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1900er: Globales Kino

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Auch wenn die Ehre des ersten Films mit heute üblicher Laufzeit der US-Sportberichterstattung The Corbett-Fitzsimmons Fight aus dem Jahre 1897 gebührt, wird in der Regel The Story of the Kelly Gang, eine Produktion aus Australien, als der erste Langfilm der Filmgeschichte bezeichnet. Er wird im Jahr 1906 von Charles Tait verantwortet und ist ganze 1200 Meter lang, was bedeutet, dass er meist eine Abspieldauer von mehr als 60 Minuten hat. Die UNESCO hat diesen ersten Langspielfilm der Geschichte später als Teil des Weltdokumentenerbes zertifiziert, was seinen hervorgehobenen Status nochmals untermalt. The Story of the Kelly Gang ist nicht nur lang, sondern auch langlebig: Der Film tourt über mehrere Jahrzehnte durchs Commonwealth und ist insbesondere in seinem Heimatland Australien sehr erfolgreich. Leider existieren heute nur noch etliche kleinere Ausschnitte des Outlaw-Western, sodass die restaurierte Fassung nur auf circa 17 Minuten Laufzeit kommt.

In Japan entsteht 1897 der erste japanische Film, nachdem die Edison- und Lumière-Geräte kurz zuvor dort angekommen sind: Er zeigt diverse Sehenswürdigkeiten Tokyos. 1898 existiert der kurzlebige Trend der sogenannten Geisterfilme und erste Kabuki-Abfilmungen, Bühnenaufnahmen einer der klassischen japanischen Theatertraditionen, werden produziert. Der Einfluss des Kabuki-Theaters zeigt sich auch in den ersten Historiendramen, die in den 1920er-Jahren zum spezifisch japanischen Jidaigeki-Genre werden: 1908 dreht Shouzou Makino Honnouji gassen und 1909 folgt Goban Tadanobu, in dem der spätere Filmstar Matsunosuke Onoe (1875–1926) mitspielt, ursprünglich ein Kabuki-Darsteller, der in schätzungsweise 900 bis 1100 Filmen eingesetzt werden wird. Auch das Genre des rensageki beginnt in den späten 1900er-Jahren – hierbei handelt es sich um das fast ausschließlich im asiatischen Raum gängige Verfahren, kurze Filmszenen mit Live-Theater abzuwechseln und damit die beiden Traditionen auch in ihrer medialen Aufführungspraxis miteinander zu verknüpfen.

Im Jahr 1900 wird durch die Firma Yoshizawa Shoten der erste japanische Filmprojektor verkauft, sodass auch der technische Grundstein für eine eigenständige Filmindustrie gelegt ist. Das Jahr 1909 gilt jedoch häufig als eigentliches Anfangsjahr der japanischen Filmgeschichte, da sich ab jetzt die Kinos im Land so weit verbreiten, dass man von einer relativ flächendeckenden Verfügbarkeit des neuen Mediums ausgehen kann.

In einigen anderen Ländern, die später noch zentral für die Filmgeschichte ihrer Kontinentalregion sein werden, ist der Status quo des Films in den 1900er-Jahren noch sehr unterschiedlich. In Nigeria ist das Kino noch nicht angekommen. Unterdessen werden in Ägypten bereits seit 1896 erste kurze Stummfilme gedreht; die Filmindustrie entwickelt sich dort aber erst zur Tonfilmzeit intensiver. In Korea eröffnen die ersten beiden Kinos 1903 und 1907. Erste koreanische Spiel- und Dokumentarfilme entstehen indessen erst ab 1919. In Indien verbreiten sich die ersten Kinos ab 1902. Auch kurze indische Produktionen werden dort gelegentlich gezeigt, aber die eigentliche nationale Filmproduktion im größeren Stil beginnt erst – je nach Darstellung – im Jahre 1912 oder 1913.


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