Читать книгу „MENSCH BLEIBEN“ bis ans Lebensende - Wiebke Wanning - Страница 12
Umgang mit Demenz
ОглавлениеDemenz ist ein großes Thema in der Altenpflege und Seniorenbetreuung. Die psychische Störung ist nicht heilbar und bezeichnet ungefähr 50 Krankheitsformen wie z.B. Alzheimer oder vaskuläre Demenz etc.
In Deutschland sind ca. 1,5 Millionen Menschen betroffen, etwa 45 % älter als 85 Jahre und davon ca. 65 % Frauen. Dies erklärt sich ein wenig durch die Risikofaktoren, wie z.B. Alter, Bluthochdruck, Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Depressionen und Übergewicht.
Der Umgang mit diesen Menschen benötigt viel Geduld und das Wissen, dass die gleiche hundertste Frage für diese Menschen in dem Moment die erste ist.
„Wo muss ich denn bloß hin?“
Diese Frage stellte mir eine kleine, liebe Bewohnerin, die an Demenz erkrankt war, gefühlte 50 mal während meiner Schicht an der Rezeption. Sie kam mit ihrem Rollator, mit dem sie einen kleinen Bären spazieren fuhr und sprach nur diese 6 Worte.
Geduldig zeigte ich jedes mal auf den Fahrstuhl mit den Worten: “Sie müssen mit dem Fahrstuhl in den 3. Stock, dort ist ihr Zimmer.“ Die Antwort reichte ihr, sie bedankte sich und ging für einen kleinen Augenblick in die gezeigte Richtung, bis sie wieder umdrehte, mich sah und zurückkam. Ja, das war anstrengend, aber die Dame war in sich zufrieden und glücklich.
Umgang mit Demenz klappte außerhalb der Wohnbereiche, bis auf einen Teil des Pflegepersonals und des sozialen Dienstes, kaum.
Eine meiner Kolleginnen beantwortete die Frage der alten Dame mit den Worten: „Soweit die Füße Sie tragen!“. Oder sie rief auf dem Wohnbereich an, dass jemand Frau S. abholen und auf ihr Zimmer bringen solle, sie würde stören. Dass jemand wie Frau S. aufgrund ihrer Erkrankung niemals in ihrem Zimmer bleibt, verstand sie nicht.
Auch das Service- bzw. Küchenpersonal ist betroffen, denn dem dementen Menschen wird das Mittagessen hingestellt, dieser weiß damit aber manchmal einfach nichts anzufangen. Wenn Personal zum Anreichen der Mahlzeit fehlt wird das Essen abgeräumt mit der Frage: „Oh, hatten Sie denn gar keinen Hunger?“
Eine demente Dame hat von ihrer Mahlzeit immer nur 3 Gabeln voll gegessen und dann geäußert, dass sie satt sei. Das ungeschulte Service-Personal hat dies so akzeptiert. Das geschulte Personal hat ihr mehrere Gänge von dem selben Essen angeboten, von denen sie jedes Mal ein paar Gabeln gekostet hat und somit eine ausreichende Mahlzeit zu sich nehmen konnte.
Auf die Frage, wann sie wieder nach Hause könne, bekam eine Bewohnerin die Antwort: „Gar nicht mehr, sie bleiben hier bis zum Schluss!“ In diesem Fall war es nicht verwunderlich, dass die Dame aus lauter Hilflosigkeit aggressiv gegenüber anderen Bewohnern wurde.
Dies ist keine respektable Kommunikation mit einer an Demenz erkrankten Person.
In diesem Bereich fehlen spezifische Fortbildungen und Aufklärung in allen Abteilungen. Der Umgang mit Demenz erfordert Feingefühl, Empathie und Kenntnisse über die Krankheit, deren Verlauf und die Bedürfnisse der Betroffenen.