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Vermögenswerte
ОглавлениеWenn sich so auch kein Aufschluss über die genaue Höhe des Vermögens ergibt, das Demosthenes auf ungefähr 14 Talente beziffert, so doch über dessen Verteilung. Die wichtigsten Posten, die er selbst als energá bezeichnet, das heißt als „werteschaffendes Kapital“, sind zunächst zwei Werkstätten (Ergasterien). Die eine war eine Art Waffenfabrik, in der 30 Sklaven Schwerter produzierten. Das musste in der Zeit fortgesetzter Kriege eine lukrative Sache sein, und Demosthenes beziffert den Gewinn, den der Betrieb jährlich abwarf, auf 30 Minen. Dabei waren die Kosten für den Unterhalt der Sklaven bereits abgezogen. Dazu kam eine Schreinerei mit 20 Sklaven, die Liegebetten und Stühle herstellte und einen Reingewinn von zwölf Minen pro Jahr erwirtschaftete. Sie war dem Vater des Demosthenes als Pfand für eine Summe von 40 Minen übergeben worden. Ein Talent bares Geld war ausgeliehen und brachte pro Jahr über sieben Minen, es war also mit zwölf Prozent verzinst. Römische Geschäftsleute verliehen später an Provinzbewohner im Osten gelegentlich auch mit einem Satz von zwölf Prozent monatlich. Insgesamt machten die energá etwa fünf Talente aus und erbrachten knapp 50 Minen jährlich. Das war eine Größenordnung, in der ein athenischen „Normalbürger“ nicht denken konnte. Er lebte mit seiner Familie von etwa drei Obolen täglich. Drei Obolen entsprachen einer halben Drachme, 6000 Drachmen addierten sich zu einem Talent oder 60 Minen.
Auch totes Kapital war reichlich vorhanden. Elfenbein und Eisen, Holz für Bettgestelle, insgesamt 80 Minen wert, dazu Galläpfel und Kupfer, um 70 Minen eingekauft, Hausrat, Trinkgeschirr, Geschmeide und Kleider für rund 10.000 Drachmen und schließlich ein Haus für 3000 Drachmen. Dazu kamen noch 80 Minen an Bargeld. Das ist eine vergleichsweise hohe Summe, so sie korrekt ist, und das lässt vermuten, dass hier – wie es gängige Praxis war – Vermögen verschleiert werden sollte, um nicht zu Abgaben herangezogen zu werden. Vielleicht war die Summe aber auch als Mitgift gedacht.
Als dritte Gruppe zählt Demosthenes schließlich Außenstände auf, die eigentlich zu den energá gezählt hätten, doch er gibt hier keinen Zinsgewinn an. 70 Minen waren als Seedarlehen vergeben, ein bekannt risikoreiches Unterfangen, da bei Schiffbruch die Summe verloren war. Auf der Bank (trápeza) des Pasion waren 24 Minen und auf der des Pylades sechs Minen deponiert, an Demomeles, einen Verwandten, 16 Minen verliehen und an kleineren Summen zu zwei oder drei Minen insgesamt etwa 60 Minen. Alles in allem reklamiert Demosthenes eine Hinterlassenschaft von, wie gesagt, etwa 14 Talenten für sich.6 Hauptbeweis für sein einstiges Vermögen ist aber die Steuerabgabe, für die ihn seine Vormünder veranschlagt hatten. In seiner Symmorie, einer der – die Zahl ist umstritten – 20 Steuergruppen, in welche die 1200 reichsten Athener zusammengefasst waren, sollte Demosthenes mit 500 Drachmen von 25 Minen besteuert werden, die von ihm bezifferte Steuerveranlagung von drei Talenten führt also auf ein Vermögen von etwa 15 Talenten zurück.
Detailliert schildert Demosthenes, wie Aphobos sich die Mitgift und Sachwerte aneignete, schließlich die Werkstatt herunterwirtschaftete, wie sich die beiden anderen Vormünder bereicherten und ihm dann nach Eintritt der Mündigkeit nur noch knapp die Hälfte der Sklaven, das Haus und 31 Minen Bargeld übrig blieben, insgesamt, wie er stark untertreibend zusammenrechnet, 70 Minen. Dazu macht er dann die Gegenrechnung auf, was korrektes Wirtschaften mit den vorhandenen Kapitalien an Gewinn ergeben hätte, und kommt mittels eines Beispieles auf das Dreifache des hinterlassenen väterlichen Vermögens, eine horrende Gesamtsumme also von 42 Talenten, die sein Besitz im Jahre 366 wert gewesen sein soll. Die Forderung, die er schließlich an jeden der drei Vormünder richtete, belief sich auf zehn Talente.7
Demosthenes betrieb eine Art Zahlenmagie. Da ihm jede Möglichkeit fehlte, genaue Zahlen vorzulegen, vor allem, wenn es um den ohnehin hypothetischen Gewinn ging, versuchte er, die Richter mit einer raschen Abfolge von Zahlen, die sie kaum erfassen und schon gar nicht überprüfen konnten, zu beeindrucken: „Aus meinem Vermögen empfangen zu haben, bekennt Aphobos 108 Minen, … Therippides zwei Talente, Demophon 87 Minen. Das macht zusammen fünf Talente 15 Minen. Was davon nach und nach unterschlagen wurde, sind etwa 77 Minen, der Ertrag der Sklaven dagegen das, was sie mit einem Male nahmen, nicht viel weniger als vier Talente, und wenn ihr dazu noch die Zinsen auf zehn Jahre nur zu zwölf Prozent schlagt, so werdet ihr finden, dass das zusammen mit dem Kapital acht Talente und 1000 Drachmen macht. Zunächst sind nun von den 77 Minen betragenden Einkünften der Fabrik die Kosten für den Unterhalt der Arbeiter abzuziehen. Therippides nämlich gab hierzu jährlich sieben Minen her, und soviel empfangen zu haben, bekennen wir. Sie haben mithin 70 Minen in zehn Jahren auf unseren Unterhalt verwandt. Den Rest, die 700 Drachmen lege ich ihnen zu, und um so viel schlage ich diesen Posten höher an. Dasjenige ferner, was sie mir nach meiner Mündigkeit ausbezahlt und was sie für mich als Steuer an den Staat entrichtet, ist von den acht Talenten und, was darüber ist, abzuziehen. Nun haben er und Therippides 31 Minen zurückgezahlt, an entrichteten Steuern aber berechnen sie 18 Minen. Ich will jedoch, um ihnen den Mund zu stopfen, auch hier ein übriges tun und 30 Minen sagen. Von den acht Talenten (48.000 Drachmen) nur dies eine abgezogen, bleiben sieben, und diese müssen sie nach dem, was sie empfangen zu haben selbst bekennen, notwendigerweise in Händen haben.“8