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Kampf um das Erbe
ОглавлениеDen testamentarischen Vorstellungen des Vaters nach hätten seine beiden Neffen zu passender Zeit Witwe beziehungsweise Tochter heiraten sollen, um deren Versorgung sicherzustellen und das Vermögen in der Familie zu belassen. Eine lohnende Mitgift stand beiden in Aussicht. Witwe und Tochter wurden nicht gefragt, sie besaßen auch kein Einspruchsrecht in dieser Sache. Die Neffen freilich erhofften sich doppelten Verdienst. Sie suchten sich am demosthenischen Erbe zu bereichern und sahen sich gleichzeitig nach Ehen um, die noch mehr Gewinn versprachen. Hochzeiten waren unter vermögenden Athenern oft nur eine Art von Geschäftsabschluss. Die Möglichkeit, sein Erbe zu verteidigen, bestand für den jungen Demosthenes nicht. Als Geschädigter musste er persönlich klagen, und das konnte er eben nicht vor der Mündigkeit. Außerdem war jeder der Vormünder einzeln zu belangen.
In seinem Werdegang erschöpfte sich Demosthenes vom Anfang bis zum Ende in Prozessen, politischen und privaten. Er war immer gehetzt, oder fühlte sich so, und das erklärt auch zum Teil die Härte seiner Anschauungen. Das frühe Erlebnis, von denen betrogen zu werden, denen er vertraute, machte Misstrauen zu seiner sorgsam gepflegten Haltung, und diese richtete sich eher gegen Freunde als gegen Feinde, von denen ohnehin nichts Gutes zu erwarten war.
Den ersten Prozess führte er gegen seinen Vormund Aphobos, und nur aus diesem Rechtsstreit sind auch Reden erhalten. Sie geben Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie, auch wenn, was Demosthenes an Zahlen aufführt, mit größter Vorsicht zu betrachten ist. Das Testament war verloren gegangen, nur ein Teil dessen, was er aufzählte, konnte – wie die Außenstände bei Banken – durch Geschäftsbücher belegt werden, Demosthenes selbst war zu jung gewesen, um die Vorgänge zu erfassen. Übertreibungen waren erforderlich, um zumindest einen Teil des Verlorenen zurückzuerhalten.