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Kapitel 15

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Die Sonne bei Nacht war, wie sich nun herausstellte, das riesige Steinhaus in der Mitte des Dorfes, bei dem großen Platz, wo wir tagsüber immer mit den Kindern spielten. Nun sah ich es zum ersten Mal von innen. Es hatten sich bereits viele Hortenser dort versammelt, darum war es laut und man konnte das Flötenspiel im Hintergrund kaum noch vernehmen. Die Luft war stickig, da einige von ihnen rauchten. Andere schnupften oder kauten Tabak.

„Hey, Astor!“, rief einer von ihnen. „Lange nicht gesehen. Wo warst du? Etwa wieder in der Menschenwelt rumspioniert?“ Doch als ich hinter Astor vortrat, um zu sehen wer da sprach, interessierte sich der gutaussehende Wassergeist gar nicht mehr für ihn. „Ach, darum warst du so lange nicht mehr hier... Wie ich sehe hast du jemanden mitgebracht... Hübsches Ding! Deine Freundin?“, begann dieser ein neues Thema, worauf noch weitere männliche Hortenser auf mich aufmerksam wurden, ihm zustimmten und mir hinterher pfiffen.

„Sie ist nicht die Art von Freundin, die ihr denkt“, meinte Astor darauf nur und setzte sich. Ich tat dasselbe.

„Ich hatte wohl vergessen zu erwähnen, dass weibliche Hortenser in der Sonne bei Nacht etwas unüblich sind, aber durchaus erwünscht...“, flüsterte mir Astor etwas entschuldigend zu.

„Was gibt’s denn da zu tuscheln?“, interessierte es den Wassergeist. „Ich dachte, sie ist nicht deine Freundin?“

„Ist sie auch nicht“, meinte Astor genervt.

„Dann hast du doch sicherlich nichts dagegen, wenn wir uns ein bisschen um sie kümmern...“, wandte er anschließend ein. Seine Freunde johlten auf. Was bildete sich der Typ da eigentlich ein?

„Wenn Lillian nichts dagegen hat...“, meinte Astor darauf nur.

„Oh, ich habe sicherlich nichts dagegen, sie ein bisschen in die Mangel zu nehmen“, erklärte ich, worauf der Wassergeist auflachte.

„Gut, Lillian. Ich bin Pai“, stellte er sich mir vor.

„Schöner Talisman“, fiel mir auf. „Könnte ich mir den mal ausborgen?“ Astor musste grinsen.

Pai sah mich missverständlich an. „Für was denn?“

„Etwas ausprobieren. Mehr möchte ich dazu nicht sagen“, kam es nur von mir.

„Und warum sollte ich das machen? Wenn du mir nicht mal sagst, wofür du ihn möchtest, wäre eine Gegenleistung sehr angebracht“, fand er.

„Ich hätte da eine andere Idee. Wie wäre es, wenn wir darum spielen? Wenn ich gewinne, gehört mir dein Glücksbringer, wenn du gewinnst... schlag mir doch was vor“, bot ich ihm an. Seine Freunde drängten ihn, mitzumachen, doch er zögerte.

„Welches Spiel?“, wollte er schließlich wissen.

Schach würde zu lange dauern, da ich an diesem Abend darauf aus war, so viele Zinntalismane wie nur möglich zu gewinnen. Darum wählte ich Matik. Inzwischen hatte ich es sehr oft gegen mich selbst gespielt und die verschiedensten Taktiken und Züge ausprobiert und durchdacht. Das Ergebnis war recht anschaulich. Pai stimmte zu, forderte aber, wenn er gewinne, müsste ich mit ihm tanzen. Doch so weit kam es nicht. Stattdessen gehörte sein Anhänger nun mir.

„So, wer will als Nächstes?“, fragte ich in die Runde. „Jeder, der etwas aus Zinn besitzt, kann gegen mich antreten.“

So spielte ich weiter um Talismane. Die Gegenleistungen waren nicht sehr einfallsreich: Dass ich für sie singe oder dass ich für sie tanze, dass ich singe und tanze, dass ich mit einem von ihnen tanze,... Es wiederholte sich langsam, nicht nur die Einsätze, auch die Spieler, da diese meist mehr als einen Anhänger besaßen. Doch nie gewann einer von ihnen gegen mich und die Amulette häuften sich, sodass ich einmal sogar um einen Sack spielte, in dem ich das Zinn transportieren könnte. Da ich beschäftigt war und Astor sich beim Zusehen wohl langweilte, da ich sowieso immer gewann, hatte er sich inzwischen zu einer anderen Gruppe gesellt und rauchte mit ihnen an der Wasserpfeife. Ich war zwar immer gegen das Rauchen, aber es war ja seine Sache und es ging mich darum auch nichts an.

„Ich habe hier noch zwei Amulette, die ich einsetzen möchte“, erklärte Pai dann. „Wenn du gewinnst, kannst du sie beide haben. Aber wenn ich diesmal gewinne, möchte ich einen Kuss von dir. Nimmst du an?“

Astor hatte das wohl auch mitgekriegt, denn er wurde sichtlich neugierig. Doch ich ließ mich nicht von ihm ablenken. Ich war übermütig geworden, da mir keiner von ihnen das Wasser reichen konnte. Trotzdem überlegte ich. Wenn ich annähme, käme ich mir da billig vor? Andererseits weiß ich ja, dass ich gewinnen werde...

„Darf ich dir einen Zug anbieten, während du darüber nachdenkst?“ Pai hielt mir die Wasserpfeife hin.

„Nein, danke. Ich rauche nicht“, lehnte ich ab, doch Pai ließ nicht locker. „Aber das ist was ganz Neues! Riech nur mal daran!“

Also hielt ich kurz meine Nase darüber. Das konnte ja wohl nicht schaden. Es roch wirklich gut... verführerisch und süßlich... nach... ich wusste es nicht. Ich kannte diesen Geruch nicht. Ich wusste nur, dass es lecker roch und dass ich mehr wollte...

„Ach komm schon, Lillian. Riech doch wenigstens richtig daran. Alle Luft ausstoßen und dann ganz tief einatmen! Inhalieren!“, erklärte er mir. So gefährlich konnte es doch nicht sein. Die anderen, mitunter auch Astor, rauchten das Zeug schließlich auch. Also atmete ich den Duft fest ein, damit Pai endlich Ruhe gab. Plötzlich war ich richtig gut gelaunt. Ich war glücklich!

„Ach, was solls? Ich nehme an!“, rief ich endlich.

„Was?!“, kam es nun von Astor, der aufstand und zu unserem Tisch herüberkam.

„Wie gesagt, Astor. Es ist ihre Sache. Misch dich also nicht ein“, wies ihn Pai zurecht, nahm einen kräftigen Zug aus der Wasserpfeife und stieß den ganzen Rauch Richtung Astor aus, der plötzlich ganz entspannt in seinen Sessel zurücksank. Ich hatte dabei von dem einzigartigen Duft auch noch etwas abbekommen. Als mir einer von Pais Freunden dann noch die Wasserpfeife reichte, nahm ich gierig noch einen kräftigen Zug davon, da ich mir irgendwie einbildete, so könne ich besser spielen. Heraus kam, dass ich ziemlich schlimm zu husten begann.

„Also, das Spiel geht weiter“, wurde ich wieder von Pai, der mir gegenüber saß, aufmerksam gemacht. Zwischen den Zügen bemerkte ich noch, wie sich eine dicke Motte durch einen kleinen Spalt des Fensterladens den Weg bahnte um das Licht der Fackeln im Raum zu umschwirren. Das war das Letzte, an das ich mich erinnern konnte...

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