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KAPITEL 4

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An diesem Abend übernahm Scarlett in Abwesenheit ihrer Mutter den Vorsitz am Esstisch, doch in ihrem Inneren brodelte es aufgrund der schrecklichen Neuigkeit, die sie über Ashley und Melanie gehört hatte. Verzweifelt sehnte sie die Rückkehr ihrer Mutter von den Slatterys herbei, denn ohne sie fühlte sie sich verlassen und verloren. Welches Recht hatten die Slatterys mit ihren ständigen Krankheiten, Ellen genau in dem Augenblick zu sich zu bestellen, da Scarlett sie so dringend brauchte?

Während des ganzen trübseligen Essens hämmerte ihr Geralds dröhnende Stimme in den Ohren, bis sie es kaum mehr ertragen konnte. Er hatte ihr Gespräch von vorhin komplett vergessen und hielt einen Vortrag über die neuesten Nachrichten von Fort Sumter. Seine Worte unterstrich er, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug und mit den Armen fuchtelte. Gerald hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, das Gespräch bei den Mahlzeiten zu dominieren, und in der Regel war Scarlett so mit ihren Gedanken beschäftigt, dass sie ihn kaum hörte. Doch an diesem Abend konnte sie seine Stimme nicht ausblenden, so angestrengt sie auch auf das Geräusch von Kutschenrädern lauschte, das Ellens Heimkunft ankündigte.

Natürlich wollte sie ihrer Mutter nicht offenbaren, was ihr Herz so sehr beschwerte, denn Ellen wäre entsetzt und tief betrübt, dass eine ihrer Töchter einen Mann begehrte, der mit einem anderen Mädchen verlobt war. Doch im Elend dieser ersten Tragödie ihres Lebens brauchte sie den Trost, den die Gegenwart ihrer Mutter bedeutete. Sie fühlte sich immer geborgen, wenn Ellen bei ihr war, denn nichts war so schlimm, dass Ellen es nicht durch ihre bloße Anwesenheit hätte lindern können.

Plötzlich sprang sie auf, denn sie hörte Räder in der Auffahrt knirschen, doch als diese um das Haus herum in den Hinterhof weiterfuhren, nahm sie wieder Platz. Das konnte nicht Ellen sein, sie wäre bei der Vordertreppe ausgestiegen. Dann drang aus dem dunklen Hof ein wildes Durcheinander von afrikanischen Stimmen und hellem Lachen herein. Draußen vor dem Fenster sah Scarlett, wie Pork, der eben erst das Zimmer verlassen hatte, ein brennendes Pinienscheit in die Höhe hielt, während unkenntliche Gestalten aus einem Wagen stiegen. Das Lachen und Reden in der Nachtluft wurde mal lauter, mal leiser, freundliche, anheimelnde, unbeschwerte Laute, guttural und leise, melodisch und schrill. Dann schuffelten Füße über die Stufen zur Hinterveranda hinauf und durch den Gang, der zum Haupthaus führte, und hielten in der Halle gleich vor dem Speisezimmer an. Nach kurzem Geflüster trat Pork ein, ohne seine übliche Würde, mit leuchtenden Augen und blitzenden Zähnen:

»Mister Gerald«, sagte er feierlich und außer Atem, während der Stolz des Bräutigams sein Gesicht überstrahlte, »Ihre neue Dienerin is da.«

»Neue Dienerin? Ich habe keine neue Frau gekauft«, erklärte Gerald und tat verärgert.

»Doch, Sir, haben Sie wohl, Mister Gerald! Doch, Sir. Und sie steht jetzt da draußen und will mit Ihnen reden«, erwiderte Pork, kicherte aufgeregt und rieb sich die Hände.

»Na, dann hol die Braut mal rein«, sagte Gerald, und Pork winkte seiner Frau, die frisch von der Wilkes-Plantage angekommen war, um sich dem Haushalt von Tara anzuschließen. Sie trat ein, und dicht hinter ihr, von den ausladenden Kaliko-Röcken fast verdeckt, folgte ihre zwölfjährige Tochter.

Dilcey war hochgewachsen und hielt sich kerzengerade. Sie hätte in jedem Alter zwischen dreißig und sechzig sein können, so unbewegt war ihr faltenloses, bronzefarbenes Gesicht, in dem indianische Züge die afrikanischen überwogen. Die rötliche Hautfarbe, die schmale hohe Stirn, die ausgeprägten Wangenknochen und die Adlernase, die unten über den vollen Lippen abflachte, alles verriet die Mischung zweier Ethnien. Sie war selbstbeherrscht und bewegte sich mit einer Würde, die selbst die von Mammy übertraf, denn Mammy hatte sich ihre Würde erworben, während Dilceys angeboren war.

Ihre Aussprache war nicht so verschliffen wie die der meisten anderen Sklaven, und sie wählte ihre Worte mit Bedacht.

