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1.3. Erste Unterscheidungen

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Es empfiehlt sich zunächst, einen sprachgeschichtlichen Einstieg und eine Analyse der Verwendung der Begrifflichkeit der fast 500 Belege in den Schriften des Neuen Testaments zu wählen: nicht, um das Lexem aus der Geschichte seiner Verwendung in der griechischen Literatur abzuleiten, sondern um seinen Gebrauch nacheinander in denjenigen Schriften oder Schriftengruppen auszulegen, die gehäuft und reflektiert von ihm Gebrauch machen. Hierbei ist jeweils der theologische Kontext der Schrift oder der Schriftengruppe unbedingt zu beachten. Eine thematische Darstellung (so Haacker 1984), die den Glauben nacheinander in Beziehung zu Mission, Rechtfertigung, Ethik etc. setzt, empfiehlt sich nicht, da ein solches Vorgehen den falschen Eindruck vermitteln würde, im Neuen Testament lägen zu diesen Themen bereits reflektierte Positionen vor. Die Glaubensthematik entwickelt sich jedoch erst in spezifischer Weise im frühen Christentum, sie wird sprachlich verdichtet und dies in sehr unterschiedlichen Akzentuierungen, was wiederum nur in den Schriften oder Schriftengruppen je für sich zu erkennen ist.

Das Beachten der Sprachentwicklung kann einerseits helfen, vorschnellen theologischen Interpretationen entgegenzutreten. Andererseits ist nach einer spezifischen Prägung der neutestamentlichen Autoren zu fragen, für die Anknüpfungspunkte in alttestamentlicher, jüdischer, griechisch-hellenistischer und römischer Tradition gegeben sind und die sie auch wahrgenommen haben (insgesamt Schließer 2011: 9–26). Gleichwohl scheint die Häufigkeit und Konzentration dieses Lexems in den neutestamentlichen Schriften gegenüber der Tradition und dem paganen Umfeld darauf hinzudeuten, dass das frühe Christentum nicht einfach bestehende Begriffsfelder weiterführte, sondern dass ein spezifisch christliches Anliegen für diese Ausprägung leitend war (Barth 1992: 218). Noch deutlicher formuliert Thomas Schumacher: Die Entstehung einer christlichen Sprache basiert nicht auf Wortneuschöpfungen oder Begriffsumprägungen, sondern dadurch, »dass die entsprechenden Begrifflichkeiten in einem neuen spezifisch christlichen Bezugsrahmen verwendet worden sind« (2012: 476).

Schon bei einem einzigen Autor, etwa bei Paulus, kann das |37|Substantiv πίστις (»Glaube«) sehr unterschiedliche Bedeutungen haben und es kann sogar zwischen theologischem und nichtreligiösem Sprachgebrauch wechseln: Glaube, Vertrauen (Röm 4,5), Treue (Röm 3,3). Auch griechische Wörterbücher bieten in großer Breite ›Vertrauen, Glaube, Treue, Zuverlässigkeit, Versprechen, Glaubwürdigkeit oder Beweis‹ als Übersetzungsmöglichkeiten für πίστις an. Diesen uneinheitlichen Sprachgebrauch einerseits und die mit πίστις, πιστεύειν (»Glaube, glauben«) gegebene Reziprozität profaner und religiöser Beziehungen andererseits teilt Paulus mit der Sprache seiner Zeit.

