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Ein Weibchen in selbstgewählter Einzelhaft

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Eine ganz andere Strategie zum Schutz seines Nachwuchses wählt der Doppelhornvogel, ein Höhlenbrüter, der in den tropischen Regenwäldern Indiens und Südostasiens zu Hause ist. Dieser staatliche Vogel, der immerhin bis zu 130 Zentimeter lang und 3 Kilogramm schwer ist, hat ein zumindest in der Vogelwelt einmaliges Nistverhalten: Das Weibchen mauert sich zum Schutz vor Fressfeinden freiwillig in seine Bruthöhle ein.


Selbst gewählte Haft: Die Weibchen des Doppelhornvogels mauern sich selbst in ihrer Bruthöhle ein.

Zu Beginn der Brutzeit im Januar suchen sich Herr und Frau Doppelhornvogel, die zu den wenigen Vögeln gehören, die strikt monogam leben, zunächst gemeinsam im Dschungel einen Baum mit geeigneter Bruthöhle. Die sollte sich aus Sicherheitsgründen jedoch stets in großer Höhe (18 bis 25 Meter sind durchaus angemessen) befinden, um auch den Kletterkünstlern unter den Fressfeinden den Zugang zu erschweren. Nach der Befruchtung verkleinert das Weibchen zunächst von außen die Öffnung der Bruthöhle – mit einer Mixtur aus Schlamm, Futterresten und dem eigenen Kot. Sobald der Höhleneingang deutlich kleiner geworden ist, zwängt sich das Weibchen ins Innere der Höhle und setzt von dort aus seine Maurerarbeiten fort, bis nur noch ein schmaler senkrechter Spalt als Höhlenöffnung vorhanden ist. Das Verschließen der Bruthöhle ist jedoch keineswegs allein Frauensache. Das Männchen hilft bei den Maurerarbeiten von außen tüchtig mit. Das Mauerwerk wird nach dem Austrocknen so hart, dass große Fressfeinde wie Marder oder Schleichkatzen keine Chance haben, zu Mutter und Nachwuchs vorzudringen. Nesträuber, die klein bzw. schlank genug sind, um durch den Schlitz in die Bruthöhle eindringen zu können, wie etwa Ratten oder Schlangen, werden dagegen von dem eingemauerten Weibchen mit wütenden Schnabelhieben abgewehrt. Derart eingemauert ist es während der gesamten Brutzeit und auch während der Aufzucht der Jungen vollständig auf das Männchen angewiesen, dessen Aufgabe es jetzt ist, seine Partnerin und später auch seinen Nachwuchs durch den Öffnungsschlitz mit ausreichend Futter zu versorgen.

Selbst wenn das treusorgende Männchen während dieser sensiblen Periode getötet wird, ist dafür gesorgt, dass Mutter und Nachwuchs nicht elendig zu Grunde gehen. Dann übernimmt in vielen Fällen einfach ein Junggeselle den Job des Ehemanns. Ein auf den ersten Blick ziemlich unlogisches Verhalten, da der Junggeselle durch sein scheinbar selbstloses Handeln dafür sorgt, dass nicht die eigenen, sondern die Gene eines Konkurrenten weitergeben werden. Aber durch seine Hilfsaktion hat der Junggeselle gute Chancen, sich in der nächsten Brutsaison selbst mit dem „geretteten“ Weibchen zu paaren.

Der schmale Öffnungsspalt dient auch der Hygiene: Ihren eigenen und den Kot ihres Nachwuchses befördern die eingemauerten Doppelhornvogelmütter mithilfe ihres Schnabels durch diesen Spalt nach außen. Im Alter von zwei Wochen entsorgen die Doppelhornvogelküken ihren Kot dann allerdings bereits selbstständig.

Während der „Selbstinhaftierung“ verliert das Weibchen sämtliche Federn, die es jedoch zur Auspolsterung des Nests nutzen kann. Erst nach einer Zeit von etwa vier Monaten öffnet das Weibchen mithilfe seines scharfen Schnabels das Mauerwerk und verlässt die Bruthöhle. Diese wird anschließend von den Jungvögeln wieder zugemauert. Denn der Nachwuchs verbleibt auch ohne das Weibchen in der schützenden Höhle, bis er flügge geworden ist.

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