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Mit Höflichkeit zum Erfolg

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Ein klassischer sogenannter Höhlenbrüter ist zum Beispiel einer unserer hübschesten Vögel, der Eisvogel. Der kleine, etwa sperlingsgroße Vogel, der dank seines leuchtenden Federkleids beim Flug an einen funkelnden Edelstein erinnert, legt seine Nester gerne in den Steilufern von Flüssen oder Seen an.

Der Höhlenbau folgt dabei strengen Regeln. Zunächst einmal suchen sich Herr und Frau Eisvogel im Steilufer eine geeignete Stelle für ihre Bruthöhle aus. Bevorzugt werden senkrechte Wände, die unbewachsen, frei von Wurzelwerk und trocken sein sollten. Damit bei einem künftigen Hochwasser die Bruthöhle nicht überschwemmt werden kann, wird beim Höhlenbau meist ein Sicherheitsabstand von rund einem Meter zur Wasseroberfläche eingehalten. Zu Beginn der Bauarbeiten setzen sich sowohl Männchen als auch Weibchen auf einen Ast in der Nähe der Steilwand und sondieren zunächst einmal die Lage. Nach einer kleinen Weile fliegt das Eisvogelmännchen dann so lange mit seinem dolchartigen Schnabel gegen die Böschung, bis es ein kleines Loch „gebohrt“ hat. Anschließend kehrt das Männchen zum Weibchen zurück und fordert es auf, ihm bei seinen Bemühungen zu helfen.


Eisvögel sind klassische Höhlenbrüter.

Tatsächlich beteiligt sich jetzt auch das Weibchen am Höhlenbau. Ist durch das ständige Herauspicken der Erde an der Steilwand eine Art Sims entstanden, auf dem die Vögel bequem stehen können, gehen die Bauarbeiten schneller voran. Jetzt wird der Eingangstunnel – durch Lospicken des Materials mit dem Schnabel und anschließendes Herausschaufeln mit den Füßen nach hinten – auf eine Länge von bis zu 100 Zentimetern verlängert. Am Ende, tief im Erdreich, wird der Tunnel dann zu einem baseballförmigen Brut- und Wohnkessel erweitert.

Erst mit der Bildung des Wohnkessels ist so viel Platz vorhanden, dass der Eisvogel mit dem Kopf zuerst die Höhle wieder verlassen kann. Größere Steine oder Wurzelwerk, die ihnen beim Tunnelbau im Weg stehen, umgehen die Eisvögel, indem sie die Erdröhre um das Hindernis herumführen. Gelingt dies nicht, wird mit dem Bau einer neuen Bruthöhle begonnen. Für die Fertigstellung der Bruthöhle benötigt das Eisvogelpärchen, je nach Härte des Untergrunds, zwischen ein bis zwei Wochen. Beim Bau ihrer Höhle sorgen die Eisvögel auch immer für hygienisch einwandfreie Wohnverhältnisse. Die Erdröhre ist nämlich so angelegt, dass sie vom Brutkessel zum Eingang hin leicht abfällt, damit die Ausscheidungen der Vögel nicht das Nest verschmutzen, sondern „abfließen“ können.

Schon während der Bauzeit der Wohnhöhle kommt es zwischen Herrn und Frau Eisvogel immer wieder zu einem äußerst interessanten Phänomen – der Balzfütterung. Bei dieser Prozedur überreicht das Männchen dem Weibchen mit einer Verbeugung einen selbst gefangenen kleinen Fisch, den dieses mit zitternden Flügeln entgegennimmt. Durch diese Balzfütterung erhält das Weibchen genügend Nahrung, um später die sechs bis sieben Eier seines Geleges produzieren zu können. Nach Ansicht von Ornithologen stärkt diese Balzfütterung zum einen die Paarbindung, dient aber wohl auch der Beurteilung des Partners. Das Weibchen sagt sich wahrscheinlich: Ein Mann der gut Fische fangen kann, hat wahrscheinlich auch gute Gene und kommt deshalb als Liebhaber, aber vor allem auch als zukünftiger Vater meiner Kinder in Frage.

Meistens leben Eisvögel streng monogam. Lediglich in Gebieten mit einer hohen Individuendichte werden einige der sonst so treuen Eisvogelmännchen zu Bigamisten, die gleichzeitig mit zwei Eisvogeldamen zusammenleben. Aber die Bigamie hat ihren Preis. Denn erstaunlicherweise brüten die beiden Weibchen, die sich den bigamen Göttergatten teilen müssen, oft in mehreren Kilometern Entfernung. Für den Bigamisten bedeutet das einen gewaltigen Mehraufwand. Er muss nicht nur statt einer gleich zwei Bruthöhlen anlegen, sondern er muss nach dem Schlüpfen der Jungen ständig zwischen den beiden Nestern hin- und herfliegen, um seinen Nachwuchs ausreichend zu füttern.

Noch eine Bemerkung zum Namen Eisvogel: Die meisten Namensforscher sind sich ziemlich sicher, dass der Name des Eisvogels nichts mit Eis und Schnee zu tun hat, sondern sich aus dem althochdeutschen „eisan“ für „schillern“ oder „glänzen“ ableitet – eigentlich eine sehr zutreffende Bezeichnung. Andere Namensforscher interpretieren den vermeintlichen „Eisvogel“ als „Eisenvogel“ und spielen auf das stahlblaue Rücken- bzw. das rostfarbene Bauchgefieder des Eisvogels an.

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