»Guten Abend, junge Misses. Mister Gerald, tut mir leid, dass ich störe, aber ich wollte herkommen und noch mal Danke sagen, dass Sie mich und mein Kind gekauft haben. Ne Menge Gentlemänner hätten vielleicht mich gekauft, aber sie hätten meine Prissy nich mitgekauft, nur damit ich nich traurig bin, und ich dank Ihnen dafür. Ich werd mein Bestes für Sie geben und Ihnen zeigen, dass ich das nich vergesse.«

»Emm-ehemm«, räusperte sich Gerald, dem es peinlich war, dass er öffentlich bei einer guten Tat ertappt wurde.

Dilcey wandte sich an Scarlett, und etwas wie ein Lächeln umspielte ihre Augenwinkel. »Miss Scarlett, Pork hat mir gesagt, dass Sie Mister Gerald gebeten haben, mich zu kaufen. Und deshalb geb ich Ihnen meine Prissy als Kammermädchen.«

Sie griff hinter sich und zerrte das Mädchen nach vorn. Es war ein kleines braunes Geschöpf mit dünnen Vogelbeinen und einer Myriade Zöpfchen, die sorgsam mit Zwirn umwickelt waren und steif vom Kopf abstanden. Sie hatte scharfe, durchdringende Augen, denen nichts entging, und einen bemüht einfältigen Gesichtsausdruck.

»Danke, Dilcey«, antwortete Scarlett, »aber ich fürchte, Mammy hat da ein Wörtchen mitzureden. Sie ist seit meiner Geburt mein Kammermädchen.«

»Mammy wird alt«, sagte Dilcey mit einer Gelassenheit, die Mammy zur Weißglut getrieben hätte. »Sie is ne gute Mammy, aber Sie sind jetzt ne junge Dame und brauchen ’n gutes Mädchen, und meine Prissy is schon ein Jahr lang Kammermädchen bei Miss India gewesen. Sie kann nähen und frisieren wie ne Erwachsne.«

Nach einem Stups ihrer Mutter machte Prissy plötzlich einen Knicks und strahlte Scarlett an, die nicht anders konnte, als zurückzulächeln.

Ein schlaues kleines Ding, dachte sie und sagte laut: »Danke, Dilcey, wir kümmern uns darum, wenn Mutter nach Hause kommt.«

»Danke, Ma’m. Ich wünsch Ihnen ne gute Nacht«, sagte Dilcey und verließ den Raum mit ihrem Kind, während Pork um sie herumscharwenzelte.

Nachdem das Essgeschirr abgeräumt war, nahm Gerald seinen Vortrag wieder auf, doch hatte er nur noch geringe Freude daran, von den Zuhörern zu schweigen. Seine dröhnenden Vorhersagen eines baldigen Kriegsausbruchs und seine rhetorischen Fragen, ob der Süden sich weitere Beleidigungen seitens der Yankees gefallen lassen solle, hatten nur ein mattes, gelangweiltes »Ja, Pa« und »Nein, Pa« zur Folge. Carreen, die auf einem Polster unter der großen Lampe saß, war in einen Roman über eine junge Frau vertieft, die nach dem Tod ihres Geliebten ins Kloster gegangen war, und badete mit genussvollen Tränen in der Vorstellung, sie selbst trüge eine weiße Nonnenhaube. Suellen stickte für ihre »Aussteuer«, wie sie es kichernd bezeichnete, und überlegte, ob sie bei dem morgigen Barbecue Stuart Tarleton vielleicht von ihrer Schwester loseisen und ihn mit den süßen fraulichen Eigenschaften betören könnte, die sie – im Gegensatz zu Scarlett – besaß. Und Scarletts Herz war in Aufruhr wegen Ashley.

Wie konnte Pa pausenlos immer weiter über Fort Sumter und die Yankees reden, wo er doch wusste, dass ihr das Herz brach? Wie es für junge Menschen typisch ist, wunderte sie sich, dass keiner an ihren Schmerz dachte und die Welt sich trotz ihres gebrochenen Herzens einfach weiterdrehte.

Ihr Kopf fühlte sich an, als wäre ein Wirbelsturm hindurchgerast, und es schien sonderbar, dass das Speisezimmer, in dem sie saßen, so friedlich dalag, so unverändert. Der massive Mahagonitisch und die Anrichten, das schwere Silber, die bunten Flickenteppiche auf dem blitzblanken Boden, alles war an seinem gewohnten Ort, als wäre nichts geschehen. Es war ein helles und behagliches Zimmer, und gewöhnlich liebte Scarlett die geruhsamen Stunden, die die Familie hier nach dem Abendessen verbrachte. Doch heute Abend hasste sie den Anblick, und hätte sie die lauten Fragen ihres Vaters nicht gefürchtet, wäre sie hinausgeschlüpft und durch die dunkle Halle in Ellens kleines Arbeitszimmer gegangen, um sich auf dem alten Sofa ihren Kummer von der Seele zu weinen.

