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Klettverschluss und Schnabelnadel

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Für den englischen Ornithologen Peter Goodfellow gehört das Nest der Schwanzmeise zu den „am raffiniertesten konstruierten Nestern überhaupt“. In der Tat bauen die kleinen Vögel, die ihren Namen dem langen Schwanz verdanken, der ihnen auch noch auf den Enden der dünnsten Zweige ein präzises Ausbalancieren ermöglicht, ein besonderes Nest: ein Kugelnest mit Haken und Ösen. Zum Nestbau stopfen die kleinen Vögel, die in fast ganz Europa zu Hause sind, zunächst reichlich Moos in eine Astgabel, das sie mithilfe von Spinnfäden gut im Geäst vertäuen. Moos und Spinnseide werden dabei nach dem Klettverschlussprinzip miteinander verbunden, wobei die Moosblättchen als Haken und die Spinnfäden als Öse fungieren. Diese Art der Befestigung hat den Vorteil, dass der „Klettverschluss“ von den Vögeln bei Bedarf jederzeit wieder geöffnet und neu fixiert werden kann. So kann das Nest immer wieder erneut stabil befestigt werden – zum Beispiel, wenn es später von den heranwachsenden Küken mit der Zeit weiter ausgedehnt wird.

Zum Bau ihres Nests, dessen Innendurchmesser bei rund 55 Millimetern liegt, schleppen die kleinen Vögel unglaubliche Mengen an „Baumaterial“ herbei. Ein schottischer Wissenschaftler hat einmal notiert, was eine Schwanzmeise durchschnittlich für den Nestbau benötigt: Neben etwa 3000 Flechtenflocken, 1500 Vogelfedern und bis zu 300 Moosteilchen, sind das auch noch rund 600 Eikokons von Spinnen, aus denen die kleinen Vögel die Seidenfäden ziehen können, mit denen die Nester später zusammengehalten und vertäut werden. Während Moos und Federn vor allem der Innenauspolsterung des Nests dienen, werden die Flechten, die meist vom Nistbaum selbst stammen, an der Außenseite angebracht. Dieser Kniff sorgt für eine perfekte Tarnung des Nests.

Die Beschaffung des Nistmaterials kann sich dabei oft schwierig gestalten. Während Moos, Flechten und Halme relativ gut in der näheren Umgebung zu finden sind, müssen die Vögel oft Transportstrecken von 500 Metern und mehr in Kauf nehmen, um auch ausreichend Federn herbeizuschaffen zu können. Daher wundert es nicht, dass der Nestbau, an dem bei den Schwanzmeisen beide Geschlechter beteiligt sind, bis zu 33 Tage und bei schlechter Witterung sogar noch länger dauern kann.

Im Gegensatz zur Schwanzmeise setzt der Schneidervogel in Sachen Nestbau auf seine Nähkunst. Der in Süd- und Südostasien verbreitete Vogel verdankt seinen Namen der Tatsache, dass er beim Nestbau zunächst große Blätter wie eine Tüte zusammenbindet, sie dann am Rand mit seinem spitzen Schnabel durchlöchert und anschließend mit Spinnweben oder Pflanzenfasern regelrecht zu einem Nest zusammennäht. Dazu verwendet er fast ausschließlich Blätter des zur Familie der Rosenapfelgewächse gehörigen Strauches Dillenia suffruticosa.

Zum Nestbau werden immer „lebende Blätter“ verwendet, die gegenüber „toten Blättern“ gleich zwei entscheidende Vorteile bieten: Zum einen sind die Blätter von der Substanz her deutlich stärker und widerstandsfähiger als bereits abgefallene Blätter und zum anderen sorgen sie auch dafür, dass das Nest im Blattwerk der Bäume gut getarnt ist. Als Nähnadel dient dem „schneidernden“ Vogel dabei der spitze Schnabel. Das so entstandene tüten-förmige Nest, das sich meist in etwa einem Meter Höhe befindet, muss nach der Fertigstellung nur noch der Bequemlichkeit halber mit Tierhaaren oder anderem weichen Material ausgepolstert werden. Schon besitzt der Schneidervogel ein gemütliches und auch noch wasserdichtes Nest. Es sind übrigens fast ausnahmslos die Weibchen, die sich in der hohen Kunst des Nestnähens betätigen.

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