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§ 56d StGB: Bewährungshilfe
Оглавление(1) Das Gericht unterstellt die verurteilte Person für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers, wenn dies angezeigt ist, um sie von Straftaten abzuhalten.
(2) Eine Weisung nach Absatz 1 erteilt das Gericht in der Regel, wenn es eine Freiheitsstrafe von mehr als neun Monaten aussetzt und die verurteilte Person noch nicht 27 Jahre alt ist.
(3) Die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer steht der verurteilten Person helfend und betreuend zur Seite. Sie oder er überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen und berichtet über die Lebensführung der verurteilten Person in Zeitabständen, die das Gericht bestimmt. Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Auflagen, Weisungen, Anerbieten oder Zusagen teilt die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer dem Gericht mit.
(4) Die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer wird vom Gericht bestellt. Es kann der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer für die Tätigkeit nach Absatz 3 Anweisungen erteilen.
(5) Die Tätigkeit der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers wird haupt- oder ehrenamtlich ausgeübt.
Nach § 56d Abs. 3 StGB lässt sich bereits das Spannungsverhältnis von Hilfe und Kontrolle (Doppeltes Mandat, Kap. 3.2) als konstitutives Merkmal der Bewährungshilfe festhalten, da laut Gesetzestext der*die Bewährungshelfer*in der verurteilten Person sowohl helfend und betreuend zur Seite steht als auch überwachend und über die Lebensführung der verurteilten Person berichtend. Die fachlichen und methodischen Konsequenzen, die sich aus diesem grundlegenden Auftrag der Bewährungshilfe ableiten lassen, werden in den folgenden Kapiteln ausführlich beleuchtet.
Gemäß § 56f StGB widerruft das Gericht die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und/oder gegen Auflagen und Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt. Ein Widerruf der Bewährung kann auch geschehen, wenn sich die verurteilte Person der Aufsicht und Leitung der*des Bewährungshelfer*in beharrlich entzieht und dadurch Anlass zu der Besorgnis gibt, dass sie erneut Straftaten begehen wird.
Nach § 56g StGB wird nach Ablauf der Bewährungszeit die Strafe erlassen, sofern das Gericht die Strafaussetzung nicht widerrufen hat.
Die kriminalpolitische Bedeutung der Bewährungshilfe ist in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2011 standen in Gesamtdeutschland (aktuellere Daten sind seit 2011 nur für vereinzelte Bundesländer verfügbar; Stand: Oktober 2020; vgl. DBH o. J.) 150 713 Menschen – davon 131 735 männlich und 18 978 weiblich – nach dem allgemeinen Strafrecht unter Bewährung, also ohne Unterstellungen nach dem Jugendstrafrecht (vgl. Statistisches Bundesamt 2013, ohne Hamburg und mit Angaben für Berlin aus 2007). Im Jahr 2012 war es sieben von zehn Personen, die zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt wurden, möglich, ihre Haftstrafe durch eine erfolgreiche Bewährungszeit zu vermeiden (vgl. Kawamura-Reindl & Scheider 2015, 167). Somit leistet die Bewährungshilfe einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung des Strafvollzugs. Insbesondere für Verurteilte von Delikten leichter und mittlerer Kriminalität leistet die Strafaussetzung zur Bewährung eine zentrale Alternative zum Strafvollzug und schafft dadurch bessere Voraussetzungen für eine soziale Eingliederung. Zudem beansprucht die ambulante Alternative nur etwa 10 % der Gesamtkosten im Verhältnis zum Strafvollzug und ist somit deutlich kostengünstiger (vgl. Grosser 2018a, 214).
Die Führungsaufsicht zählt zu den nichtfreiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (§ 68 StGB). Als zentrale Rechtsgrundlagen lassen sich für die Führungsaufsicht §§ 68ff. StGB benennen.