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Höchst

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Von großer Bedeutung auch für die antike Geschichte Frankfurts war hingegen die unter Augustus vollzogene Eroberung Germaniens und die dabei von Mainz ausgehende Vormarschroute durch die Wetterau in Richtung Lahntal. Hier spielte nun Höchst, ein altbekannter frührömischer Fundplatz im Westen Frankfurts, für einige Jahre eine wichtige Rolle. Im zwei Tagesmärsche entfernten Mainz hatte Drusus 10 v. Chr. starke Truppenverbände zusammengezogen, die auf ihrem Weg in den barbarischen Norden hier am Main Station machen konnten. Wichtig war vor allem, dass man am Ufer Güter aller Art, auf den Wasserstraßen Rhein und Main aus Gallien oder Italien kommend, aus- und umladen konnte. Zum Weitertransport war die Nidda nutzbar, die hier in den Main mündet und mit flachbodigen Lastkähnen wie ihre Zuflüsse bis weit in die Wetterau schiffbar war. Das Gelände, auf dem heute die mittelalterliche Höchster Altstadt und die sogenannte Neustadt liegen, bildete hier eine bis zu 10 m über dem Main liegende Terrasse aus, die zum Fluss hin und nach Osten steil abfiel. Trotz der dichten mittelalterlichen und neuzeitlichen Bebauung liegen von dort aus dem 19. und 20. Jahrhundert eine Reihe von Funden und Befunden vor, die von Kubon durch langjährige und arbeitsintensive Recherchen zusammengestellt wurden. In den Jahren 2001 und 2002 war es dann der städtischen Bodendenkmalpflege möglich, auf dem Grundstück des ehemaligen Kreishauses erstmals eine größere Fläche modern zu untersuchen. Dies nahmen Denkmalamt und Archäologisches Museum Frankfurt zum Anlass, ein gemeinsames Forschungsprojekt zum frühen römischen Höchst auf den Weg zu bringen.11

Das stark von den Jahrhunderte währenden Baumaßnahmen und anderen, auch landwirtschaftlichen Bodeneingriffen geprägte Fundbild vermittelt scheinbar zwei Schwerpunkte, die aber das wahre Fundaufkommen nur verschleiern dürften. Kartiert man alle bekannten Befunde und Funde, so ergäbe sich eine maximale Ausdehnung des Stützpunktes von rund 550 (O–W) × 250 (N–S) Metern. In welchem Verhältnis die zusammengetragenen frühen römischen Funde und Befunde auch immer stehen – von einem bedeutenden Stützpunkt kann man in Höchst sicher ausgehen. Dazu kommt, dass im östlichen Vorfeld der Anlage im Stadtteil Nied germanische Siedlungsspuren bekannt geworden sind, die ebenfalls in die augusteische Zeit zurückreichen.

Sprechen schon die „Altfunde“ aus dem Stadtgebiet von Höchst eine deutliche Sprache, so hat sich das Fundbild durch die jüngsten Grabungen immens vermehrt und verdichtet (Abb. 7). Feinchronologische Aussagen dürften nach Abschluss der Auswertung sicher möglich sein; von einer „halternzeitlichen“ Nutzung der Anlage kann man derzeit ausgehen (ca. 7 v. bis 9 n. Chr.). Ob der Platz während der Feldzüge des Germanicus in den Jahren 15/16 n. Chr. belegt war, ist nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen allerdings zu bezweifeln.

Von Bedeutung sind nicht zuletzt die zahlreichen spätkeltisch-germanischen Keramiken, die sich nicht nur in den frührömischen Gruben fanden. Einheimische Ware stammt auch aus einem Befund, der unter den römischen Baustrukturen dokumentiert werden konnte. Eine Nutzung des Platzes in den Jahrzehnten vor dem römischen Einmarsch durch ortsansässige Gruppen möglicherweise germanischer Provenienz und ein intensiver, wohl friedlicher Kontakt dieser Leute mit den neuen Herren ist hier, wie in der weiter nördlich gelegenen Stadtgründung bei Waldgirmes, nachweisbar. Dieser Befund steht damit in deutlichem Gegensatz zu den gänzlich anderen Verhältnissen in den Militärlagern an der Lippe. Offenbar war es in diesem – hessischen – Teil der neu zu gründenden römischen Provinz frühzeitig gelungen, die einheimische Bevölkerung gewaltlos (?) mit in die römischen Verwaltungs- und Siedlungsstrukturen einzubinden. Die Integration der Landschaften zwischen Main und Lahn in das Römische Reich war folglich schon weitgehend vollzogen, als der 9 n. Chr. von Arminius losgetretene Aufstand in Norddeutschland die römischen Expansionsbestrebungen rechts des Rheins grundsätzlich in Frage stellte. Diese Integrationsbestrebungen zeigen sich auch in weiteren germanischen Siedlungsstellen des 1. Jahrhunderts n. Chr. im unteren Maingebiet und schließlich in der Einrichtung einer von germanischen Bevölkerungsteilen geprägten civitas Mattiacorum mit dem Hauptort Wiesbaden zu Beginn des 2. Jahrhunderts.

Die Römer im Rhein-Main-Gebiet

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