Dieses Zimmer mochte Scarlett im ganzen Haus am liebsten. Dort saß Ellen jeden Morgen an ihrem hohen Sekretär, führte Buch über die Plantage und hörte sich den Bericht von Jonas Wilkerson, dem Aufseher, an. Dort lungerte auch die Familie herum, während Ellens Feder über die Kontobücher kratzte, Gerald im alten Schaukelstuhl, die Mädchen auf den durchgesessenen Kissen des Sofas, das zu ramponiert und verschlissen war, um für die vorderen Räume zu taugen. Scarlett sehnte sich danach, jetzt mit Ellen dort allein zu sein, ihren Kopf in den Schoß ihrer Mutter zu legen und ungestört weinen zu können. Kam Mutter denn gar nicht mehr nach Hause?

Da knirschten Räder geräuschvoll auf dem Kies der Auffahrt, und Ellen verabschiedete mit sanfter Stimme den Kutscher. Als sie mit ihrem schwingenden Reifrock eilig ins Zimmer trat, blickte die ganze Gruppe gespannt auf. Ihr Gesicht war müde und traurig. Ein schwacher Duft von Zitronenverbene umgab sie, der den Falten ihres Kleides zu entsteigen schien, ein Duft, den Scarlett immer mit ihrer Mutter verband. Ein paar Schritte hinter ihr folgte Mammy, die Ledertasche in der Hand, mit vorgeschobener Unterlippe und gerunzelter Stirn. Sie brummelte finster vor sich hin, achtete aber darauf, so leise zu sprechen, dass niemand sie verstehen konnte, doch laut genug, dass jeder ihre uneingeschränkte Missbilligung zur Kenntnis nahm.

»Es tut mir leid, dass ich so spät komme«, sagte Ellen, nahm ihr breites Schultertuch ab, reichte es Scarlett und tätschelte im Vorübergehen ihre Wange.

Geralds Gesicht hatte sich bei ihrem Eintreten wie durch Zauberei aufgehellt.

»Ist das Balg getauft?« fragte er.

»Ja, und tot, das arme Ding«, sagte Ellen. »Ich hatte Angst, Emmie würde auch sterben, aber ich glaube, sie überlebt.«

Die Gesichter der Mädchen wandten sich ihr erschrocken und fragend zu, während Gerald nachdenklich seinen Kopf wiegte.

»Naja, es ist besser, dass das Balg tot ist, meiner Treu, das arme vaterlo…«

»Es ist schon spät. Wir sollten mit dem Beten anfangen«, fiel ihm Ellen so geschmeidig ins Wort, dass es niemandem aufgefallen wäre, der sie nicht so gut kannte wie Scarlett.

Es interessierte Scarlett brennend, wer der Vater von Emmie Slatterys Baby war, aber sie wusste, dass sie die Wahrheit nie erfahren würde, wenn sie auf eine Aufklärung durch ihre Mutter wartete. Sie hatte Jonas Wilkerson im Verdacht, denn sie hatte ihn in der Abenddämmerung häufig mit Emmie die Straße entlanggehen sehen. Jonas war ein Yankee und Junggeselle, und die Tatsache, dass er Aufseher war, schloss ihn von jedem gesellschaftlichen Leben im County aus. In keine Familie, die etwas auf sich hielt, konnte er einheiraten, mit niemand konnte er Kontakt knüpfen außer den Slatterys und ähnlichem Gesindel. Da er von seiner Bildung her mehrere Stufen über den Slatterys stand, war es nur natürlich, dass er Emmie nicht heiraten wollte, gleichgültig, wie oft er mit ihr in der Dämmerung spazieren ging.

Scarlett seufzte, denn ihre Neugier war groß. Immer geschahen Dinge unter den Augen ihrer Mutter, die sie so wenig zur Kenntnis nahm, als hätten sie nicht stattgefunden. Ellen ignorierte alles, was ihren Vorstellungen von Schicklichkeit zuwiderlief, und sie versuchte, Scarlett das Gleiche beizubringen, aber mit wenig Erfolg.

Ellen trat zum Kaminsims und wollte ihren Rosenkranz aus seiner kleinen intarsierten Schatulle nehmen, doch da sagte Mammy laut und bestimmt:

»Miss Ellen, Sie essen erst was zu Abend, bevor Sie mit Beten anfangen.«

»Danke, Mammy, aber ich bin nicht hungrig.«

»Ich mach Ihnen das Essen selber, und das wird gegessen«, sagte Mammy mit vor Entrüstung gerunzelter Stirn und ging durch die Eingangshalle Richtung Küche. »Pork!« rief sie. »Cookie soll Feuer machen. Miss Ellen is zurück.«

Während die Dielen unter ihren Füßen erzitterten, wurde der Monolog, den sie in der Eingangshalle gebrabbelt hatte, lauter und lauter, so dass die Familie im Speisezimmer jedes Wort verstehen konnte.

