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Abenteuer Seenlandschaft

WASSER IST MEIN LIEBLINGSELEMENT. Man wirft sich hinein und alles ist eins mit allem. Schwümmn ist gottvoll; es muss allerdings Natur sein. Gechlortes Wasser geht nicht, es rötet das Auge, zerjuckt die Haut und peinigt die Atemwege.

Und so singen wir im Chor:

Tschüssi, Tschüssikowski, Chlor!

Seen und Flüsse und das Meer sowieso aber bringen es voll: die Mittelmeerküste, schottische Lochs, mexikanische Wasserfälle – ich sage nur: Tolantongo! –, der Atlantik bei Sagres im äußersten Südwestportugal, französische Flüsse:

O wie schön bist du,

La Loue!,

die Helgoländer Hochnordsee, in der Innerschweiz der Thuner See, wo der Thunfisch herkommt, und in Zürich die Limmat, denn die schimmat.

Im Nassen ist Leben, also jede Menge los. Mit Seen stehe ich auf bestem Fuß – sogar mit brandenburgischen Binsen- und Binnengewässern. Dort lernte ich schon vor Jahren schwimmend den Hodenhecht kennen; deutlich tangierte er mich, den sachteren Sacksaibling mir zuführend. Auch der zurückhaltende Anusaal, die Vorhautforelle und der zarte Brustspitzenbarsch machten mir ihre Aufwartung, und die badenden Damen erfreute der Klitoriskarpfen. Das war sehr schön, ich vergaß direkt, dass ich in Brandenburg war, im scheußlichen Preußen. Im wie gemaltbesoffen vor sich hin liegenden Mecklenburg hatte ich mich sogar fest mit der aparten Mösenmaräne befreundet, das hatte sich höchst aufregend gestaltet, war aber lange her.

Nun galt es, die sächsische Seenlandschaft zu erkunden. Täglich hieß es:

Das ersehnte Gewitter zog an Lei

pzig auch heute wieder vorbei.

So ging es auf meinem königlich-holländischen Gazelle-Fahrrad wasserwärts. Heiß war es, kochend heiß, ich fühlte mich wie ein glühender Tauchsieder, der, kaum zu Wasser gelassen, den See in einer gewaltigen Dampfwolke weg- und davonzischen würde.

Das Seeufer wurde belagert von einer großen Menge tätowierter Damen und Herren; viele der buntgenadelten Körper sahen aus wie Häuserfassaden, die besonders ideenlosen und stümperhaften Graffiti-Sprayern in die Hände gefallen waren. Wie schade. Grünblau metallisch aber hubschrauberten Libellen direkt überm Wasser, kleine Fische knupperten an meinen Beinhaaren herum, einer von ihnen sprang auch einmal an Land, aufs Trockene, wurde aber vorsichtig auf die Hand genommen und gerettet.

Gazelle, Libelle, Fischlein – als Mensch hat man vergleichsweise die Arschkarte gezogen – oder, für unsere Etetepeteren, den Schwarzen Peter. Und als wie prächtig erwies sich bald die Vielfalt des Fischlebens im sächsischen See! Zehen- und Zungenkusszander schwammen munter, ein Harnröhrenheilbutt stellte sich vor, einen Hämorrhoidenhai im Schlepptau hinter sich her ziehend; selbst der seltene Rektalrochen ließ sich blicken. Ein Schwarm Schwanzsprotten blinkte vorbei, die zarte, bildschöne Scheidenschleie gab sich die Ehre und wies eher vulgäre Popoplötzen und Skrotumstinte in ihre Schranken. Elegant zog die Schamlippenscholle ihre Kreise, sogar der äußerst rare Vulvawels wurde gesichtet, und die Partyplötze stöhnte: »Du willst es doch auch...!«

Während ich all die herrlichen Fische bewunderte und mit ihnen schwamm, stieg eine Badende ins Wasser, eine Venus, schritt durch den angenehm grobkörnigen Fußpeelingsand des Sees und rief staunend aus: »Nu isses denn möchlich: ne Fotzenflunder!« Ich wurde scharlachrot. Fotzenflunder, das hätte ich mich als Mann niemals zu sagen getraut. »Penispira­ñaaaah...!«, rief ich noch – und versank im See.

Dann verstummten, endlich helle

Mensch und Fischchen und Gazelle.

Will denn in China gar kein Sack Reis mehr umfallen?

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