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Schwarzer, Bild und Besserwelt

BöSARTIG ZUGEPETERT UND vollgeprengelt mit Reklame war die Stadt auch im Sommer 2007. Erneut fiel Bild lästig mit der Behauptung: »Jede Wahrheit braucht eine Mutige, die sie ausspricht.« Dem hinzugegeben war eine Fotografie, die Alice Schwarzer zeigte, die Herausgeberin von Emma, die bundesverdienstkreuzgeschmück­te Kämpferin für das Frauen- und Menschenrecht, in der Bundeswehr das Handwerk des Tötens erlernen zu dürfen. Schwarzer wirbt für Bild, und Bild wirbt für Schwarzer – war das nicht ein Triumph der Emanzipation? Der alte Erz- und Hetzfeind Bild hatte es endlich eingesehen, dass ohne Frauen kein Staat zu machen ist? Vor allem, wenn die Frauen ohnehin nichts anderes, weniger Konfektioniertes wollen als die Männer? Hatte also der Feminismus nicht doch am Ende gesiegt? Oder war der große Emma-Emanzipationsfeldzug seit den siebziger Jahren nichts als eine gigantische Kampagne zur Prominentisierung Alice Schwarzers?

Ich habe tote Fische gesehen, die es ablehnten, sich in Bild einwickeln zu lassen. Alice Schwarzer ist da nicht so krüsch – die Dame ist dort angekommen, wo die Gesellschaft am dreckigsten ist: in ihrer Mitte, in Bild und ihrem Chefredakteur Kai Diekmann. Es wuchs nur zusammen, was immer zusammengehörte: Exis­tenzen, die fest entschlossen sind, einen Beitrag zur Banalisierung und Primitivisierung der Welt zu leisten, in der sie, nachdem sie die Welt entsprechend zugerichtet und auf ihr Niveau herabgezogen haben, eine entsprechend großspurig angelegte Rolle spielen können.

Ähnlich aufwändig wie Bild tapezierte die Firma Bionade die Anzeigenplätze des Landes. Die Bionade-Limo schmeckt, die kleine Brauerei in der Rhön ist so sympathisch wie ihr Erfolg erfreulich – aber dann warben die Sprudelmacher mit dem trendschlauen Abgreiferspruch: »Das offizielle Getränk einer besseren Welt«. Ach je, die bessere Welt. Dieses sumpfige Schli­ckenfängerterrain hätten sie besser den Charity-Ladies Grönemeyer, Geldof, Bono etcetera gelassen, die sich alle ihr Stückchen Elend und Afrika eingezäunt und parzelliert haben, weil in einer vernunftfreien Weltordnung Gratismoral ein Fellow-Traveller-Scheck ist, der sich zu Geld machen lässt. »Wir sind die Guten, kauft uns«, lautet die Ranschmeißerbotschaft, der sich bedauerlicherweise auch Bionade anschloss. Und sich damit als offizieller Ausrüster der Traumhochzeit von Alice Schwarzer und Bild empfahl.

Will denn in China gar kein Sack Reis mehr umfallen?

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