»Wie oft hab ich schon gesagt, dass es nix bringt, für weißes Gesindel was zu tun. Das sind die dümmsten, undankbarsten Nixnütze, die’s gibt. Und Miss Ellen braucht sich für die nich krummlegen. Wenn die nur ’n Schuss Pulver wert wärn, hätten sie Nigger, die sich um sie kümmern. Und ich hab gesagt …«

Ihre Stimme wurde immer leiser, während sie sich auf dem offenen, lediglich überdachten Durchgang zur Küche entfernte. Mammy hatte ihre eigene Methode, ihre Herrschaft darüber in Kenntnis zu setzen, was sie über die Dinge dachte. Sie wusste, dass es unter der Würde der besseren weißen Gesellschaft war, dem Gemurmel einer Schwarzen die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Sie wusste, dass die Weißen, um ihre Würde zu wahren, ignorieren mussten, was sie sagte, selbst wenn sie im Nebenzimmer stand und mit Stentorstimme sprach. Das schützte Mammy vor Tadel und es ließ niemanden über ihre Ansichten im Zweifel.

Pork betrat das Zimmer, er brachte einen Teller, Besteck und eine Serviette. Gleich hinter ihm folgte Jack, ein kleiner schwarzer Junge von zehn Jahren, der mit einer Hand hastig sein weißes Leinenjackett zuknöpfte und in der anderen einen Fliegenwedel aus schmalen Zeitungsstreifen hielt, die an einem Schilfrohr befestigt waren, das länger war als er selbst. Ellen besaß einen sehr schönen Fliegenwedel aus Pfauenfedern, der aber nur zu besonderen Anlässen benutzt wurde und auch dann nur gegen häuslichen Widerstand, weil Pork, Cookie und Mammy dem Aberglauben anhingen, Pfauenfedern brächten Unglück.

Ellen setzte sich auf den Stuhl, den Gerald ihr hinschob, und vier Stimmen fielen über sie her.

»Mutter, die Spitze an meinem neuen Ballkleid hat sich gelöst, und ich will es doch morgen Abend in Twelve Oaks tragen. Kannst du sie bitte wieder annähen?«

»Mutter, Scarletts neues Kleid ist viel schöner als meins, ich sehe in Rosa wie eine Vogelscheuche aus. Warum kann sie nicht mein rosa Kleid tragen und ich dafür ihr grünes? Ihr steht Rosa.«

»Mutter, kann ich morgen bis zum Ball aufbleiben? Ich bin jetzt schon dreizehn …«

»Mrs. O’Hara, hält man es für möglich – still jetzt, ihr Mädchen, oder ich hole meine Gerte! Cade Calvert war heute Morgen in Atlanta, und er sagt – wollt ihr wohl still sein, man versteht ja sein eigenes Wort nicht! –, und er sagt, sie sind dort alle wütend und reden nur noch über Krieg, Waffenübungen, Truppenaufbau. Und er sagt, aus Charleston hört man, dass sie keine weiteren Beleidigungen von den Yankees mehr hinnehmen wollen.«

Ellens müder Mund lächelte in das Durcheinander, als sie sich zuerst, wie es einer Frau gebührte, ihrem Mann zuwandte.

»Wenn die guten Leute in Charleston so denken, werden wir das auch bald tun, da bin ich mir sicher«, sagte sie, denn sie war der festen Überzeugung, dass – abgesehen von Savannah – das vornehmste Blut auf dem ganzen Kontinent in dieser kleinen Hafenstadt versammelt war, eine Überzeugung, die von den Einheimischen weitgehend geteilt wurde.

»Nein, Carreen, nächstes Jahr, Liebes. Dann kannst du für Bälle aufbleiben und Erwachsenenkleider tragen, und wie wird sich dann mein kleines Rotbäckchen amüsieren! Kein Schmollmund, Liebes. Du darfst zum Barbecue, vergiss das nicht, und während des ganzen Abendessens dabei sein, aber Bälle erst mit vierzehn. – Gib mir dein Kleid, Scarlett. Ich nähe die Spitze nach dem Beten an. – Suellen, mir gefällt dein Ton nicht, Liebes. Dein rosa Kleid ist hübsch und passt zu deinem Teint, so wie Scarletts zu ihrem. Aber du kannst morgen Abend meine Granatkette tragen.«

Hinter dem Rücken der Mutter schnitt Suellen ihrer Schwester, die geplant hatte, selbst um die Kette zu bitten, triumphierend eine Grimasse. Scarlett streckte ihr die Zunge heraus. Suellen mit ihrer Quengelei und Selbstsucht war eine lästige Schwester, und ohne Ellens mäßigenden Einfluss hätte Scarlett sie so manches Mal geohrfeigt.

»So, Mr. O’Hara, erzähl mir mehr davon, was Mr. Calvert über Charleston gesagt hat«, sagte Ellen.

