Читать книгу Umweltverfahren für Betriebe - Wilhelm Bergthaler - Страница 10
1.2.2 IPPC bzw. IE
ОглавлениеIst ein Projekt nicht UVP-pflichtig, kann es dennoch eine Größe erreichen, für welche das Unionsrecht eine integrierte Prüfung nach der Industrieemissions-Richtlinie (IE-RL; früher: IPPC-RL) vorsieht; in Österreich hat sich im Sprachgebrauch der Terminus: IPPC-Anlage bzw. IPPC-Pflicht etabliert. Diese Richtlinien wurden in Österreich leider nicht in einem einzelnen Gesetz, sondern in unterschiedlichen Materiengesetzen umgesetzt: Dazu ist das Projekt anhand der IE- bzw. IPPC-Bestimmungen der jeweils anzuwendenden Materiengesetze – GewO 1994 für gewerbliche Betriebsanlagen, AWG 2002 für (größere) Abfallbehandlungsanlagen, MinroG für Bergbauanlagen, EG-K für Kesselanlagen – zu prüfen.
Ähnlich wie bei der UVP arbeiten auch hier die einzelnen Gesetze – den unionsrechtlichen Vorgaben folgend – nach dem Listenprinzip; die Methodik der Prüfung erfolgt daher gleichartig.
Zunächst ist zu prüfen,
+ob der Anlagentyp in der jeweiligen IPPC-Liste (in der GewO 1994 ist diese in Anlage 3, im AWG 2002 in Anlage 5 enthalten) grundsätzlich erfasst ist.
Beispiele: Anlagen zur Herstellung von Zementklinkern (Drehrohröfen) sind erfasst, Betonmischanlagen nicht. Abfallverbrennungsanlagen sind erfasst, Bodenaushub- und Inertabfalldeponien hingegen nicht.
+ob die Kapazität des Projekts den Schwellenwert, der für die Kapazität der jeweiligen Anlage gilt, erreicht. Als Kapazität einer Anlage gilt wie bei der UVP-Pflicht die Größe oder Leistung der projektierten Anlage, die in Einheiten zu messen ist, für die sog. Schwellenwerte im Anhang vorgesehen sind.
Beispiel: Anlagen zur Herstellung von Papier, Pappe oder Karton mit einer Produktionskapazität von mehr als 20 t/d sind IPPC-pflichtig.
Die Änderungs- und Einrechnungsregeln sind im Vergleich zum UVP-Recht vereinfacht: Kapazitätssteigerungen sind nur dann zwingend IPPC-pflichtig, wenn sie erheblich nachteilige Auswirkungen auf Menschen oder die Umwelt haben können; dies wird bei einer Steigerung um 100 % des Schwellenwerts von Gesetzes wegen – ex lege – angenommen. Kapazitäten sind nur dann zusammenzurechnen, wenn die jeweils gleichartigen Tätigkeiten in derselben Betriebsanlage durchgeführt werden. Der Umgehungsschutz ist also schwächer ausgeprägt als im UVP-Recht.
Dies eröffnet der Projektwerberin die strategische Möglichkeit, das Vorhaben so zu gliedern, dass es zur Gänze oder zum Teil vom IPPC-Recht ausgenommen ist – näher dazu in Kapitel 3.
Im Unterschied zum UVP-G 2000 steht nicht nach allen Materiengesetzen ein Feststellungsverfahren zur Klärung der IPPC-Pflicht zur Verfügung: nach der GewO 1994 nicht, nach dem AWG 2002 schon.
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Praxistipp: Schnellcheck IPPC-Pflicht
Zur Klärung der IPPC-Pflicht prüfen Sie,
+ob das Projekt einem Anlagentyp entspricht, der in der jeweiligen IPPC-Liste (Anlage 3 zur GewO 1994, Anlage 5 zum AWG 2002) grundsätzlich erfasst ist (wenn nein, besteht keine IPPC-Pflicht) und
+ob mit der Kapazität (Größe oder Leistung) des Projekts der Schwellenwert erreicht und/oder eine Steigerung um 100 % erfolgt (wobei Änderungen in derselben Betriebsanlage zusammenzurechnen sind) oder auf sonstige Weise erheblich nachteilige Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt verursacht werden.
Achtung: Die angegebenen Prüfkriterien sind Faustregeln, die eine erste Einordnung ermöglichen, aber eine Detailprüfung nicht ersetzen.
Nur einzelne Gesetze ermöglichen ein Feststellungsverfahren (AWG 2002 ja, GewO 1994 nein).
Inhaltlich enthalten die IPPC-Bestimmungen der einzelnen Gesetze einen im Vergleich zum UVP-G 2000 nur abgeschwächten Konzentrationsgrad. Die Kriterien sind ausgesprochen technologielastig und vielfach durch unionsrechtliche Vorgaben geprägt, sodass die Verfahren eine relativ hohe Komplexität aufweisen. Wesentlich ist, dass sie besondere Kundmachungspflichten und erweiterte Parteistellungen – insbesondere für Umweltorganisationen – vorsehen. Um Kundmachungs- und Verfahrensfehler zu vermeiden, muss daher geprüft werden, ob eine IPPC-Pflicht vorliegt.