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Die Seelenbefreierin

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1976-1978


In den 70er Jahren war ich als sogenanntes „Gastarbeiterkind“ griechischer Eltern eine mehr oder weniger exotische Erscheinung in der schulischen Landschaft. Die anfänglichen Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache erschwerten mir den Zugang zu den Unterrichtsinhalten und den Menschen deutscher Herkunft. Dank der Unterstützung jedoch einer besonders herausragenden Klassenlehrerin im 5. und 6. Schuljahr– meiner Klassenlehrerin Frau Mann - wurde ich im Laufe der Jahre der deutschen Sprache immer mächtiger und sicherer. Ihre immer wieder bestärkende und wertschätzende Art und Weise machte mir Mut und gab mir Kraft mein Ziel, eine gymnasiale Empfehlung zu bekommen, konsequent zu verfolgen.

Ein besonderes Ereignis bzw. Geschehnis bleibt mir in diesem Zusammenhang in lebendiger Erinnerung:

Nach Abschluss der zweijährigen Förderstufe (5. und 6. Schuljahr) bekam ich eine Empfehlung für die Realschule. Die Nachricht darüber erschütterte mich sehr. Alle meine Träume zerbrachen in wenigen Minuten. Zu Hause bei meinen Eltern brach ich in Tränen aus und litt sehr. Diese wussten sich zunächst einmal nicht zu helfen, da ihnen das deutsche Schulsystem unbekannt war. Darüber hinaus waren sie aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten sehr unsicher, meinen Lehrern zu begegnen und mögliche Alternativen zu besprechen. In der Schule wirkte ich womöglich sehr verschlossen und traurig, denn eines Tages sprach mich meine Klassenlehrerin, Frau Mann, darauf an. Da ich ihr sehr vertraute, brach alles aus mir heraus und ich fühlte mich befreit. Sie erzählte mir von der Möglichkeit, an einer „Probewoche“ an einem Gymnasium in unserer Stadt teilzunehmen und mich prüfen und beobachten zu lassen. Ich war nicht besonders davon begeistert, denn nach der Realschulempfehlung zweifelte ich an meinen Fähigkeiten. Mit einem ausgeprägten Einfühlungsvermögen sprach sie damals auf mich ein. Ihre Empathie, ihre Sensibilität und ihre motivierende Art ließen mich wieder Vertrauen in meine Fähigkeiten fassen. So erklärte ich mich schließlich mit ihrem Vorschlag einverstanden. Es fand ein Gespräch mit meinem Vater statt, in welchem sie ihn über das Schulsystem bzw. die Probewoche aufklärte. Außergewöhnlich war die Tatsache, dass sie sich die Zeit nahm, meinen Vater bei den Behördengängen zu begleiten. Sie setzte sich konsequent für unser Anliegen ein und glaubte an mich. Ich bestand die Probewoche und kam aufs Gymnasium.

Ihr Glaube und ihre Zuversicht bleiben mir unvergesslich. Ihr Engagement für mein Anliegen war ein ausschlaggebender und tragender Faktor, den schulischen Weg einzuschlagen, der meinen Zielen entsprach und mich erfolgreich bis zum Abitur führte.


Sofia Bruchhäuser

M.A., Lehrerin, Rüsselsheim

Lehrer Loben

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