Scarlett wusste, dass ihre Mutter sich nicht im Geringsten für Politik und Krieg interessierte, es waren in ihren Augen reine Männerthemen, zu denen sich keine Dame sinnvoll äußern konnte. Aber es machte Gerald Vergnügen, seine Ansichten auszubreiten, und Ellen war stets auf das Vergnügen ihres Mannes bedacht.

Während Gerald seine Neuigkeiten vom Stapel ließ, trug Mammy ihrer Herrin die Teller auf: goldbraun gebackene Biskuits, gebratene Hühnerbrust und eine gelbe, aufgeschnittene Yamswurzel, aus der geschmolzene Butter troff. Mammy zwickte den kleinen Jack, und der beeilte sich, hinter Ellens Rücken langsam mit den Papierstreifen zu wedeln. Mammy stand neben dem Tisch und sah jedem Bissen zu, der vom Teller zu Ellens Mund wanderte, als hätte sie vor, beim ersten Anzeichen des Erlahmens das Essen eigenhändig in ihren Schlund zu befördern. Ellen aß brav, aber Scarlett sah, dass sie vor Müdigkeit kaum merkte, was sie aß. Nur Mammys strenger Blick nötigte sie dazu.

Als sie aufgegessen hatte und Gerald noch mitten in seinen Ausführungen über das Diebsgesindel der Yankees steckte, die Schwarze befreien, aber für ihre Freiheit keinen Penny zahlen wollten, stand Ellen auf.

»Zeit zum Beten?« fragte er widerstrebend.

»Ja, es ist so spät – meine Güte, schon zehn Uhr«, denn die Wanduhr schlug hustend und blechern die Stunde. »Carreen sollte längst im Bett sein. Bitte, die Lampe, Pork, und mein Gebetbuch, Mammy.«

Auf Mammys heiseres Geflüster hin stellte Jack den Fliegenwedel in die Ecke und räumte das Geschirr ab, während Mammy in der Schublade der Anrichte nach Ellens abgegriffenem Gebetbuch suchte. Pork stellte sich auf die Zehenspitzen und zog die Lampe an ihrer Kette langsam herunter, bis die Tischplatte hell erleuchtet und die Zimmerdecke in Dunkel gehüllt war. Ellen raffte ihre Röcke, kniete nieder, legte das Gebetbuch aufgeschlagen vor sich auf den Tisch und faltete darüber die Hände. Gerald kniete neben ihr, und Scarlett und Suellen nahmen ihre gewohnten Plätze auf der anderen Seite des Tischs ein, wobei sie ihre ausladenden Unterröcke zu Polstern für ihre Knie zusammenfalteten, so dass der harte Boden sie nicht so schmerzte. Carreen, die klein für ihr Alter war, reichte nicht zum Tisch herauf und kniete deshalb vor einem Stuhl, die Ellbogen auf die Sitzfläche gestützt. Diese Position war ihr angenehm, weil sie während der Gebetsstunde meist einschlief und ihre Mutter so nichts davon merkte.

Die Haussklaven schlurften und raschelten in der Halle, als sie sich an der offenen Tür hinknieten. Mammy ächzte laut, als sie niedersank, Pork hielt sich aufrecht und steif wie ein Ladestock, Rosa und Teena, die Dienstmädchen, breiteten anmutig ihre bunten Kalikokleider aus, Cookie, die Köchin, schaute hager und scheel unter ihrem schneeweißen Kopftuch hervor, und der schlaftrunkene Jack platzierte sich so weit weg von Mammys kneifenden Fingern wie möglich. Aller dunkle Augen leuchteten erwartungsvoll, denn das Beten mit ihrer weißen Herrschaft war eines der Hauptereignisse des Tages. Die alten ausdrucksstarken Redewendungen der Litanei mit ihrer orientalischen Bildsprache bedeuteten ihnen wenig, doch sie stillten ein Bedürfnis in ihren Herzen, und sie wiegten sich immer zu ihren Responsorien: »Herr, erbarme dich«, »Christus, erbarme dich.«

Ellen schloss die Augen und begann zu beten, ihre Stimme hob und senkte sich, einlullend und besänftigend. Die Köpfe senkten sich im gelben Lichtkreis, als Ellen Gott für die Gesundheit und das Glück ihres Hauses, ihrer Familie und ihrer schwarzen Dienerschaft dankte.

