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24. April 1991

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Wechselbalg-Waren. – Als Indikator für die Fäulnis der sowjetischen Gesellschaft berichtet Kerstin Holm (keine unverdächtige Zeugin), dass es auf einem Moskauer Markt kaputte Glühbirnen zu kaufen gibt, das Stück zu 1 Rubel, deren »Gebrauchswert« darin besteht, dass man sie am Arbeitsplatz in eine Lampe schraubt und die funktionierende mitgehen lässt.

Der schlingernde und schwindende Gorbatschow hat wieder einmal einen Kompromiss schließen können: sein Antikrisenplan ist, mit Zugeständnissen versehen, von acht Republikchefs, darunter Jelzin, unterzeichnet worden. Noch immer beim Umstellen von der Befehlsadministration auf eher horizontale Vereinbarungen, die von beidseitigem Vorteil sind. Marx war zu schnell mit seinem Spott über Bentham. Gewiss fangen nun alle Probleme des Marktes wieder von vorne an, aber die Probleme der Despotie lauerten im blinden Fleck von Marx, dem Wie einer nicht marktförmigen großräumigen Vergesellschaftung der Produktion.

Merkwürdigerweise stiegen zur Zeit des Anschlusses der DDR die deutschen Auslandsinvestitionen, während ausländische Investitionen in Deutschland sanken. An der DDR wurde verdient, aber (noch) nicht dort investiert. Die Vorbereitungen für den »gemeinsamen Markt« gingen vor. Ende 1989 waren es 185 Mrd DM Direktinvestitionen westdeutscher Unternehmen im Ausland, vor allem in Frankreich und Großbritannien. In Osteuropa 1/2 Mrd. Europäisches Kapital übertraf erstmals mit 45 Mrd DM das amerikanische (40 Mrd DM).

In der FAZ schimpft Barbier auf die FDP, die, wohl als Reaktion auf den politischen Gegenwind, den Ausdruck »soziale Offenheit« in ihre Phraseologie aufgenommen hat: »Die Botschaft einer liberalen Partei müsste doch lauten: ›Nichts sichert das Soziale so sehr wie eine marktwirtschaftliche Politik.‹ Nur für diese Botschaft wird die FDP auf Dauer gebraucht.« – Ob »soziale Offenheit« ein Wink an die SPD ist, also die Koalitionsfrage mit dieser aufmacht?

Kohl, der Sieger von 1989/90, sieht nicht mehr gut aus. Im Osten wirkt der kapitalistische Marktkult verheerend. In der FAZ dekretiert diese Ideologie heute: »Im Vergleich zu Westdeutschland werden in den neuen Bundesländern zu viele Menschen beschäftigt.« Sartres Zuvielsein kriegt Bedeutungszuwachs. Dabei wird mitgeteilt, dass die Zahl der Erwerbstätigen in der ehemaligen DDR vom ersten Quartal 89 bis Ende 90 um 1,7 Mio zurückgegangen ist. Könnte es sein, dass dieses »Verschwinden« von Arbeitsbevölkerung bereits aus den Arbeitslosenzahlen herausgerechnet ist? Der Durchschnittsbruttolohn lag Ende 90 bei 1357 DM oder bei knapp 37 Prozent des westdeutschen. Die Produktivität wird mit 28,5 Prozent der westdeutschen angegeben.

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Gestern die Überarbeitung des Sartre-Buchs abgeschlossen. Nur das neue Vorwort steht noch aus. Es müsste gelingen, die Weise zu bestimmen, wie der Absurdismus in die geistige Situation nach dem Zusammenbruch des Sozialismus neu eingeschrieben ist. Wenn es keine Alternative (oder keinen Glauben an eine mögliche Alternative) mehr gibt, dann sind viele dagegen, ohne ändern zu wollen. Muss nicht das wie ein Generator des Absurden wirken?

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