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21. April 1991
ОглавлениеGestern Abend von Tabori »Weißmann und Rotgesicht«. FH hält das für ein Randgruppenstück bzw. eines über Verlierer, weil ein Jude, seine spastische Tochter und ein Indianer die Akteure sind. Ich finde das Stück absurdistisch.
Situation: in der Irre, in der Wüste, unterm wartenden Geier. Aber es gibt einen Ausweg auf dem Muli, und am Schluss reitet der Indianer mit dem Mädchen davon (freilich in eine Welt, von der wir spüren, dass sie nur die Verlängerung dieser Szene sein wird).
Konstellation: der Indianer, der ein Weißer sein will und die Juden hasst; der Jude, der die Asche seiner verstorbenen Frau (versprochenermaßen und blödsinnigerweise) nach New York bringen und dort in einem Park verstreuen will (nicht ganz blödsinnigerweise, weil die Verstorbene dort kurzzeitig glücklich war, mit einem andern); das Mädchen, das einen Mann will, aber eine Pflegerin braucht, sodass bisher kein Mann sie wollte.
Handlung: Agon zwischen dem Juden und dem Indianer; die Spastikerin als Schiedsrichterin und Prämie in einer Person. Erinnert an Brechts Dickicht der Städte. Gekämpft wird nach der Regel, wer verliert, gewinnt. Gottlose Frömmigkeiten. Ein Endspiel ohne die Konsequenz und Geometrie des beckettschen. In dieser Wüste gibt es Wasser. Macht den Eindruck des witzig Hingekitschten. Das Material nicht richtig verwendet.
Lustprämien: Blasphemie, Sexvokabular, aber ohne Spaß. Was alles Sagbar wird. Projektionsfläche (nicht Identifikationsfiguren): in kosmischer Ausgesetztheit konfrontiert mit dem, was »letztlich« jeder allein angehen muss. Letztlichkeit (das Ultimative des Daseins). Momente der Wahrheit, zugleich saurer Kitsch: Ontologisierung durch Vermittlungslosigkeit. Und alles das auch wieder nicht. Aufgeweichter Beckett, konsumierbar – längst Rezeptions- und Geschwätzgewohnheiten.
Henning Schaller, von dem das Bühnenbild stammt, erkannte mich nicht wieder. Er hatte die Veranstaltung im Friedrichstadtpalast vom Dezember 1989 geleitet.
Dario Fos Lieblingszitat: »Wenn du nicht weißt, woher du kommst, wirst du schwerlich verstehen, wohin du gehen wirst.« (Gramsci) Fo!