Als sie ihre Gebete für die Menschen unter dem Dach von Tara, für ihren Vater, ihre Mutter, ihre Schwestern, ihre drei toten Söhne und »all die armen Seelen im Fegefeuer« beendet hatte, nahm sie die weißen Perlen in ihre langen Finger und begann den Rosenkranz zu beten. Wie das Säuseln eines leisen Windes kamen die Antworten aus den schwarzen und weißen Kehlen:

»Heilige Maria, Muttergottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.«

Trotz ihres Kummers und dem Schmerz unvergossener Tränen senkte sich wie immer zu dieser Stunde ein Gefühl von Ruhe und Frieden über Scarlett. Ein wenig von der Enttäuschung des Tages und der Furcht vor dem nächsten Tag wichen von ihr und machten einem Gefühl der Hoffnung Platz. Es war nicht die Erhebung ihres Herzens zu Gott, die diesen Trost bewirkte, denn Religion bedeutete ihr kaum mehr als Lippendienst. Es war der Anblick des frohen Gesichts ihrer Mutter, dem Thron Gottes und Seinen Heiligen und Engeln zugewandt, während sie den Segen für ihre Lieben erflehte. Wenn Ellen den Himmel um etwas bat, würde sie, da war sich Scarlett sicher, erhört werden.

Ellen kam ans Ende, und Gerald, der nie zur Gebetsstunde seinen Rosenkranz fand, begann verstohlen seine Gesätze an den Fingern abzuzählen. Während seine Stimme leierte, schweiften Scarletts Gedanken unwillkürlich ab. Sie wusste, sie sollte eigentlich ihr Gewissen prüfen. Ellen hatte ihr beigebracht, dass es am Ende eines jeden Tages ihre Pflicht war, ihr Gewissen gründlich zu erforschen, die vielen Fehler zu gestehen und Gott um Vergebung und um die Kraft zu bitten, sie nicht zu wiederholen. Doch Scarlett erforschte ihr Herz.

Sie senkte den Kopf auf ihre gefalteten Hände, so dass ihre Mutter ihr Gesicht nicht sehen konnte, und ihre Gedanken kehrten traurig zu Ashley zurück. Wie konnte er eine Heirat mit Melanie planen, wenn er in Wirklichkeit sie, Scarlett, liebte? Und wenn er wusste, wie sehr sie ihn liebte? Wie konnte er absichtlich ihr Herz brechen?

Da, plötzlich, blitzte eine Idee, leuchtend und neu, wie ein Komet durch ihren Kopf.

»Aber Ashley hat ja keine Ahnung, dass ich ihn liebe!«

Sie musste fast nach Luft schnappen, so wühlte die unerwartete Erkenntnis sie auf. Ihr Gehirn war einen langen, atemlosen Moment wie gelähmt, dann überschlugen sich die Gedanken.

»Woher soll er es auch wissen? Ich habe mich ihm gegenüber immer so prüde und damenhaft gegeben wie ein Rührmichnichtan, und er glaubt sicher, ich mache mir nichts aus ihm, außer als Freund. Ja, deswegen hat er auch nie geredet. Er glaubt, seine Liebe ist hoffnungslos. Und deswegen sah er auch so …«

Unvermittelt erinnerte sie sich an die Augenblicke zurück, als sie ihn dabei ertappt hatte, wie er sie merkwürdig ansah, als seine grauen Augen, die sonst so vollständig seine Gedanken abschirmten, plötzlich offen und nackt gewesen waren und Traurigkeit und Verzweiflung ausdrückten.

»Er ist so verzweifelt, weil er glaubt, ich bin in Brent oder Stuart oder in Cade verliebt. Und er denkt wahrscheinlich, wenn er mich sowieso nicht haben kann, dann kann er auch seiner Familie den Gefallen tun und Melanie heiraten. Aber wenn er wüsste, dass ich ihn liebe …«

Ihre Stimmung wechselte sprunghaft von tiefster Bedrückung zu erregter Glückseligkeit. Das war die Erklärung für Ashleys Verschlossenheit, für sein seltsames Verhalten. Er wusste es nicht! Eitelkeit eilte ihrem Wunschdenken zu Hilfe und machte aus Glauben Gewissheit. Wenn er wüsste, dass sie ihn liebte, würde er sich sofort in ihre Arme werfen. Sie musste nur …

»Ach!« dachte sie überschwänglich und presste ihre Finger an die gesenkte Stirn. »Wie dumm von mir, dass ich erst jetzt darauf komme. Ich muss es ihm irgendwie klarmachen. Er würde sie nicht heiraten, wenn er wüsste, dass ich ihn liebe! Wie könnte er auch?«

Erschrocken bemerkte sie, dass Gerald geendet hatte und der Blick ihrer Mutter auf ihr ruhte. Hastig begann sie ihre Gesätze, betete mechanisch die Perlen herunter, jedoch mit so bewegter Stimme, dass Mammy die Augen öffnete und ihr einen prüfenden Blick zuwarf. Während sie ihr Gebet abschloss und Suellen und dann Carreen mit ihren Gesätzen begannen, kreisten ihre Gedanken unablässig weiter um die neue verlockende Möglichkeit.

