Читать книгу Lexikon für das Lohnbüro 2022 (E-Book EPUB) - Wolfgang Schönfeld - Страница 264

5.Gleichbehandlungsgrundsatz

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Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vergleichbarer Arbeitnehmer vorsehen, sind grundsätzlich unwirksam (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 AÜG). Der Leiharbeitnehmer kann von dem Verleiher für die Zeiten des Verleihs die Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen (Grundsatz der Gleichbehandlung).

Das AÜG verpflichtet hiernach den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Der Entgeltanspruch besteht während der Dauer der Überlassung an ein entleihendes Unternehmen. Zu seiner Berechnung ist ein Gesamtvergleich aller Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Dabei bleibt Aufwendungsersatz außer Betracht, es sei denn, es handelt sich um „verschleiertes“ und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt.

Vergleichbar mit dem Leiharbeitnehmer sind solche Arbeitnehmer des Entleihers, die dieselben oder zumindest ähnliche Tätigkeiten wie der Leiharbeitnehmer ausführen. Hierbei sind sowohl die Berufserfahrung und Qualifikation als auch die Kompetenz der Arbeitnehmer und die jeweilige Eingruppierung ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen. Nicht vergleichbar sind teilzeit- und vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Arbeitszeiten. Gibt es keine vergleichbaren Arbeitnehmer, so dürfte auf die üblichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts der Stammbelegschaft vergleichbarer Betriebe abzustellen sein.

Unter den Arbeitsbedingungen sind alle nach dem allgemeinen Arbeitsrecht vereinbarten Bedingungen wie z. B. die Dauer der Arbeitszeit oder des Urlaubs zu verstehen. Der Entleiher hat den Leiharbeitnehmer darüber hinaus über neu zu besetzende Arbeitsplätze im Einsatzunternehmen zu unterrichten (§ 13a AÜG) sowie Zugang zu sämtlichen Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen unter den gleichen Bedingungen wie vergleichbaren Arbeitnehmern des Betriebs zu gewähren, es sei denn, eine unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt (§ 13b AÜG). Gemeinschaftseinrichtungen oder -dienste in diesem Sinne sind insbesondere Kinderbetreuungseinrichtungen, Betriebskantinen und Beförderungsmittel, aber auch Erholungsheime, Sportanlagen, Werkswohnungen, Parkplätze, betriebseigene Tankstellen – an denen Arbeitnehmer kostenlos oder verbilligt auch ihren privaten Pkw betanken können – sowie Einrichtungen zum verbilligten Personaleinkauf. Geldleistungen, die der Entleiher seinen eigenen Arbeitnehmern gewährt (z. B. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sowie Essens-, Fahrtkosten- und Mietzuschüsse) fallen hingegen ebenso wie Geldsurrogate (Essens- und Tankgutscheine) nicht darunter. Sofern sich aus der Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten geldwerte Vorteile beim Leiharbeitnehmer ergeben (z. B. Gemeinschaftsverpflegung, verbilligter Personaleinkauf ohne Rabattfreibetrag) ist der Verleiher als lohnsteuerlicher Arbeitgeber wegen Lohnzahlungen von dritter Seite zum Lohnsteuerabzug verpflichtet, wenn er weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden (vgl. unter Nr. 13 Buchst. a sowie die Erläuterungen beim Stichwort „Lohnzahlung durch Dritte“ unter den Nrn. 3 und 4).

Mit dem Arbeitsentgelt ist nicht nur das laufende Entgelt gemeint, sondern es sind auch Zuschläge, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung und Sozialleistungen und andere Lohnbestandteile erfasst. Beim Arbeitsentgelt ist nicht auf die einzelnen Bestandteile, sondern auf das Arbeitsentgelt in seiner Gesamtheit abzustellen. Werden im Betrieb des Entleihers Sachbezüge gewährt, kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 AÜG).

Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen von dem Grundsatz der gleichen Entlohnung zulassen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Abs. 2 AÜG festgesetzten verbindlichen Mindeststundenentgelte (Lohnuntergrenze) unterschreitet (§ 8 Abs. 2 Satz 1 AÜG). Diese Lohnuntergrenzenverordnung erlässt das Bundesministerium für Arbeit auf Vorschlag der Tarifvertragsparteien der Zeitarbeit ohne Zustimmung des Bundesrates. Der Verleiher ist gesetzlich verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer mindestens die danach festgesetzten Mindeststundenentgelte zu zahlen.

Nach der vierten Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung vom 20.8.2020 (Bundesanzeiger AT 31.8.2020 V1) beträgt das Mindeststundenentgelt im gesamten Bundesgebiet

vom 1.4.2021 bis zum 31.3.202210,45 €

vom 1.4.2022 bis zum 31.12.202210,88 €.

Die Regelungen des § 3a AÜG und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen gehen den Regelungen des Mindestlohngesetzes vor (§ 24 Abs. 1 MiLoG).

Der Lohnuntergrenzenanspruch ist besonders geschützt. Einzelvertragliche oder tarifvertragliche sog. Ausschluss- oder Verfallfristen, die den Verfall von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis vorsehen, falls der Anspruch nicht innerhalb einer bestimmten Frist (z. B. drei Monate) geltend gemacht wird, können den Lohnuntergrenzenanspruch nicht erfassen. Der Arbeitgeber kann in diesen Fällen die Zahlung einer Vergütung in Höhe der Lohnuntergrenze nicht wegen des Ablaufs der Ausschluss- oder Verfallfrist verweigern. Einzelvertragliche Ausschluss- oder Verfallsfristen können wegen des Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB insgesamt unwirksam sein, wenn sie den Lohnuntergrenzenanspruch nicht ausnehmen. In diesem Fall kann sich der Arbeitgeber auch im Hinblick auf die ggf. über den Lohnuntergrenzenanspruch hinausgehenden einzelvertraglichen Lohnansprüche des Arbeitnehmers nicht auf die Ausschluss- oder Verfallsfrist berufen.

Sofern der Leiharbeitnehmer während seines Einsatzes beim Entleiher Tätigkeiten übernimmt (z. B. als Gebäudereiniger, Maler und Lackierer, Pflege), für die auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) aktuell ein abweichender Branchenmindestlohn gilt, hat dieser nach § 8 Abs. 3 AEntG Anspruch auf das dort festgelegte Mindestentgelt. Eine Übersicht über die aktuellen Branchen-Mindeststundenentgelte i. S. d. AEntG ist Im Internet unter www.zoll.de (Rubrik: Unternehmen/Basisinformationen/Arbeit) abrufbar.

Die Möglichkeit, durch Tarifverträge vom Grundsatz der gleichen Entlohnung abzuweichen, ist auf neun Monate beschränkt (§ 8 Abs. 4 AÜG). Längere Abweichungen sind künftig nur möglich, wenn durch (Branchen-)Zuschlagstarifverträge sichergestellt wird, dass Leiharbeitnehmer stufenweise an ein Arbeitsentgelt herangeführt werden, das von den Tarifvertragsparteien der Zeitarbeitsbranche als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist. Dieses gleichwertige Arbeitsentgelt muss nach spätestens 15 Monaten Einsatzdauer erreicht werden. Die stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt muss spätestens nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen beginnen.

Im Geltungsbereich eines Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Eine abweichende tarifliche Regelung gilt aber nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind (sog. Drehtürklausel).

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