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Englands Kriegserklärung und ihre Wirkung auf die Ostsee.

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Prinz Heinrich konnte mit seinen schwachen Seestreitkräften seine vornehmlichste Aufgabe, die im Schutz der Kieler Bucht bestand, unmöglich ausführen. Als sich immer klarer herausstellte, dass bald die Kriegserklärung Englands erfolgen würde, drängte er deshalb beim Admiralstab auf die Genehmigung der Sperrung der tiefen Gewässer im Großen und Kleinen Belt durch Minen. Dies war aber nur durchführbar, wenn ein Teil der hierfür erforderlichen Sperren im Großen Belt auch auf dänischem Hoheitsgebiet ausgelegt wurde.

Die Hoheitsgewässer eines an die See grenzenden Staates erstrecken sich nach alten internationalen Vereinbarungen vom Strande bis zu einer Entfernung von drei Seemeilen von der Küste. Eine Seemeile (sm) beträgt 1852 Meter, die Strecke von drei Seemeilen also 5556 Meter vom Ufer gerechnet. Diese Festsetzung erfolgte seiner Zeit, da man damals rund 5000 Meter als die größtmöglichste Schussentfernung eines am Strand aufgestellten Geschützes annahm. Was hätten wir heute für schöne weite Hoheitsgewässer, wenn bei dieser Festlegung etwa schon die Reichweiten unserer Marine-Ferngeschütze zugrunde gelegt worden wären, die im letzten Teil des Krieges Paris beschossen!

Prinz Heinrich erhielt auf seine Anfrage trotz mehrfachen telefonischen Anrufs keine klare Entscheidung aus Berlin. Unsere Regierung hatte zwar bereits bei Dänemark wegen der Sperrung der Belte in gemeinsamer Arbeit ungefragt, aber noch keine Antwort erhalten.

Nachdem die Nachricht von der Kriegserklärung Englands in Kiel eingegangen war, befahl Prinz Heinrich in höchstem Verantwortungsgefühl selbständig die Sperrung des Großen Beltes in der Nacht vom 4. bis 5. August und des Kleinen Beltes bei Helligkeit am 5. August.

Der Chef der aus den älteren Kreuzern und einigen Hilfsschiffen bestehenden „Küstenschutz-Division der Ostsee“, Konteradmiral Mischke, wurde mit der Durchführung dieser Aufgaben betraut. Am 5. August vormittags ging beim Admiralstab die telegraphische Meldung von der erfolgten Sperre der Belte ein. Hierin wurde besonders betont, dass ein Flügel der Sperre im Großen Belt auf dänischem Hoheitsgebiet gelegt werden musste.

Im Auswärtigen Amt verursachte diese Meldung höchste Aufregung. Die dänischen Hoheitsrechte waren ja durch die selbständige Maßnahme des Prinzen Heinrich verletzt worden! Unser Gesandter in Kopenhagen erhielt deshalb sofort Befehl, sich diesetwegen bei der dänischen Regierung zu entschuldigen. Bevor er diesen Besuch aber ausführen konnte, war er bereits in der Lage, zurückzumelden, dass dänischerseits die Sperrung der beiden Belte schon selbst vorgenommen sei, und gewisse Sperrmaßnahmen auch im Sund in Angriff genommen würden.

Am Tage darauf überreichte der dänische Gesandte in Berlin im Auswärtigen Amt noch eine ergänzende Note. Die dänische Regierung erklärte hierin, dass sie im britisch-deutschen Krieg absolute Neutralität bewahren würde. Um alle Kriegsoperationen von ihren Grenzen fern zu halten, und die Verbindung ihrer Landesteile sichern zu können, habe sie von sich aus bereits, die auch von deutscher Seite angeregte Sperrung vorgenommen.

Nun atmete man in Berlin erleichtert auf, dieser schwierige und etwas heikle Fall war ja erledigt.

Für die Sicherung der Kieler Bucht war die Sperrung der Belte unumgänglich notwendig gewesen. Überfälle starker englischer Streitkräfte auf die in den ersten Tagen der Ausrüstung der Reserveschiffe besonders wichtigen Werftanlagen oder die Schleusen des Kaiser-Wilhelm-Kanals konnten nur nach Sperrung der Beltpassagen abgewehrt werden. Der Sund kam wegen zu geringer Wassertiefen für die Durchfahrt von Großkampfschiffen nicht in Frage. Vorläufig schien eine gewisse Bewachung der Sundpassage durch uns daher zu genügen.

Durch die Sperrung der Belte ist tatsächlich während des ganzen Krieges die westliche Ostsee vor feindlichen Angriffen geschützt geblieben. Ihre Gewässer waren ständiger Übungsplatz unserer Flotte und der neu in Dienst gestellten Kriegsfahrzeuge. Vor allem konnte hier auch die Erprobung sämtlicher neuen U-Boote und die Ausbildung ihrer Besatzungen ungestört erfolgen.

Wäre eine Sperrung der Belte unterblieben, so hätte im weiteren Verlauf des Krieges leicht eine Verschiebung kriegerischer Operationen in das Gebiet der Ostsee erfolgen können. Hierdurch konnte die dringend für uns erforderliche Aufrechterhaltung der Seeherrschaft in der Ostsee in Frage gestellt werden.

An der Belt-Sperrung ist später von mancher Seite Kritik geübt worden, da wir uns selber hierdurch auch die Möglichkeit der Benutzung dieser Gewässer übereilt genommen hätten. Diese Kritiker übersehen aber meist ganz, dass wir uns im Kleinen Belt eine Durchfahrtsrinne, selbst für tiefstgehende Schiffe frei gehalten haben. Dieses wurde im Krieg natürlich geheim gehalten. Oft wurde diese Durchfahrt von Flottenschiffen benutzt. Im zweiten Teil des Krieges war der Kleine Belt infolge der immer stärkeren Verseuchung der Nordsee durch englische Minen zeitweise sogar das einzige Ausfallstor unserer U-Boote von der Heimat in die freie Nordsee.

Von den Kritikern, die die Sperrung der Belte als übereilte Maßnahme bezeichnen, wird als Beweis für ihre diesbezügliche Ansicht auch angeführt, dass England die Sperrung dieser Durchfahrten ohne große Protestschritte bei der dänischen Regierung hinnahm. Hieraus schließen sie, dass die Sperrung der Belte von England direkt begrüßt worden wäre. Es kann ruhig zugegeben werden, dass England auf Grund seiner Hauptoperationspläne die Schließung der Beltpassage für die deutsche Flotte nicht ungerne sah. Die englischen Pläne waren uns aber natürlich nicht bekannt. Eine Störung für seine Ostsee-Handelsschifffahrt kam praktisch für England durch Verschließung der Beltpassage in keiner Weise in Betracht. Englische Handelsschiffe hätten bei der Nähe unseres Hauptstützpunktes Kiel auf Fahrten durch die Belte ein zu großes Risiko der Kaperung gelaufen. Sie wären daher auch ohne die Sperrung fraglos durch den Sund umgeleitet worden. Diese frei bleibende Passage genügte aber vollkommen für den englischen Ostseehandel.

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