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4 Ökofeminismus im globalen Zeitalter

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Mit der Globalisierung wird es notwendig, über westliche Denkmuster hinauszugehen, und dementsprechend gilt es darzulegen, wie sich Ökofeminist*innen im Rahmen der Weltreligionen Erkenntnisse erarbeiten.34

Obwohl die jüdische Tradition35 die Hebräische Bibel mit dem Christentum teilt, entwickelt sie ökofeministische Erkenntnisse auch im Talmud durch die drei Konzepte »bal tashit (nicht zerstören), shomrei adamah (die Erde hüten) und tikkun olam (die Welt reparieren)«.36

In ähnlicher Weise kann eine hermeneutics of retrieval, eine Hermeneutik der »Wiederherstellung«, die danach strebt, heilige Texte von patriarchalen Fehlübersetzungen und falschen Interpretationen zu befreien, auf den Koran angewandt werden, um eine ökofeministische Theologie37 zu gestalten. Diese basiert auf einem Schöpfungskonzept, das die Verantwortung des Menschen für die Bewahrung der Erde, die gegenseitige Abhängigkeit von allem von Gottes Souveränität und ein Konzept des Bundes hervorhebt. Nawal H. Ammar setzt befreiungstheologische Ansätze ein, um im Rahmen des Korans an transformativen Praktiken zu arbeiten, darunter die Achtung der Vielfalt und die Mitwirkung aller Lebewesen, der Schutz ihrer Rechte und die Aufrechterhaltung der Harmonie in allen Gemeinschaften, unabhängig vom Geschlecht.

Eine weitere thematische Kontinuität lässt sich in Bezug auf den Buddhismus herstellen. Joanna Macy schreibt in vergleichbarer Weise wie Gebara. Macy stellt insbesondere Folgendes fest: Sobald man die Geschichte der Welt als eine Erweiterung der eigenen erlebt habe, würde man lernen, dass wir in gewisser Weise unsere Welt sind, die über sich selbst reflektiert. Sie sagt, dass »wir zu der Erfahrung zurückkehren, wie wir es nie zuvor konnten, dass wir sowohl das Selbst in der Welt als auch ihr*e wertgeschätzte*r Geliebte*r sind«.38 Macy nimmt in ihrem Werk das Plädoyer Gebaras für eine gegenseitige Abhängigkeit und Verwandtschaft aller Lebewesen ebenso ernst wie die Idee eines Zwecks des Menschen, der es der Schöpfung erlaubt, über ihre eigene Schönheit nachzudenken. Diese Ideen stehen im Einklang mit der buddhistischen Kosmologie und haben eine Bewegung des »Grünen Buddhismus« ins Leben gerufen.39

Ökofeminist*innen, die aus der Perspektive des Hinduismus schreiben, greifen auf ihre eigenen nicht-dichotomen Kategorien zurück und betonen, wie zentral die Immanenz des Göttlichen für die Bhagavad Gita sei.40 Vindana Shiva ist eine wichtige Figur in der Entwicklung des indischen Ökofeminismus. Sie hat ihren Aktivismus auf eine Reihe von Initiativen ausgerichtet: Ivy, eine Kollaboration von indischen Ökofeministinnen, schreibt zum Beispiel über die Kämpfe im Narmada-Tal, die sich gegen die dort gebauten Staudämme richten.41

Die wachsende Zahl der afrikanischen42 Ökofeminist*innen baut entweder auf einer präkolonialen Hermeneutik auf, die eine fluide Weltsicht privilegiert, in der die natürliche und die menschliche Welt nicht getrennt sind, sondern ein integriertes Ganzes bilden. Oder sie fokussiert auf eine christliche Perspektive, nämlich das von Radford Ruether, Gebara und anderen verfochtene Befreiungs- und Transformationsmodell. Zwei Initiativen sind hier hervorzuheben: In Kenia war Wangari Maathai Vorsitzende der Bewegung für den Green Belt, den grünen Gürtel, die sich für die Rückgewinnung von angestammtem Land einsetzt, um die traditionelle Nahrungsmittelversorgung wiederherzustellen.43 Außerdem fördert die Initiative des simbabwischen Tumami Mutasa Nyajeka zur Gründung der Earthkeeping Churches (AAEC) das Leben in einer ökologisch ausgewogeneren Welt und bittet gleichzeitig um Vergebung für die Erforschung des Ökosystems.44

Bezüglich der neopaganen Religionen ist die Schriftstellerin Starhawk eine zentrale Figur.45 Sie setzt eine ursprüngliche matriarchale Gesellschaft voraus, die durch das Patriarchat herabgewürdigt worden sei. Ihre Analyse der verschiedenen Arten von Macht führt zu einem Programm für wirtschaftliche Transformation, das sich wiederum, durch die Dynamik von Ritualen und Permakultur, in Aktivismus auf lokaler Ebene ausprägt.

Ökofeministische Theoretiker*innen und Praktiker*innen zeigen also eine Anzahl gemeinsamer Themenbereiche auf. Diese wurden von Pierce als »Offenheit und Aufmerksamkeit gegenüber einer Vielfalt von Perspektiven«, »Relationalität und gegenseitige Abhängigkeit«, »Subjektivität aller menschlichen und nichtmenschlichen Entitäten«, »eine weltliche Soteriologie« und ein »Bedürfnis nach einer Öko-Spiritualität«46 identifiziert.

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