Paulus bindet πίστις (»Glaube«) sehr oft in bedeutungsschwere Ketten (1Kor 13,13; Gal 5,22), Präpositionalkonstruktionen mit διά (»durch«), ἐκ (»aus«), ἐν (»in«), εἰς (»auf«), ἐπί (»auf«), σύν (»mit«) (Röm 1,17; 3,22.25 u.a.) und vor allem Genitivverbindungen ein (Glaubensgehorsam, Christusglaube, Gottesglaube, Glaubensgesetz, Glaubensmaß, Glaubensgerechtigkeit, Glaubensanalogie, Glaubenswerk, Glaubenswort, Glaubensgemeinschaft, Glaubensgenossen, Glaubensdienst u.a.), deren Übersetzung und Deutung ausgesprochen schwierig und daher strittig sind. Auch bildet er Antithesen wie ›Werke des Gesetzes‹ und ›Glaube an Jesus Christus‹ (Gal 2,16; vgl. auch Röm 3,28) oder ›glauben‹ und ›wirken‹ (Röm 4,5), oder er schafft sprachliche Verdichtungen (Röm 3,30; 5,1; Gal 5,5), neue Zuordnungen wie die von Glaube und Liebe (Gal 5,6; 1Kor 13,13; 1Thess 3,6; 5,8) oder ›von Glaube zu Glaube‹ (Röm 1,17) und schließlich markante Kernsätze (Röm 14,23b). Das Johannesevangelium verknüpft Glauben vornehmlich mit Erkennen und Sehen und ordnet die in den Wundern Jesu offenbare Herrlichkeit dem Glauben zu.

Es sind sachliche Unterscheidungen getroffen worden, die zu folgenden hilfreichen Kategorien auf die Sache des Glaubens geführt und Perspektiven eröffnet haben (Dalferth 1992: 108; Schließer, 2011: 11):

1 Ich glaube, dass … bzw. etwas (doxastisches Fürwahrhalten).

2 Ich glaube jemandem (fiduziales Vertrauenschenken).

3 Ich glaube an jemanden (personales Sichverlassen).

Man könnte auch, aus einer leicht veränderten Perspektive

1 von einer subjektiven Seite des Glaubens, also von einem vom Einzelnen zu vollziehenden Glaubensakt sprechen,

2 von einer intersubjektiven, also von einer gemeinschaftlichen, Identität stiftenden ekklesiologischen Seite und schließlich

3 |38|von einer transsubjektiven Seite, die sich auf das dem Glauben zugrunde liegende Heilsereignis bezieht (Schließer 2011: 21).

Natürlich gibt es Überschneidungen und gemeinsame Schnittmengen. Die unterschiedlichen Perspektiven helfen dabei, die Vielschichtigkeit im Blick zu halten und doch gleichzeitig zu strukturieren.

Im Blick auf den neutestamentlichen Sprachgebrauch kann man noch feiner differenzieren (Barth 1992: 220–223) und folgende Unterscheidungen treffen:

1 Glaube an Jesus Christus (bzw. an den Sohn, an den Menschensohn, an den Namen Christi, an den Herrn u.a.): Joh 3,36; 12,11; Gal 2,16; 1Petr 1,8 u.a.

2 Glaube an Jesus Christus unter Bezugnahme auf das, was Gott an Jesus Christus getan hat. Hier finden sich formelhaft verdichtete Sätze, die mit πιστεύω ὅτι (»ich glaube, dass«) einsetzen und danach das Handeln Gottes an Jesus Christus beschreiben: Joh 6,69; Röm 10,9; 1Thess 4,14 u.a.

3 Das Zum-Glauben-Kommen wird zumeist im Aorist angesprochen. Die πιστεύσαντες sind die »zum Glauben Gekommenen« oder einfach auch die »Glaubenden«: Apg 4,4; Röm 13,11; Eph 1,13 u.a.

4 Der Glaube erscheint wie eine Haltung oder ein Stand, in dem man sich befindet, der bewahrt werden muss und der gefährdet ist: 1Kor 2,5; Kol 1,23; Eph 6,16 u.a.

5 An wenigen Stellen scheint bereits der sich in der Folgezeit immer stärker durchsetzende Sprachgebrauch durch, der vom Glauben als von einem Glaubensinhalt spricht, sozusagen von der christlichen Religion: Röm 12,6; Gal 1,23; Eph 4,5 u.a.

Glaube scheint ein komplexes Phänomen zu sein, das weit mehr und deutlich anderes impliziert als der umgangssprachliche Gebrauch im Sinne eines Fürwahrhaltens einer Sache andeutet.

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