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Zeilsheim

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Einen ganz anderen Rang wird man einem Gutshof bei Zeilsheim zuordnen müssen, von dem allerdings nur der Bestattungsplatz näher bekannt ist. Am Südabhang des Taunus entstand hier in Ideallage gegen Ende des 1. Jahrhunderts ein landwirtschaftliches Anwesen. Anders als in der nördlichen Wetterau war der römische Landesausbau im erweiterten Vorfeld von Mainz offenbar schon zu diesem Zeitpunkt möglich. Die Gräber der hier beigesetzten Familie nahmen Bezug auf die in rund 350 m Entfernung vorbeiziehende Hauptverbindungstrasse Mainz – NIDA (Heddernheim). Selbst auf diese Entfernung konnten Reisende ein monumentales Grabmal wahrnehmen, das sich die Pächter oder Besitzer des Gutes dort errichten ließen. Nur eine bedeutende Familie konnte sich in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts eine solch markante, auf Außenwirkung bedachte Grabstätte leisten. Die finanziellen Möglichkeiten kommen auch in den zahlreichen Beigaben aus Glas zum Ausdruck. Außergewöhnlich ist ferner ein großvolumiges „Gesichtsgefäß“ mit einer noch nicht gedeuteten Inschrift, das nach der Tonanalyse offenbar als Einzelanfertigung in den nahe gelegenen Töpfereien von Nied in Auftrag gegeben wurde und in Zweitverwendung als Grabschutz zum Einsatz kam (Abb. 9). Wahrscheinlich noch im 2. Jahrhundert riss man das Grabmal ab und zerschlug die einzelnen Bauglieder in kleinste Stücke. Mit Fundamentblöcken und dem Kleinschlag verfüllte man dann einen eigens ausgehobenen, 6 m tiefen Schacht; an der Oberfläche blieb nichts zurück. Diesem massiven Eingriff auf einem Bestattungsplatz, der das Andenken der Familie auslöschte, muss eine offizielle Verfügung und rituelle Entweihung vorausgegangen sein, denn die Totenruhe war in römischer Zeit gesetzlich geschützt. Der einmalige Befund stellt die Bearbeiter vor ein Rätsel – ging der Demontage einfach ein Besitzwechsel des Gutes voraus oder fiel die zweifellos prominente Familie bei den politischen Entscheidungsträgern in Ungnade?13 Die Untersuchungen, die zusammen mit dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes derzeit laufen, werden dazu hoffentlich eine Antwort geben können, ebenso wie die geplante Rekonstruktion des Grabmals das Studium der römischen Sepulkralkultur im Rhein-Main-Gebiet bereichern soll.


Abb. 9 Gesichtsgefäß aus Grab 28 des Gräberfeldes in Zeilsheim.

In diesem Zusammenhang kann erwähnt werden, dass die petrographischen Untersuchungen, die das Archäologische Museum mit der Universität Frankfurt an seinen Steindenkmälern durchführt (auch an den Fragmenten des Zeilsheimer Grabbaus), einen Beitrag zur antiken Wirtschaftsgeschichte liefern sollen. So haben die Analysen von Kowalczyk ergeben, dass die Werksteine für die Grabdenkmäler NIDAs vorwiegend im nicht weit entfernten Bad Vilbel gebrochen wurden und auch der hohe Anteil von Vulkaniten, die im civitas-Hauptort verarbeitet wurden, geht nach einer ersten Durchsicht des Materials durch Staubach größtenteils auf lokale Vorkommen zurück. Mit ortsansässigen Werkstätten können wir also rechnen – Steinrohlinge und entsprechendes Gerät sind für NIDA nachgewiesen und auch hier stand die Nidda als vergleichsweise billiger und schneller Transportweg zur Verfügung.

Die Frankfurter Bodendenkmalpflege und die in Folge betriebene Forschungsarbeit gemeinsam mit dem Archäologischen Museum konnten so in den letzten Jahren das Bild, das wir uns vom Kernbereich der civitas Taunensium machen, laufend bereichern. Unerlässlich sind dabei längst die parallel laufenden, naturwissenschaftlichen Untersuchungen geworden, die die relativ kurze Phase der römischen Herrschaft im Rhein-Main-Gebiet mit helfen zu beschreiben. Von der Frankfurter Kulturpolitik gefördert, kann so die vom früheren Museumsdirektor Ulrich Fischer nach dem Krieg eingeleitete, gezielte Grabungs- und Forschungstätigkeit erfolgreich fortgesetzt werden.

Die Römer im Rhein-Main-Gebiet

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