Selbst jetzt war es noch nicht zu spät! Oft genug hatte das County Skandale erlebt, wo Paare durchbrannten, obwohl einer von beiden einer anderen Person versprochen war und praktisch schon mit ihr vor dem Altar stand. Und bisher war noch nicht einmal Ashleys Verlobung bekannt gegeben worden! Ja, es war noch jede Menge Zeit!

Wenn zwischen Ashley und Melanie keine Liebe bestand, sondern nur ein uraltes Versprechen, warum sollte es ihm dann nicht möglich sein, dieses Versprechen zu brechen und Scarlett zu heiraten? Natürlich würde er das tun, wenn er begriff, dass sie ihn liebte. Sie musste Mittel und Wege finden, es ihn wissen zu lassen. Es würde ihr schon etwas einfallen! Und dann …

Scarlett wurde unsanft aus ihrem Wunschtraum gerissen, denn sie hatte die Responsorien versäumt, und ihre Mutter sah sie tadelnd an. Als sie wieder in das Gebet einfiel, hob sie kurz den Blick und sah sich im Zimmer um. Die knienden Gestalten, das sanfte Licht der Lampe, das dämmerige Dunkel, wo die Dienstboten sich wiegten, selbst die vertrauten Gegenstände, die ihr vor einer Stunde noch so hassenswert erschienen waren, nahmen augenblicklich die Farbe ihrer Gefühle an, und das Zimmer wurde wieder schön. Diesen Augenblick und dieses Bild sollte sie nie vergessen!

»Treueste Jungfrau«, hob ihre Mutter an. Die Litanei der Jungfrau begann, und Scarlett antwortete brav: »Bitte für uns«, während Ellen mit sanfter Altstimme die Attribute der Muttergottes pries.

Wie schon seit ihrer frühen Kindheit war dies für Scarlett vor allem ein Moment der Verehrung ihrer Mutter und nicht der Jungfrau. Mochte es auch frevelhaft sein, Scarlett sah vor ihren geschlossenen Augen, während die alten Worte wiederholt wurden, immer das erhobene Gesicht Ellens und nicht das der Heiligen Jungfrau: »Du Heil der Kranken«, »Du Sitz der Weisheit«, »Du Zuflucht der Sünder«, »Geheimnisvolle Rose« – es waren wunderschöne Worte, weil sie auf Ellen passten. Doch heute Abend fand Scarlett, vielleicht aufgrund ihrer Überreiztheit, in der ganzen Zeremonie, den leisen Worten, dem Gemurmel der Responsorien eine überwältigende Schönheit, wie sie sie bis dahin noch nie erlebt hatte. Und ihr Herz erhob sich zu Gott in aufrichtiger Dankbarkeit, dass ihr ein Weg eröffnet worden war – hinaus aus ihrem Elend und geradewegs in Ashleys Arme.

Als das letzte »Amen« erklang, standen alle auf, ein wenig steif, und Mammy musste mit vereinten Kräften von Teena und Rosa auf die Füße befördert werden. Pork nahm einen langen Kienspan vom Kaminsims, zündete ihn an der Lampe an und ging damit in die Halle. Gegenüber der geschwungenen Treppe befand sich eine Anrichte aus Walnussholz, die für das Speisezimmer zu groß war. Auf der großen Abstellfläche standen mehrere Lampen und eine lange Reihe von Kerzenständern. Pork zündete eine Lampe und drei Kerzen an, hielt das Licht hoch über sich und führte mit der selbstgefälligen Würde eines ersten Kammerherrn des königlichen Schlafgemachs, der König und Königin auf dem Weg zu ihren Räumen voranleuchtet, die Prozession die Treppe hinauf an. Ellen folgte ihm an Geralds Arm, dann die Mädchen, deren jede eine eigene Kerze trug.

Scarlett betrat ihr Zimmer, stellte die Kerze auf die hohe Kommode und suchte im dunklen Wandschrank nach dem Ballkleid, das geflickt werden musste. Sie legte es sich über den Arm und ging leise über den Flur. Die Tür zum Schlafzimmer ihrer Eltern war nur angelehnt, und bevor Scarlett anklopfen konnte, hörte sie Ellens Stimme, die verhalten, aber in strengem Ton sprach.

»Mr. O’Hara, du musst Jonas Wilkerson entlassen.«

Gerald brauste auf: »Und wo kriege ich einen neuen Aufseher her, der mich nicht ständig übers Ohr haut?«

»Er muss sofort entlassen werden, noch morgen früh. Big Sam ist ein guter Vorarbeiter, er kann die Aufgaben so lange übernehmen, bis du einen anderen Aufseher einstellst.«

»Aha!« ertönte Geralds Stimme. »Soso, ich verstehe! Dann hat der feine Jonas also die …«

»Er muss entlassen werden.«

Dann ist er also der Vater von Emmie Slatterys Baby, dachte Scarlett. Naja, was kann man von einem Yankee und einem Mädchen aus dem weißen Lumpenpack schon anderes erwarten?

