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11. März 1991

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Im Deutschlandsender Kultur – einem Sender der ehemaligen DDR, der noch existiert und wo ich zu Wort komme, wie nie zuvor (und vermutlich auch nicht danach) in der Bundesrepublik – eine Diskussion über Gramsci mit Johannes Agnoli und Otto Kallscheuer. Manfred Lötsch, der zugesagt hatte, bleibt aus. Meine beiden Gesprächspartner haben aus entgegengesetzten Gründen ein Interesse daran, Gramsci als Anhänger der Diktatur des Proletariats hinzustellen, Kallscheuer, um ihn zugunsten von Croce zu verlassen, Agnoli, um ihn als Kronzeugen gegen den bürgerlichen Parlamentarismus zu haben. Ich vermute dagegen, dass bei Gramsci aufgrund seiner Fragestellung (Scheitern des revolutionären Kommunismus im Westen) zu aller bewussten Fragestellung eine gleichsam hinterrücks erfolgte Problemverschiebung hinzugekommen ist, die seine weiterwirkende Aktualität ausmacht: Transposition der (Klassen-) Kämpfe in die politische Kultur. In der Gesprächsstruktur fehlt ein DDR-Intellektueller. Aus taktischen Gründen stütze ich mich vor allem auf den abwesenden Peter Glotz und spare die Kritik an ihm aus. Sie läuft darauf hinaus, dass bei ihm das emanzipatorische Projekt Gramscis wegschwimmt und eine inhaltsleere Orientierung auf etwas allgemein Umkämpftes herauskommt. Das drückt die Konstellation der drei »Denkfiguren« aus, die Glotz bei Gramsci herausgreift: Meinungsführerschaft, Volkstümlichkeit, Kompromissfähigkeit. Da ist jede Spur dessen getilgt, worum es dabei spezifisch geht.

Jahrhundertwende

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