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DER KLEINE SONNENSCHEIN

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Ein kleiner Sonnenschein erblickt an einem warmen Sommertag das Licht der Welt. Ein Strahlekind. Gewollt. Geliebt.

Ein Wunschkind.

Susanne.

Voller Zuversicht und Optimismus bin ich in dieses Leben gepurzelt. Volle Kraft voraus! war schon als Baby meine Maxime. Meinem herzlichen und sonnigen Wesen gelang es sofort, die neue Umgebung zu erobern. Löwenkräftig und stolz präsentierte ich meine leuchtende Aura. Meine Wiege war prall gefüllt mit Lebensfreude und Selbstvertrauen. Und immer schon war da dieses gewisse Etwas – ein Strahlen, das jeden, den es erreichte, selbst zum Leuchten brachte. Wie pures Gold wurde ich mit günstigen kosmischen Kräften bedacht, geballter Energie und einer natürlichen Autorität.

Es ist kein Geheimnis: Ich ließ mich gerne und oft bewundern. Licht an! Hier bin ich! Schaut her! Platz da!

Ein Prachtkind.

Es gab viel Raum für meine frühkindlichen Entwicklungen, wenig Störungen und keine Geschwisterrivalität. Ich war die Erstgeborene. Geliebte Tochter von Mama und Papa. Geliebt und geborgen. Ich glaubte fest, das würde immer so bleiben. Wohlbehütet lag ich im Schoß meiner Familie.

Paradies auf Zeit.

Als Kind hatte ich ein natürliches Anrecht darauf, glücklich zu sein. Mein Geburtsrecht. Das Schicksal hatte andere Pläne mit mir. Es vertrieb mich unerwartet von der Insel der Seligen, aus dem heiligen Land, aus der schützenden Umarmung meiner Eltern. Es gab keine Anzeichen oder Vorahnungen. Ich war mit zwei liebenden Eltern gesegnet und strahlte im Kinderwagen mit vorübergehenden Passanten um die Wette. Auf Fotos aus meinen ersten Lebensjahren wirke ich aufgeweckt, pfiffig und lebenslustig. Der Schalk saß mir Nacken. Ein liebenswerter Frechdachs. Zuckersüß. Bestimmend. Eine kleine Kommandozentrale mit Charme – so ist es auch heute noch.

In dieser Babyzeit spürte ich viel Liebe und Wärme um mich herum. Meine Mama nahm ihre Mutterrolle im jungen Alter von zwanzig sehr ernst und steckte ihr ganzes Herzblut hinein. Liebevoll und einfühlsam schaffte sie mir ein harmonisches Heim, in dem ich geschützt wachsen und gedeihen durfte. In ihren Armen habe ich Kraft getankt für die große, weite Welt. Sie war mir Anker, Nest und Hafen. Ich war ihr persönlicher Fingerabdruck der Liebe.

Eine Bilderbuchmama.

Drei Jahre lang durfte ich die Welt unter ihrem Schutz erkunden. Eine Seltenheit zu dieser Zeit, zumal in der DDR. Meist gingen die Frauen nach knapp einem Jahr wieder arbeiten und die Kinder kamen in die Kinderkrippen. Aus der süßen Nacht gerissen. Morgens halb sechs im Fahrradkörbchen, Plastikvisier vor dem Gesicht, taumelnd. Das blieb mir erspart. Ich schlief selig, hatte Mama ganz für mich alleine. Zeiten der Ruhe, Wonnestunden, Gelegenheiten für Liebe. Wir haben gelacht und gekuschelt und unser Glück geteilt.

Heute, wenn der Schmerz übermächtig ist, sehne ich mich in meinem ganzen Sein in diesen mütterlichen Schutzraum zurück, eingehüllt in eine weiche Wolke aus Liebe und Verständnis. Besser noch zurück in den Mutterbauch, in die wohlbehütete Höhle mit bombensicherer Plazenta. Dann rolle ich mich auf der Couch zusammen wie ein Embryo, lege eine schwere dunkle Decke über mich und tauche ab in meinen hermetischen Unterschlupf. In diesem geschützten Raum erinnere ich mich an die ersten Jahre meines Lebens und meinen unerschütterlichen Glauben, die Welt sei ein guter Ort. Ich habe diesem Leben vertraut. Ich habe darauf vertraut, von meiner Mutter, meinem Vater und Gott beschützt zu werden. Ich war mir so sicher, dass es das Leben gut mit mir meint. Ich war ein Kind der Sonne. Ihr Schatten war groß. Mein stärkster Schutzschild war mein Vater.

War.

Ich war die Prinzessin meiner Eltern.

Wundervoller Eltern.

Aufschrei

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