Nach einer diskreten Pause, in der Geralds Wortschwall Zeit hatte abzuklingen, klopfte sie an die Tür und reichte ihrer Mutter das Kleid.

Als Scarlett sich ausgezogen und die Kerze gelöscht hatte, stand ihr Plan für morgen in allen Einzelheiten fest. Es war ein einfacher Plan, denn mit der Unbeirrbarkeit, die sie von Gerald geerbt hatte, waren ihre Augen auf das Ziel gerichtet und auf den kürzesten Weg, es zu erreichen.

Zunächst würde sie »stolz« auftreten, wie Gerald es gefordert hatte. Sowie sie in Twelve Oaks ankam, würde sie sich von ihrer fröhlichsten und lebhaftesten Seite zeigen. Niemand würde auf den Gedanken kommen, dass sie wegen Ashley und Melanie je niedergeschlagen gewesen war. Und sie würde mit jedem Mann dort flirten. Das war grausam Ashley gegenüber, aber es würde ihn nur umso mehr nach ihr schmachten lassen. Sie würde keinen Mann in heiratsfähigem Alter übersehen, nicht Suellens Verehrer, den alten Frank Kennedy mit seinem roten Backenbart, und nicht einmal Melanies Bruder, den schüchternen, stillen, immerzu errötenden Charles Hamilton. Sie würden um sie herumschwirren wie Bienen um den Bienenstock, und sicher würde es Ashley von Melanie wegziehen, um sich dem Kreis ihrer Bewunderer anzuschließen. Dann würde sie es irgendwie einrichten, dass sie ein paar Minuten mit ihm allein hätte, fern von der Menge. Sie hoffte, alles möge so klappen, denn anders würde es schwierig. Doch wenn Ashley nicht den ersten Schritt tat, dann musste sie ihn eben selber tun.

Wenn sie dann endlich allein wären, würde in ihm das Bild nachwirken, wie die anderen Männer sich um sie scharten, ihm würde erneut klar, dass alle sie begehrten, und seine Augen hätten wieder jenen Ausdruck von Traurigkeit und Verzweiflung. Dann würde sie ihn wieder glücklich machen, indem sie ihn wissen ließ, dass sie, obwohl so viele hinter ihr her waren, ihn jedem anderen Mann in der ganzen Welt vorzog. Und wenn sie ihm dies offenbarte, zurückhaltend und lieb, würde er noch tausend andere Dinge an ihr wahrnehmen. Natürlich würde alles ganz vornehm vonstattengehen. Sie würde nicht einmal im Traum daran denken, ihm klipp und klar zu sagen, dass sie ihn liebte – das war undenkbar. Doch die Art, wie sie es ihm mitteilen würde, bekümmerte sie nicht im Geringsten. Sie hatte solche Situationen schon zuvor gemeistert, und folglich würde sie es wieder hinbekommen.

Sie lag im dämmrigen Mondlicht wach und hatte die ganze Szene vor Augen. Sie sah die Überraschung und das Glück in seinem Gesicht, als er erkannte, dass sie ihn wirklich liebte, und sie hörte ihn fragen, ob sie seine Frau werden wolle.

Natürlich würde sie dann sagen, es sei für sie schlicht unmöglich, an eine Heirat mit einem Mann zu denken, der mit einem anderen Mädchen verlobt war, aber er würde darauf bestehen, und endlich würde sie sich überreden lassen. Und dann würden sie noch am selben Nachmittag nach Jonesboro durchbrennen und …

Morgen Abend um diese Zeit konnte sie also schon Mrs. Ashley Wilkes sein!

Sie setzte sich im Bett auf und umfasste ihre Knie, und für einen langen glücklichen Augenblick war sie Mrs. Ashley Wilkes – Ashleys Braut! Doch dann durchfuhr sie ein leises Frösteln. Angenommen, es klappte nicht? Angenommen, Ashley würde sie nicht bitten, mit ihr durchzubrennen? Entschlossen verdrängte sie diesen Gedanken.

»Ich will darüber jetzt nicht nachdenken«, sagte sie sich. »Wenn ich jetzt darüber nachdenke, regt es mich nur auf. Warum sollte es nicht so ausgehen, wie ich es will – wenn er mich liebt. Und ich weiß, er liebt mich!«

Sie reckte ihr Kinn, und ihre bleichen, schwarz bewimperten Augen funkelten in der Dunkelheit. Ellen hatte ihr nie erklärt, dass Begehren und Erfüllung zweierlei sind. Das Leben hatte sie nicht gelehrt, dass nicht immer die Schnellsten gewinnen. Sie lag im silbrigen Mondschatten und schmiedete Pläne, wie Sechzehnjährige es tun, wenn ihr Leben immer so angenehm dahingeflossen ist, dass eine Niederlage nicht infrage kommt, und wenn das Schicksal durch ein schönes Kleid und einen schönen Teint besiegt werden kann.

Vom Wind verweht

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