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KEVIN COSTNER UND DER HANDSCHLAG VON SCHLADMING

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Alfred Riedl würde sich selbst wohl niemals als einen Faker bezeichnen. Nach meiner Definition ist er es inzwischen auch längst nicht mehr. Doch seine Karriere ist in meinen Augen ein Paradebeispiel für den Aufstieg eines Fakers. Riedl hat das Grundprinzip Fake it until you make it – erst Schein, dann Sein – bei seiner Marke Jacques Lemans angewendet wie kaum ein Zweiter in der Welt des Geltungskonsums. Der Kärntner und gelernte Elektrotechniker hatte in den 1970er-Jahren die Idee, mechanische Armbanduhren von hoher Qualität für eine breite Käuferschicht erschwinglich zu machen. Er setzte auf japanische Uhrwerke und ließ seine Uhren in Hongkong produzieren. Riedl, der einst als Vertriebler für die Marke Corona in die Uhrenbranche einstieg, arbeitete viele Jahre hart für seinen Erfolg. Heute ist sein Unternehmen Jacques Lemans in 125 Ländern der Erde am Markt und hat weltweit rund 9.500 Verkaufsstandorte. Nicht zu vergessen, dass Jacques Lemans den Hollywoodstar Kevin Costner als Markenbotschafter gewonnen hat – angesichts der Markenhistorie so etwas wie ein Ritterschlag.

Die Marketingabteilung des Riedlschen Uhrenimperiums verbreitet hierzu via Homepage die Geschichte einer folgenreichen Begegnung zwischen dem Unternehmer-Ehepaar und dem Hollywoodstar. Schauplatz ist der bekannte steirische Skiort Schladming. Bei der dortigen Ski-WM im Jahr 2012 sollen Alfred und Andrea Riedl dem Herrn Costner eher zufällig begegnet sein. Nach dem Konzert einer amerikanischen Band sei man ins Gespräch gekommen, sich auf Anhieb sympathisch gewesen und habe sich dann gleich für den nächsten Morgen zum Frühstück verabredet. Bei diesem déjeuner à trois mit den Eignern von Jacques Lemans in Chladmé – pardon: Schladming – habe sich „Kevin“ (so der Werbetext jovial) dann als echter Uhrenliebhaber geoutet und sei anschließend sofort einverstanden gewesen, künftig als Markenbotschafter für die Uhren von Jacques Lemans aufzutreten. Tout de suite per Handschlag war es also besiegelt zwischen dem Riedl Alfred und dem Costner Kevin.

Egal, ob es sich nun tatsächlich so zugetragen hat oder in Wirklichkeit ein wenig anders: Wir erleben hier einen Faker nach dem höchst erfolgreichen Ende seines Fakes. Alfred Riedl ist 2012 ein gemachter Mann – Inhaber einer Weltfirma, Schöpfer einer globalen Marke. Völlig zu Recht bewegt er sich auf Augenhöhe mit internationalen Stars. Dass seine Uhrenmarke eine eher populäre und keine elitäre ist, sollte dabei nicht als Makel angesehen werden. Denn: „Beste Qualität und Verarbeitung zu einem erschwinglichen Preis“ – das war und ist die Unternehmensmission von Jacques Lemans. Mission erfüllt. Und zwar auf der ganzen Linie: Der Fake hat sich längst erledigt.

Heute hat die Marke den sprachlichen Anklang an den Genfer See und die Assoziation mit den Schweizer Manufakturen gar nicht mehr nötig. Jacques Lemans hat ausreichend eigenes Markenkapital aufgebaut. Das lässt sich auch daran ersehen, dass im Marketing nun ganz offensiv von einer „österreichischen Uhrenmarke“ die Rede ist. Und in den Markenstorys kommen Orte wie Schladming vor. Die Storyteller mussten die oben skizzierte Szene also nicht etwa nach Chamonix verlegen. Ich habe Alfred Riedl aufgrund dieser Costner-Story sogar zunächst für einen Steirer und nicht für einen Kärntner gehalten. In Kärnten übrigens wird auch weiterhin nicht Französisch gesprochen, doch die Adresse des Firmensitzes von Jacques Lemans lautet mittlerweile: Jacques-Lemans-Straße 1, 9300 St. Veit an der Glan.

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