das Leben in den klassischen großen Dörfer von einer „ziemlich strengen“ Form „sozialer Kontrolle“ charakterisiert wurde (Nahrungsmittel- und Brennstoffrationierung?; Vorgaben zur Wasserverteilung und zum Bau der Bewässerungskanäle?). Ich sehe darin keinen Widerspruch zur o.g. egalitären Gesellschaft, denn wenn ein eingespieltes Sozialsystem einen spürbaren Ressourcenstress verkraften will, dann muss es zur Bewältigung einer solchen Situation schon straffe/strenge Regulierungsmechanismen entwickeln und durchsetzen – oder untergehen oder fortziehen. Aber dazu braucht man keinen machtvollen männlichen Oberpriester an der Spitze einer Hierarchie, dazu reicht auch eine konsequent handelnde Clanmutter.

Die Pueblo-Kulturen

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