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Einleitung: Praxisentwicklung und Akademisierung in der Pflege Michael Schilder, Thomas Boggatz & Hermann Brandenburg Hintergrund und Ausgangslage

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Verbunden mit dem demografischen Wandel und der daraus resultierenden Veränderung der klinischen Versorgungsbedarfe der Klientel, haben sich die Anforderungen an die Praxis deutlich erhöht. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Coronapandemie wurde deutlich, dass Praxisentwicklung und Innovation im Feld der pflegerischen Versorgung kein Selbstläufer ist, sondern dafür Voraussetzungen gegeben sein müssen, und zwar in allen Settings. Mitentscheidend ist unserer Auffassung nach das Aufgaben- und Kompetenzprofil der Pflege, hier vor allem die Qualifikation. Um auf Herausforderungen in der Praxis nicht nur zu reagieren, sondern prospektiv und konzeptionell zu antworten, ist eine akademische Grundqualifikation unabdingbar. Und dass diese einen signifikanten Einfluss auf die Praxisentwicklung vor Ort hat, ist international längst bestätigt (vgl. z. B. Stiftung Münch 2019).

Auch in Deutschland wurden seit den 1990er Jahren Pflegestudiengänge aufgebaut, deren Ziel in der Weiterentwicklung der Pflegepraxis liegt. Wenn die Beschäftigung von hochschulisch qualifiziertem Pflegefachpersonal zu keinen spürbaren Veränderungen in der Praxis führt, sind diese Studiengänge letztendlich überflüssig – sowohl aus Sicht der Pflegeempfängerinnen1 als auch aus Sicht der Absolventeninnen. Aus Sicht der Pflegeempfänger, weil nicht mehr Pflegekompetenz bei ihnen ankommt als im bisherigen System, und aus Sicht der Absolventen, weil für die Kompetenz, die sie im Rahmen eines Studiums erworben haben, offensichtlich keine Verwendung besteht. Der hochschulische Mehrwert der Absolventen würde damit auch nicht für potenzielle Arbeitgeber deutlich werden können. Letztlich würde damit die Akademisierung »am Patientenbett« verpuffen.

Es reicht daher nicht aus, im Rahmen eines Studiums pflegewissenschaftliche Kompetenzen zu vermitteln und die Absolventen in die derzeit bestehende Pflegepraxis zu entlassen, in der Hoffnung, dass sie als change agents von sich aus die notwendigen Veränderungen herbeiführen können. Vielmehr wurde deutlich, dass Prozesse zur Anregung und Steuerung von Veränderungen initiiert und konkrete Rollen für akademisch ausgebildetes Pflegepersonal geschaffen werden müssen, die es ihnen ermöglichen, ihre im Studium erworbenen Kompetenzen anzubringen. Modellprojekte, wie sie die Robert-Bosch-Stiftung im Programm 360°-Pflege fördert, oder Netzwerke zum Erfahrungsaustausch über Praxisentwicklung wie der Verband der PflegedirektorInnen der Unikliniken (VPU) machen deutlich, dass diese Problematik und die möglichen Lösungsansätze in der Fachöffentlichkeit diskutiert werden. Auch aus Initiative der Fachverbände, wie dem DBfK, der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) und der Dekanekonferenz Pflegewissenschaft wird die Implementierung hochschulisch qualifizierter Pflegender in die Versorgungspraxis intensiv diskutiert, was die Relevanz und Aktualität dieses Themenbereichs unterstreicht. Nicht zuletzt auch die 2020 eingeführte hochschulische Pflegeausbildung als zweite reguläre Säule der Berufsausbildung fordert Diskurse und Lösungsansätze zur Integration neuer Rollenbilder in die Pflegepraxis für Bachelorabsolventen und Advanced Practice Nurses, damit im Rahmen eines Grade- und Skill-Mix die Voraussetzungen einer Praxisentwicklung geschaffen werden, die einerseits die Implikationen einer Implementationswissenschaft aufzunehmen in der Lage sind (Hoben et al. 2016) und andererseits eine Partizipation und ein Empowerment aller Pflegenden ermöglicht wird, sodass letztendlich auch die Kultur der Pflege verändert werden kann (McCormack et al. 2013).

Praxisentwicklung und Akademisierung in der Pflege

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