Читать книгу Praxisentwicklung und Akademisierung in der Pflege - Группа авторов - Страница 9

Herausforderungen und Perspektiven

Оглавление

Es ist bereits deutlich geworden, dass Akademisierung allein noch keinen Unterschied macht. Entscheidend ist einerseits die Vorbereitung der Studierenden auf den sog. »Theorie-Praxis-Transfer« (und zwar während des Studiums) und anderseits die Schaffung von personellen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen im Kontext von »lernenden Organisationen«. Wir wissen, dass ansonsten einer weiteren Entkoppelung von Theorie und Praxis wenig entgegengesetzt wird.

Beobachten lässt sich aber eine ambivalente Entwicklung. Zwar werden akademisch qualifizierte Pflegende zunehmend in der Praxis eingesetzt, ihr Einflussbereich ist jedoch häufig erheblich begrenzt, eine nachhaltige Wirkung ihres Engagements nur ansatzweise erkennbar. Eine Ursache dafür liegt unserer Meinung nach daran, dass die Akademisierung in Deutschland nur halbherzig betrieben wurde, ein entsprechender Ausbau der Hochschulen real nicht stattgefunden hat. Im Unterschied zur Medizin verfügt die Pflegewissenschaft nach wie vor über marginale Zugänge zu den Universitäten und kann daher nur bedingt die theoretischen Probleme einer Dissemination und Implementierung von praxisrelevanten Innovationen im klinischen Feld reflektieren.

Insgesamt sehen wir also drei Herausforderungen:

1. muss das Thema »Praxisforschung und Innovation« in den Studiengängen besser curricular verankert werden,

2. kann die Arbeit vor Ort nicht auf ein kurzfristiges Projekt reduziert ohne Aussicht auf Nachhaltigkeit und Verstetigung ausgerichtet sein, sondern muss finanziell adäquat entlohnt werden und

3. sollte im hochschulischen Sektor eine grundlegende Auseinandersetzung mit den Anforderungen zur Umsetzung von neuen Erkenntnissen in die Routinen der Praxis ermöglicht werden2; die Entwicklung von Leitlinien (vergleichbar der Medizin) ist nur ein Desiderat.

Perspektivisch muss Klarheit darüber erzielt werden, dass Akademisierung in der Pflege kein Selbstzweck ist, sondern als substanzieller Bestandteil der Professionalisierung des Pflegeberufs angesehen werden sollte. Und wenn man dies wirklich will, dann muss auch eine grundlegende Veränderung einen echten Schritt nach vorne wagen und eine stufenweise Vollakademisierung der Pflege realisieren. Pflege sollte als eigenständiges universitäres Fach eingeführt und nicht nur der Medizin angegliedert werden. Konsequente Entscheidungen im Hinblick auf eine Professionalisierung der Pflege – vor allem im Hinblick auf eine Verbesserung der Aufgaben- und Kompetenzprofile, der Veränderung der Arbeitsbedingungen sowie der Praxisentwicklung (in Verbindung mit Hochschulen) – würden nicht nur die aktuellen Löcher stopfen, sie wären mit positiven Veränderungen im Gesundheitswesen allgemein und in der Langzeitpflege im Besonderen verbunden. Sicher, all dies scheint im Moment politisch nicht durchsetzbar zu sein. Aber wenn wir eines aus der Corona-Krise gelernt haben, dann ist es doch dies: Milliardenunternehmen geraten ins Wanken und ganze Industriezweige müssen finanziell massiv gefördert werden. Dann kann doch die Vollakademisierung eines (immerhin ja systemrelevanten) Berufs kein unüberwindbares Hindernis darstellen.

Praxisentwicklung und Akademisierung in der Pflege

Подняться наверх